
Amtseinführung von Papst Leo XIV. Was ein amerikanischer Papst erreichen kann
Am Sonntag wird Papst Leo XVI. ins Amt eingeführt - und hat direkt schwierige Aufgaben vor sich. Eine davon: Die Kirche in den USA - seinem Heimatland - zu einen. Dort sind die Katholiken - ähnlich wie die gesamte Gesellschaft - tief gespalten.
Wer verstehen will, aus welcher Welt dieser Papst kommt, muss sich die ersten Interviews mit seinem Bruder aus Chicago anschauen. Eine Vorort-Siedlung, viele Einfamilienhäuser, grüner Rasen - der Traum der amerikanischen Mittelklasse. Und ein Mann, der aus dem Staunen nicht mehr herauskommt, dass ausgerechnet sein Bruder Bob, ein US-Amerikaner, Papst geworden ist.
"Ich ging davon aus, dass es nie einen amerikanischen Papst geben wird, denn die Politik hat schon genug Macht in der Welt. Damit hatte ich nicht gerechnet", sagt Leos Bruder.
Kirche tief gespalten
Vom verstorbenen Kardinal George aus Chicago stammt die in diesen Tagen oft zitierte Prognose: Erst wenn die USA politisch an Einfluss verlieren, wird es einen amerikanischen Papst geben. Ist das nun der Fall? Massimo Faggioli, italienischer Theologe, an der Villanova Universität in Philadelphia sieht Papst Leo vor allem als Korrektiv zum unberechenbaren US-Präsidenten Trump: "Sicher ist, dass die Trump-Regierung nach der Wahl von Leo weiß, dass sie den Katholizismus nicht mehr so manipulieren kann wie zuvor - im Sinne einer stärkeren Amerikanisierung nach dem Vorbild von Donald Trump. Da ist Vorsicht geboten", so Faggioli.
Die katholische Kirche in den USA ist ähnlich gespalten wie die Gesellschaft. Viele Bischöfe stehen auf der Seite Trumps. Vize-Präsident J.D. Vance ist zum Katholizismus konvertiert und interpretiert die christliche Botschaft auf seine eigene Weise: "Vance und diese Katholiken finden darin eine bestimmte Art von Antworten auf die Zivilisationskrise, die in nationalistischer Weise formuliert sind - also gegen Immigration, gegen Globalisierung und gegen Kosmopolitismus", sagt Theologe Faggioli.
Auf Konfrontationskurs mit Trump
Social-Media-Posts von Kardinal Robert Francis Prevost legen nahe, dass er diese Interpretation des Christentums nicht teilt. Und auch als Papst hat er gleich deutlich gemacht, dass er seine Kirche an der Seite der Schwachen sieht. "Gerade weil ich mich dazu berufen fühlte, diesen Weg weiterzugehen, habe ich den Namen Leo XIV. angenommen, vor allem, weil Papst Leo XIII. mit seiner historischen Enzyklika Rerum novarum die soziale Frage im Kontext der ersten großen industriellen Revolution behandelte", so der Papst.
Und in der Kirche? Auch hier gab es im US-Katholizismus eine starke konservative Opposition gegen Papst Franziskus, auf der anderen Seite Kräfte, die sich mehr Reformen in der Kirche wünschen: "Von beiden Seiten kam erstmal positive Rückmeldungen. Das hat mir ganz viel Hoffnung und Freude gemacht, dass tatsächlich Papst Leo in der Lage sein könnte, die Gesellschaft und auch die Kirche etwas zusammenzuführen", sagt Pater Mauritius Wilde, der als Benediktiner Prior ein Kloster in Nebraska, im Mittleren Westen geleitet hat.
Reformkurs wird wohl fortgesetzt
Papst Leo, der den Großteil seines Lebens außerhalb der Vereinigten Staaten verbracht hat - in Italien und Peru - kennt aufgrund seiner Herkunft die Reformdiskussion in der Kirche: Können Frauen Priesterinnen werden? Wie ist die Macht in der katholischen Kirche verteilt? Stichwort: Synodalität, Kirche gemeinsam gestalten.
Gleich nach seiner Wahl hat er deutlich gemacht, dass er den synodalen Weg von Franziskus fortsetzen will. "Ich glaube, dass Papst Leo nicht nur zuhören wird, nicht nur einbeziehen wird, sondern am Schluss auch entscheiden wird. Die Amerikaner, für die zählen Resultate. Die wollen Dinge sehen, die sind sehr pragmatisch. Und das, finde ich, wird der Kirche guttun", ist sich Pater Wilde sicher.