Vorschlag aus Deutschland und Italien Auffanglager für Flüchtlinge in Afrika?

Stand: 12.03.2015 17:52 Uhr

Innenminister de Maizière und sein italienienischer Amtskollege Alfano werben in der EU für Auffanglager in Nordafrika. Dort soll bereits entschieden werden, ob Flüchtlinge legal nach Europa dürfen. Flüchtlingsorganisationen und Grüne sind empört.

Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel

Mit erschreckender Verlässlichkeit drängt das Thema Flüchtlinge immer wieder auf die Tagesordnung der EU - angesichts stetig wachsender Zahlen und immer neuer Tragödien im Mittelmeer. Der italienische Innenminister, Angelino Alfano, schlägt deshalb vor, "auf afrikanischem Gebiet Lager zu errichten, auf der anderen Seite des Mittelmeers. Damit die Menschen dort Asylanträge stellen. Wer abgelehnt wird, bleibt dann dort. Alle anderen müssen dann unter den EU-Ländern gerecht aufgeteilt werden."

Menschenrechtliche Bedingungen untersuchen

In dieser Frage ist er sich einig mit seinem deutschen Amtskollegen, Thomas de Maizière. Auch wenn beide noch ausdiskutieren müssen, wer die Idee eigentlich zuerst hatte. Denn auch der deutsche Innenminister spricht davon, dass er die Auffangzentren vorgeschlagen habe: "Das braucht Zeit. Man muss die menschenrechtlichen Bedingungen dort sehr genau untersuchen. Es sollte nicht von uns oder einem Land betrieben werden, wo diese Zentren sind - sondern vom UNO-Flüchtlingskommissar. Wir werden jetzt vielleicht mal ein Pilotprojekt entwickeln - und dann die Diskussion sehr sorgsam, aber entschlossen weiter führen."

De Maizière äußert sich vorsichtig, denn er weiß genau, sein Justizminister-Kollege von der SPD hat gegen die Pläne Bedenken, andere EU-Staaten allerdings auch.  Seine österreichische Amtskollegin, Johanna Mikl-Leitner, hingegen springt de Maizière zur Seite: "Zum einen können wir hier ganz klar unterscheiden zwischen jenen, die Hilfe und Unterstützung brauchen. Zum anderen können wir dadurch den Schleppern den Nährboden entziehen für ihre Geschäftemacherei."

Kritik und Befürchtungen von Flüchtlingsorganisationen

Flüchtlingsorganisationen hingegen sind entsetzt: Sie sehen in dem Vorschlag den Versuch, Flüchtlinge von den Toren Europas fernzuhalten. Und die Grüne EU-Parlamentarierin, Ska Keller, nennt die Vorschläge eine 'neue Spielart der Festung Europa'. Ernsthaft auf ein menschenwürdiges Verfahren könnten die Flüchtlinge in solchen Auffangzentren nämlich nicht hoffen: "Wenn die Europäische Union und die Deutschen es ernst meinen würden mit ihrem Kampf gegen Schlepper, dann müssten sie - erst recht jetzt - legale und sichere Zugangsmöglichkeiten ermöglichen. Und nicht Flüchtlinge in solchen 'Un-Willkommens-Zentren' außerhalb der EU abschieben."

Das Thema bleibt vorerst auf der Tagesordnung der EU. Bis Mitte Mai will die Kommission nun ihre Strategie zum Thema Migration vorlegen. Ob die allerdings einen Ausweg weist aus dem Grund-Dilemma der EU, ist fraglich: Man könne nicht jeden Flüchtling vor dem Ertrinken retten, meinen nämlich die einen, sonst kämen noch mehr. Kalt und Menschenverachtend sei das, finden die anderen. Wer vor Krieg und Folter fliehe, fürchte auch die Fluten des Mittelmeers nicht. Der deutsche Innenminister gesteht ein: "Es muss zu Maßnahmen kommen. Wir werden mit keiner Maßnahme das internationale Flüchtlingsproblem irgendwie lösen. Aber eindämmen müssen wir es."

Aussagen eines "nicht zuständigen" Ministers aus Athen

Der rechtsnationale griechische Verteidigungsminister hatte das Flüchtlingsproblem für politische Zwecke zu missbrauchen versucht. Panos Kammenos drohte der Bundesregierung, illegale Einwanderer könnten in seinem Land mit Pässen ausgestattet und nach Berlin weitergeschickt werden, wenn die Griechen nicht ausreichend unterstützt würden. De Maizière bemerkte dazu: "Das war eine Äußerung des nicht zuständigen Ministers." Kammenos ist nämlich als Verteidigungsminister für Flüchtlinge gar nicht zuständig.

Genauso wenig übrigens wie für das Thema Finanzen: Vor einem Monat hatte Kammenos schon mal gedroht, Athen könne sich auch außerhalb der EU nach Geldgebern umsehen. Und hatte dabei auch Russland ins Spiel gebracht.

Kai Küstner, K. Küstner, ARD Brüssel, 12.03.2015 16:58 Uhr