EU-Afrika-Gipfel in Lissabon Unmut über Merkels Kritik an Mugabe
Bundeskanzlerin Merkel hatte kein Blatt vor den Mund genommen bei ihrer Eröffnungsrede beim EU-Afrika-Gipfel in Lissabon: Sie kritisierte Simbabwes Präsident Mugabe scharf für seinen Umgang mit den Menschenrechten. Nicht nur Mugabe zeigte sich erbost. Auch andere afrikanische Staatsführer äußerten Kritik. Senegals Präsident Wade warf Merkel vor, sie habe keine genauen Informationen über die Menschenrechtslage in Simbabwe. Südafrikas Präsident Mbeki kritisierte Merkel ähnlich: Sie habe realitätsferne Ansichten über die Situation in Simbabwe.
Von Anja Günther, NDR, ARD-Hauptstadtstudio Berlin, zurzeit Lissabon
Ganz genau wissen nur die anwesenden europäischen und afrikanischen Staats- und Regierungschefs, was sich hinter den verschlossenen Türen tat. Aber als Bundeskanzlerin Angela Merkel über Menschenrechte und über jene Politiker sprach, die Menschenrechte mit Füßen treten, kam es fast zum Eklat, wie es aus Kreisen der portugiesischen Delegation hieß.
Schlechte Regierungsführung
Merkel nannte als Beispiele für schlechte Regierungsführung Weißrussland, Birma, den Sudan und Simbabwe. Da soll sich Simbabwes Präsident Robert Mugabe aufgeregt und versucht haben, auf die Kanzlerin zu antworten. Er bekam aber kein Rederecht. Merkel selbst sagte zu den Reaktionen auf ihre Rede, Mugabe habe zugehört.
Der jetzige Zustand Simbabwes schade dem Bild des neuen Afrikas, erklärte Merkel. Das neue Afrika zu stärken, sei aber die Botschaft des Gipfels. Denn viele Probleme könne man nur gemeinsam lösen. Die Menschenrechte stehen im Zentrum der neuen EU-Afrika-Strategie. Eine gute Regierungsführung, erklärte Kanzlerin Merkel, sei die Grundlage dafür, dass die Hilfe bei den Menschen in Afrika auch ankomme.
Demonstration gegen Mugabe
Während Merkel sprach, versammelten sich nahe dem Tagungsgebäude zahlreiche Demonstranten, um gegen Mugabe zu protestieren. "Wir sind hier, weil wir dafür sorgen wollen, dass Mugabe nicht hierherkommt und glaubt, er wird als Held verehrt", sagten sie. "Er ist ein Diktator und unterdrückt die Menschen in Simbabwe."
Der amtierende EU-Ratsvorsitzende, Portugals Ministerpräsident Jose Sokrates, ging in seiner Gipfel-Eröffnungsrede auf die anderen Herausforderungen ein, denen sich die Nachbarkontinente gemeinsam stellen wollen: Sicherheit und Frieden, Klima, Entwicklung, Handel und Migration. "Wir können uns gegenüber dem Drama der Flüchtlinge nicht gleichgültig zeigen", sagte Sokrates.
Die Europäische Union will etwa bei der Gesundheitsvorsorge und beim Kampf gegen Armut und Dürre helfen. Vor allem aber wollen die Europäer ein Partner für Afrika sein und dabei nicht mit erhobenem Zeigefinger dastehen und sagen, was alles besser sein könnte.
"Kolonialpakt endgültig beenden"
Es gehe um einen Dialog auf Augenhöhe, erklärte der Kommissions-Präsident der Afrikanischen Union, Oumar Konaré. Kern der neuen Partnerschaft sei für ihn die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Afrika dürfe für Europa nicht nur Rohstofflieferant sein. "Meine lieben Nachbarn: Es ist Zeit für Afrika, den Kolonialpakt definitiv zu beerdigen."
Die neue EU-Afrika-Strategie soll morgen verabschiedet werden. Es soll dann auch um zusätzliche Finanzhilfen der Europäer gehen. Die Rede ist von einem 1,2 Milliarden-Euro-Fonds für 2008.