Ein Auto im Westjordanland, das von gewalttätigen israelischen Siedlern abgebrannt wurde.

Israelische Truppen UN-Kritik wegen Beteiligung an Siedlerangriffen

Stand: 16.04.2024 17:19 Uhr

Immer wieder greifen gewalttätige Siedler im Westjordanland Palästinenser an - offenbar unterstützt durch israelische Sicherheitskräfte. Seit dem Tod eines israelischen Teenagers vor wenigen Tagen eskaliert die Lage. Die UN kritisieren das deutlich.

Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte hat israelischen Sicherheitskräften die Beteiligung an Gewaltakten von Siedlern an Palästinensern im besetzten Westjordanland vorgeworfen und Israel aufgefordert, diese Gewalt umgehend zu unterbinden. "Palästinenser sind Angriffswellen Hunderter israelischer Siedler ausgesetzt gewesen, die häufig von israelischen Sicherheitskräften begleitet oder unterstützt wurden", teilten die Vereinten Nationen mit.

"Die israelischen Behörden müssen weitere Angriffe verhindern, insbesondere indem sie die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen", sagte die Sprecherin des UN-Hochkommissariats, Ravina Shamdasani, in Genf.

Menschen, die "krimineller Handlungen, einschließlich Mord oder anderer ungesetzlicher Tötungen" verdächtigt würden, müssten "nach einer schnellen, unparteiischen, unabhängigen, effektiven und transparenten Untersuchung in einem Gerichtsverfahren, das den internationalen Menschenrechtsstandards entspricht, vor Gericht gestellt werden", erklärte das Hochkommissariat weiter.

Gewalt durch israelische Soldaten und Siedler

Zuletzt hatte die Tötung eines 14-jährigen Israelis mehrere Angriffe von Siedlern in palästinensischen Städten und Dörfern hervorgerufen. Nach Behördenangaben fiel der Junge einem Extremistenanschlag zum Opfer. Seit der Tat am vergangenen Freitag wurden UN-Angaben zufolge vier Palästinenser, darunter ein Kind, bei Vergeltungsmaßnahmen durch Siedler und bei Einsätzen der israelischen Armee getötet. Hunderte Häuser und Fahrzeuge seien in Brand gesteckt worden. Die palästinensischen Behörden sprechen von sieben Toten und 75 Verletzten.

Aktivisten werfen israelischen Truppen seit langem vor, Angriffe durch Siedler regelmäßig zu ignorieren oder sich daran zu beteiligen. "Israel als Besatzungsmacht muss alle in seiner Macht stehenden Maßnahmen ergreifen, um die öffentliche Ordnung und Sicherheit im besetzten Westjordanland so weit wie möglich wiederherzustellen und zu garantieren", hieß es in der UN-Mitteilung.

Palästinenser: Fast 500 Tote seit 7. Oktober

Israel hat das Westjordanland 1967 eingenommen und dort Dutzende Siedlungen errichten lassen, in denen mehr als 500.000 israelische Siedler wohnen. In der Gegend leben rund drei Millionen Palästinenserinnen und Palästinenser. Die Palästinenser beanspruchen das Westjordanland für einen eigenen Staat.

Die Gewalt im Westjordanland hat seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober und dem dadurch ausgelösten Gazakrieg zugenommen. Mindestens 468 Menschen wurden palästinensischen Angaben zufolge seither von der israelischen Armee oder von israelischen Siedlern getötet.

UN: Israel verhindert Aufklärung von Terrorattacken

Kritik an Israel kam auch in einer anderen Angelegenheit: UN-Experten werfen der Regierung vor, ihnen das Sammeln von Beweisen zur Untersuchung der Hamas-Attacke vom 7. Oktober zu verwehren. "Was die israelische Regierung angeht, erleben wir bisher nicht nur einen Mangel an Kooperation, sondern eine aktive Verhinderung unserer Bemühungen, über israelische Zeugen und Opfer Beweise für die Vorfälle in Südisrael zu erhalten", sagte Chris Sidoti, einer der Vertreter der vom UN-Menschenrechtsrat eingesetzten Untersuchungskommission.

Das Gremium wurde vom Menschenrechtsrat im Mai 2021 beauftragt, Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen das humanitäre Völkerrecht in Israel und in den Palästinensergebieten zu untersuchen. Inzwischen konzentrieren sich die Ermittler auf die Ereignisse am 7. Oktober sowie das nachfolgende Kriegsgeschehen. "Ich bedauere, dass Menschen in Israel, die mit uns sprechen möchten, diese Möglichkeit verweigert wird, weil wir keinen Zugang zu Israel erhalten", sagte die Vorsitzende der Kommission, die frühere UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay.