Neue Richtlinie Leitungswasser im Restaurant?
Sie gehen in ein Restaurant oder ein Café und fragen nach einem Glas Leitungswasser. Je nachdem wo in Europa Sie gerade sind, fallen die Antworten höchst unterschiedlich aus: von blanker Selbstverständlichkeit bis zu entrüsteten Blicken. Die EU-Kommission will das ändern - als Teil ihrer neuen Trinkwasser-Richtlinie.
Im Ausland Wasser aus dem Hahn zu trinken, dagegen haben 80 Prozent aller Europäer Vorbehalte. Dabei liege das Risiko potenzieller Gesundheitsgefährdung bei gerade mal vier Prozent, rechnet die Europäische Kommission vor. Auf unter ein Prozent soll das Risiko sinken - durch neue Grenzwerte für Schadstoffe und mehr Transparenz aufseiten der Wasserversorger.
Erhoffter Nebeneffekt: weniger Plastikmüll
Mit mehr Vertrauen in Leitungswasser soll außerdem weniger Plastikmüll entstehen, sagt Kommissionsvizepräsident Frans Timmermanns:
Schätzungen gehen davon aus, dass bessere Wasserqualität den Konsum von abgefülltem Wasser um 17 Prozent senken kann. Das reduziert die Menge von Plastikflaschen, die wir austrinken und anschließend wegwerfen. Ich denke, das ist ein guter Vorschlag für unsere Umwelt, für die Gesundheit unserer Bürger und für ihr Portemonnaie.
Neue Regeln sind (nur) Empfehlungen
Die Kommission lobt die neuen Trinkwasser-Regeln außerdem als Sternstunde europäischer Bürgerbeteiligung: 1,7 Millionen Menschen zwischen Irland und Zypern hatten bei der Europäischen Bürgerinitiative "Wasser ist Menschenrecht" unterschrieben, für eine strengere Regulierung der Wasserwirtschaft in Europa. Auch die Vereinten Nationen und das Europäische Parlament hatten die Kommission aufgefordert, sicheren Zugang zu sauberem Wasser als Menschenrecht festzuschreiben.
Hinter dieser Forderung bleibe die neue Richtlinie weit zurück, kritisieren eben jene Initiativen und Gewerkschaften heute. Denn die neuen Regeln haben vor allem empfehlenden Charakter.
Zwar müssen die Mitgliedsstaaten die Kommission künftig über ihre Bemühungen informieren, Strafen bei Verstößen drohen aber keine, muss auch Umweltkommissar Karmenu Vella zugeben.
Verbraucher sollten Vertrauen haben, guten Gewissens umzusteigen, von Flaschen auf Leitungswasser. Schon heute ist in vielen Mitgliedsstaaten das Wasser aus dem Hahn bisweilen besser als aus der Flasche. Ich sehe keinen Grund, warum diese Standards nicht überall erreicht werden können. Genau das streben wir an.
Leitungswasser kostenlos
Ein wichtiger Teil des Plans: Restaurants und Kantinen sollen Leitungswasser kostenlos anbieten. Aber auch dazu solle aus Brüssel keine verbindliche Vorschrift kommen, das bleibe Sache der Mitgliedsstaaten, sagt Vizepräsident Timmermanns:
Wir sollten dabei bleiben, Restaurants und Kantinen zu empfehlen und zu ermutigen, gratis Wasser anzubieten. Als nette Geste, wir zwingen sie nicht dazu. Aber es wird für die Kunden sicher eine Rolle spielen, bei ihrer Entscheidung, wo sie ihr Bier oder ihr Wasser zu sich nehmen.
Gerade weil die Richtlinie kaum verbindlichen Charakter hat, stehen ihre Chancen gut, im Parlament und im Europäischen Rat angenommen zu werden. Die Entscheidung, ob daraus anschließend verbindliche Gesetze werden, liegt bei den Mitgliedsstaaten selbst.