Deutschlands Außenminister Johann Wadephul und die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas

Krieg gegen die Ukraine EU-Außenminister unterstützen Sondertribunal

Stand: 09.05.2025 17:28 Uhr

Die Ukraine und die EU wollen wegen Russlands Angriffskrieg ein Sondertribunal einrichten. Das Richtergremium soll Verantwortliche aus dem Kreml und dem russischen Militär zur Rechenschaft ziehen - und international eine Rechtslücke schließen.

Die Außenminister europäischer Staaten und der Ukraine wollen ein Sondertribunal zur Anklage russischer Führungspersönlichkeiten wegen des Angriffs gegen die Ukraine einrichten. Minister aus fast 20 europäischen Staaten, darunter auch der neue deutsche Außenminister Johann Wadephul, kamen heute in der westukrainischen Stadt Lwiw zusammen, um eine Erklärung zur Einrichtung dieses Gerichtes unter der Führung des Europarates zu unterzeichnen.

Abgesegnet wurde die sogenannte Erklärung von Lwiw von mindestens 37 Außenministern. In Moskau fand ebenfalls heute auf dem Roten Platz die traditionelle Militärparade zum 80. Jahrestag des Siegs über Nazi-Deutschland statt, an der der russische Präsident Wladimir Putin teilnahm.

Russland wollte auf die Pläne für ein Sondertribunal jedoch nicht eingehen. "Wir reagieren darauf nicht", zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Tass Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Kallas: Hauptverantwortliche zur Rechenschaft ziehen

"Dieses Tribunal wird sicherstellen, dass die Hauptverantwortlichen für die Aggression gegen die Ukraine zur Rechenschaft gezogen werden", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas vo Reportern.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, es sei eine moralische Pflicht für Europa, Russland für den Krieg zur Rechenschaft zu ziehen. "Ein starkes Tribunal für das Verbrechen der Aggression kann - und muss - jeden potenziellen Aggressor zum Nachdenken bringen", sagte er in einer Videoansprache auf dem Treffen.

Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha sagte bei dem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Lwiw, er hoffe darauf, dass Kreml-Chef Wladimir Putin und andere russische Regierungsmitglieder vor Gericht gebracht werden. 

Tribunal könnte nächstes Jahr die Arbeit aufnehmen

Das Tribunal soll vom Europarat eingerichtet werden, der nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor allem zum Schutz der Menschenrechte gegründet wurde. "Das Sondertribunal könnte seine Arbeit nächstes Jahr aufnehmen", sagte Iryna Mudra, Beraterin des ukrainischen Präsidenten.

Dieses Jahr würden die rechtlichen Formalitäten abgeschlossen werden und der Europarat beginne mit der Einrichtung, wie etwa mit der Einstellung von Richtern, einem Sekretariat, Staatsanwälten und der Einführung von Regeln und Verfahren. Sie sagte, das Sondertribunal werde nur gegen hochgestellte Personen ermitteln. "Es handelt sich um etwa 20 Personen, die die Führung eines Angriffskrieges gegen die Ukraine geplant, vorbereitet und geleitet haben."

Internationaler Strafgerichtshof kann nicht tätig werden

Für die Ahndung von Kriegsverbrechen im Ukraine-Krieg ist der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zuständig. Der IStGH hatte im März 2023 wegen des Vorwurfs der Zwangsdeportation ukrainischer Kinder im Zuge der russischen Offensive einen Haftbefehl gegen Putin ausgestellt. Der IStGH kann jedoch nicht gegen Moskau wegen des "Verbrechens der Aggression", also die Entscheidung zum Angriff auf die Ukraine, vorgehen.

Das Sondertribunal soll diese Rechtslücke nun schließen und Verantwortliche aus dem Kreml sowie dem russischen Militär vor Gericht bringen. Ein Prozess gegen Putin wäre aber erst nach dem Ende seiner Präsidentschaft möglich, da amtierende Staatschefs, Ministerpräsidenten und Außenminister Immunität genießen. 

EU sagt weitere Militärhilfen in Milliardenhöhe zu

Die vereinbarte Einrichtung des Sondertribunals sei eine "gute Nachricht", erklärte Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD). "Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine ist ein brutales, völkerrechtswidriges Verbrechen, wie es in der jüngeren europäischen Geschichte kein zweites gegeben hat." Das neue Tribunal sende das Signal aus, dass es auch für das Verbrechen der Aggression keine Straflosigkeit gebe. 

Die EU sagte ukrainischen Rüstungsunternehmen am Freitag außerdem eine Milliarde Euro aus den Erlösen eingefrorener russischer Vermögenswerte zu, um das Land im Krieg gegen Moskau weiter zu unterstützen. Die Mittel würden "die ukrainischen Verteidigungsfirmen direkt unterstützen und zusätzliche Militärhilfe in den kommenden Monaten sichern, die von entscheidender Bedeutung ist", betonte Kallas.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 09. Mai 2025 um 16:05 Uhr.