Streit mit Israel Um welche Organisationen geht es?
Sie kritisieren offen die israelische Siedlungspolitik und ecken damit an: die NGOs "Breaking the Silence" und "B'Tselem". Was machen die Organisationen und warum hat Netanyahu damit ein Problem?
Das Treffen von Außenminister Sigmar Gabriel mit vier israelischen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) sorgt für Verstimmungen im deutsch-israelischen Verhältnis. Die Regierung Netanyahu sieht besonders "Breaking the silence" und "B'Tselem" kritisch. Am stärksten bekommt das "Breaking the Silcence" zu spüren.
"Breaking the Silence" wurde von Veteranen der israelischen Streitkräfte gegründet und verfolgt ein klares politisches Ziel: Die Organisation setzt sich für einen vollständigen Rückzug von Israels Armee aus den besetzten Gebieten ein.
Gegen die Armee erhebt die NGO schwere Vorwürfe: Fälle von "Misshandlung an Palästinensern, Plünderung und Zerstörung von fremdem Eigentum" gehörten seit Jahren zum Alltag der Soldaten. Doch die Gesellschaft schweige darüber. Deswegen hat die Organisation es sich zur Aufgabe gemacht, Aussagen von israelischen Soldaten über Zwischenfälle auf palästinensischem Gebiet zu sammeln. "Breaking the Silence" hat nach eigenen Angaben Interviews mit mehr als 1000 Soldaten geführt und im Internet teilweise anonym veröffentlicht.
Auch aus dem Ausland finanziert
In ihrem jüngsten Bericht wirft diese NGO der Armee vor, jüdische Siedler hätten Einfluss auf die Befehle für den Einsatz von Soldaten. Die Siedler hätten die Armee im Westjordanland in ein Werkzeug ihrer politischen Interessen verwandelt.
Kritiker fordern, die Organisation solle ihre Interviews nicht anonym veröffentlichen und die gesammelten Informationen an die israelischen Streitkräfte für Untersuchungen weiterleiten. Außerdem stellen sie ihre Glaubwürdigkeit in Frage: In einer TV-Dokumentation, über die "The Times of Israel" berichtet, wird der NGO angelastet, teilweise falsche Aussagen von Soldaten zu verbreiten.
"Breaking the Silence" argumentiert, die Organisation wolle nicht einzelne an den Pranger stellen, sondern eine gesellschaftliche Diskussion über die israelische Besatzungspolitik anregen. Die Identität der Soldaten werde vor der Aussage geprüft, Inhalte würden dem israelischen Militärzensor vor Veröffentlichung vorgelegt.
Finanziert wird "Breaking the Silence" nach eigenen Angaben unter anderem durch Gelder von Privatleuten sowie von privaten und staatlich geförderten Stiftungen, von denen zahlreiche im Ausland ansässig sind. Im Finanzreport von 2014 werden unter anderem die Europäische Union, die Botschaft Norwegens und Misereor als Spender aufgeführt.
Bevölkerung wütend auf Menschenrechtler
Die zweite Organisation "B'Tselem" hatte mit Videoaufnahmen aus der Stadt Hebron zuletzt für Schlagzeilen gesorgt: Im März 2016 filmte ein Mitarbeiter dort wie der Soldat Elor Azaria einen bereits am Boden liegenden palästinensischen Angreifer erschießt. Azaria wurde angeklagt und verurteilt. Doch die Wut eines großen Teils der israelischen Bevölkerung richtet sich gegen die Menschenrechtler - die brächten Soldaten mit ihrer Arbeit in Gefahr.
Wissenschaftler wie Modechai Kremnitzer vom Israelischen Demokratie Institut in Jerusalem halten das Vorgehen der Regierung Netanyahu für falsch: "Die Straftat, die diese Menschen begehen, sei es, die Wahrheit zu sagen", kritisiert Kremnitzer.
NGO bekämpft Siedlungsbau
Auch die NGO "Peace now" steht inhaltlich auf einer anderen Linie als die israelische Regierung: Die Mitglieder sind davon überzeugt, dass eine friedliche Lösung für den Nahost-Konflikt zwei Staaten bedeuten muss: Israel und Palästina. "Peace Now" bekämpft nach eigenen Angaben den Siedlungsbau.
Die letzte der vier mit Gabriel verabredeten NGOs ist die "Geneva Initiative". Sie wurde von israelischen und palästinensischen Politikern und Intellektuellen gegründet, die im Dezember 2003 in Genf symbolisch ein Friedensabkommen unterzeichneten. Sie wirbt für direkte Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern, um eine Zwei-Staaten-Lösung zu erreichen.