Nach Präsidentschaftswahl in Frankreich Premier Castex tritt wie erwartet zurück
Frankreichs Premier Castex tritt nach der Wiederwahl von Präsident Macron von seinem Amt zurück. Der Schritt ist in Frankreich nach einer Präsidentschaftswahl üblich. Nachfolgerin wird die bisherige Arbeitsministerin Elisabeth Borne.
Frankreichs Premierminister Jean Castex hat wie erwartet seinen Rücktritt eingereicht. Das teilte der Élyséepalast mit. Der Schritt gilt in Frankreich als Formalie nach einer Präsidentschaftswahl. Er kommt aber gut drei Wochen nach der Abstimmung überraschend spät. Präsident Emmanuel Macron nahm den Rücktritt der Mitteilung zufolge an. Zur Nachfolgerin bestimmte Macron die bisherige Arbeitsministerin Elisabeth Borne.
Castex war vor zwei Jahren zum Premier ernannt worden - für viele eine Überraschung. Er war damals als langjähriger Bürgermeister eines kleinen Pyrenäendorfes und ehemaliger Mitarbeiter von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy kaum jemandem in Frankreich ein Begriff. Castex sollte das Land im Sinne Macrons aus der Pandemie führen, ohne den Präsidenten dabei an Beliebtheit zu überflügeln.
Verspottet, aber auch beliebt
Viele Menschen im Land bezeichnen den scheidenden Premier auch nach zwei Jahren im Amt als wenig charismatisch. Er ist ein beliebtes Objekt für mehr oder weniger charmanten Spott der Medien - Angriffsfläche bietet Castex genügend: Sei es sein harter südfranzösischer Akzent, den er nicht zu verbergen versucht oder seine glühende Leidenschaft für Eisenbahnen, die ihm den Spitznamen "Schaffner des Grauens" einbrachte.
Beherrscht wurde seine Amtszeit von der Corona-Pandemie. Er musste die Menschen im Land unter anderem in den Lockdown schicken und ihnen andere massive Einschränkungen ihres Alltags zumuten. Trotzdem blieben seine Beliebtheitswerte fast konstant gut. Auch weil Castex viel im Land unterwegs war.
Loyal gegenüber dem Präsidenten verwaltete er das Land in den beiden Jahren geschickt - genau dafür hatte Macron den Technokraten aus dem gemäßigt konservativen Lager auch eingestellt. Einen eigenen Stempel konnte der Premier der französischen Politik in dieser Zeit aber nicht aufdrücken.
Borne erst zweite Frau in diesem Amt
Gemeinsam mit Castex hat nun die gesamte Regierung ihren Rücktritt eingereicht. Damit kann der wiedergewählte Präsident ein neues Kabinett zusammenstellen.
Mit Elisabeth Borne wird erst zum zweiten Mal in der Geschichte der Republik eine Frau Premierministerin. Borne soll noch heute Abend offiziell ins Amt eingeführt werden. Die erste Regierungschefin war Edith Cresson, die 1991 für ein knappes Jahr ins Amt kam.
Macron hatte kurz nach seiner Wiederwahl am 24. April eine Regierungsumbildung in Aussicht gestellt. Er ist dazu nicht verpflichtet, hatte aber mit Blick auf die im Juni anstehenden Parlamentswahlen einen politischen Neuanfang vermitteln wollen.