EU-Reform in weite Ferne gerückt Machtkampf um den Datenschutz

Stand: 06.12.2013 17:14 Uhr

Eine EU-Reform zum Datenschutz wollen viele. Doch um die Details ringen Europaparlament und Ministerrat seit langem. Das Treffen der EU-Justizminister schmälerte die Hoffnung auf eine Einigung vor der Europawahl 2014. Denn der Streit dreht sich auch um Macht.

Von Christian Feld, ARD Berlin

Im Grunde klingt dieses Vorhaben der EU-Kommission durchaus vielversprechend: eine Datenschutz-Reform mit EU-weit einheitlichen Spielregeln, die sowohl Unternehmen von bürokratischen Hürden befreit als auch die Rechte der Bürger besser schützt. Gesetze "mit Biss" wünscht sich EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die das Paket im Januar 2012 auf den Weg gebracht hat.

Weit von einer Einigung entfernt

Doch die Datenschutz-Reform steckt in der Brüsseler Gesetzgebungsmaschine fest. Die 28 Mitgliedsstaaten sind weit von einer gemeinsamen Position entfernt. Das hat das heutige Treffen der EU-Justizminister noch einmal eindrücklich gezeigt.

Der Grüne Jan Philipp Albrecht, der als Berichterstatter die Position des EU-Parlamentes ausgehandelt hat, sagte tagesschau.de: "Es ist enttäuschend, dass das Europäische Parlament noch immer keinen Verhandlungspartner für einen starken EU-Datenschutz hat. Damit wird eine Verabschiedung vor der Europawahl immer unwahrscheinlicher." Ähnlich hatte sich vor der Sitzung schon Ole Schröder geäußert, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium. "Das wird, glaube ich, sehr, sehr schwierig", sagte er.

Tausende Änderungsanträge

An der Datenschutz-Reform zeigt sich exemplarisch, wie lang und mühsam in der Europäischen Union der Weg zu einem Gesetz sein kann. Im Oktober hatte sich das EU-Parlament nach mehrfacher Verschiebung auf einen Kompromiss geeinigt. Tausende Änderungsanträge wollten berücksichtigt werden.

Parallel dazu arbeiten seit fast zwei Jahren die 28 Mitgliedsstaaten an ihrer Position und kommen so gut wie gar nicht voran. "Leider stecken wir gleich in mehreren Punkten fest", heißt es aus den Verhandlungen. Warum? Dazu gibt es im Brüsseler Europaviertel zwei ganz unterschiedliche Sichtweisen zu hören.

"Verfrühter Winterschlaf"

Der Grünen-Abgeordnete Albrecht wirft dem Ministerrat - vor allem der Bundesregierung - vor, bewusst auf die Bremse zu treten. EU-Kommissarin Reding vermisst den nötigen politischen Willen und sieht "einen verfrühten tiefen Winterschlaf".

Ganz anders klingt das bei den Vertretern der Mitgliedsstaaten. Man brauche Zeit, um handwerklich saubere Gesetze auszuhandeln. "Qualitätssicherung" nannte das der deutsche Staatssekretär in der heutigen Sitzung. Das Paket ist als sogenannte Verordnung geplant. Das bedeutet: Die EU-Gesetze werden unmittelbar nationales Recht und ersetzen bisherige Regelungen. Und so ist immer wieder zu hören: "Im Grunde wollen wir die Reform - aber die Details!"

Welche Behörde soll wieviel Macht haben?

Ein Beispiel: In Zukunft sollen Unternehmen nur eine einzige Datenschutz-Behörde in der EU als Ansprechpartner haben, was Verwaltungskosten einsparen würde. Andererseits sollen EU-Bürger die Chance haben, sich in ihrer Heimat und ihrer Sprache über ein Unternehmen in einem anderen Land zu beschweren.

Und hier beginnen die Probleme: Welche Datenschutz-Behörde hat welche Macht? Wie genau kommt eine Entscheidung zustande? Irland beispielsweise, wo unter anderem Facebook seinen Europasitz hat, zeigt wenig Interesse, Einfluss an andere EU-Mitglieder abzugeben. Die 28 Minister sehen weiteren juristischen Klärungsbedarf. Und das ist nur ein Streitpunkt von vielen.

"Enttäuschender Tag für den Datenschutz"

Was bedeutet das für die Datenschutz-Reform? Ein "enttäuschender Tag für den Datenschutz" sei das gewesen, sagte EU-Kommissarin Reding nach der Sitzung. "Wir bewegen uns rückwärts!" Und dennoch sei eine Einigung vor der Europawahl möglich. Sie setzt ihre Hoffnung jetzt auf Griechenland, das ab Januar die EU-Präsidentschaft übernimmt. Doch das Lager der Optimisten ist klein. Es ist momentan schwer vorstellbar, dass die zähen Verhandlungen in den kommenden Monaten plötzlich so Fahrt aufnehmen, dass eine Einigung bis Mai gelingt. Und dann? Nach der Wahl ändert sich die Zusammensetzung des Parlamentes und der EU-Kommission. Das könnte eine Einigung bei der Datenschutz-Reform in sehr weite Ferne schieben.