
Verstärkte Grenzkontrollen Nur leise Kritik aus Österreich
In Deutschland haben die schärferen Kontrollen an den Grenzen begonnen. Aus der Opposition und teilweise aus dem Ausland gibt es Kritik. Österreichs Regierung gibt sich hingegen betont gelassen.
Jetzt also auch in Deutschland: "Aktion scharf" an den Grenzen. "Aktion scharf", so nennen sie das in Österreich, wenn die Polizeipräsenz erhöht wird und Kontrollen verschärft werden - wenn demonstriert werden soll.
Die wiederholte Ankündigung, Deutschland werde an den Grenzen zunehmend Asylsuchende zurückweisen und damit irreguläre Migration möglichst stoppen, löste regelmäßig lautstark Empörung aus. Schon im österreichischen Wahlkampf, letzten Herbst, als die konservative ÖVP den Druck der in Teilen rechtsextremen FPÖ spürte - aber auch danach.
Dafür klingt die Reaktion der österreichischen Regierung jetzt, nachdem der neue deutsche Innenminister Alexander Dobrindt von der CSU die deutsche Bundespolizei entsprechend angewiesen hat, sehr gelassen und demonstrativ unaufgeregt. Sogar Österreichs neue Außenministerin Beate Meinl-Reisinger von den liberalen Neos formuliert sehr verständnisvoll: "Wir verstehen die Sorge, finden's auch gut, wenn Deutschland hier sozusagen einen neuen Weg beschreitet, auch mit uns gemeinsam gegen illegale Migration vorzugehen. Aber natürlich können wir das nur am Boden europäischen Rechts machen."
Die Botschaft der obersten österreichischen Diplomatin ist: Österreich findet im Prinzip gut, was Deutschland macht. Das ist der Kurs, den Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker von der ÖVP vorgegeben hat. Ein Kurs, den der konservative Volkspartei-Mann schon vorab mit dem CDU-Mann Friedrich Merz abgesprochen hat.
Stocker und Merz - auch Parteifreunde
Die beiden sind sich nicht nur als Regierungschefs zweier Nachbarländer freundschaftlich verbunden, wie uns Stocker versichert. Sie sind praktisch auch Parteifreunde - innerhalb der EVP, der Europäischen Volkspartei - und haben kürzlich beim EVP-Kongress in Valencia im Vier-Augen-Gespräch lange miteinander beraten. Dabei ging es sicher auch um die künftige Asylpolitik in Europa.
Denn beide haben in ihren Ländern Wahlversprechen abgegeben. "Kampf gegen illegale Migration" stand da ganz oben. Also, sagt Österreichs Bundeskanzler Stocker auf die Frage des ARD-Studios Wien, empfinde man das, was Deutschlands Regierung jetzt mache, nicht als "unfreundlichen Akt". Deutschland mache doch nur dasselbe, was Österreich schon lange mache: die Grenzen besser schützen.
Deutschland als Verbündeter
Dahinter steht die erklärte Absicht, auch auf europäischer Ebene gemeinsam an schärferen Regeln zu arbeiten. "Wir glauben, dass wir mit Deutschland da einen Verbündeten haben", sagt Österreichs Bundeskanzler der ARD - auch wenn es um die Frage gehe, was europarechtskonform sei. Da gibt es auch in Österreich Zweifel, ob alles Angekündigte Bestand haben kann.
Walter Obwexer, Europarechtsexperte an der Universität Innsbruck, übersetzt die Weisung des deutschen Innenministers im österreichischen Sender ORF mit: "Asylstopp": "Wenn die Weisung zur Grenze befolgt wird, dann ist das ein Asylstopp an den deutschen Grenzen, weil nämlich Drittstaatsangehörige, die nach Deutschland möchten, um dort Schutz zu erhalten, diese Möglichkeit nicht mehr bekommen, wenn sie an den Grenzen zurückgewiesen werden."
Deutsche Kontrollen sind nichts Neues
Es wird darauf ankommen, wie die Praxis sein wird. Schwangere, Kinder und Menschen aus "vulnerablen Gruppen", also besonders Schutzbedürftige, wären nicht gemeint, sagt Deutschlands Innenminister Dobrindt.
Deutsche Kontrollen bei Einreisenden aus Österreich sind übrigens nichts Neues, es gibt sie schon seit zehn Jahren - auch wenn die deutsch-österreichische Grenze eigentlich eine kontrollfreie Schengen-Binnengrenze ist.
Wen könnte es also treffen? 13.481 unerlaubte Grenzübertritte von Österreich nach Deutschland wurden im letzten Jahr gezählt, deutlich weniger als im Jahr davor. Tendenz: fallend. Deshalb sei das Ganze ein eher "theoretisches Problem", sagte Österreichs ÖVP-Innenminister Gerhard Karner vor kurzem, beim letzten Arbeitstreffen noch mit Dobrindts sozialdemokratischer Vorgängerin Nancy Faeser - obwohl auch Karner bekannt ist für zahlreiche "Aktionen scharf".