Chuck Schumer, demokratischer Mehrheitsführer, auf dem Weg zu einer Sitzung des US-Senats.

Krieg in Nahost US-Senator Schumer fordert Neuwahl in Israel

Stand: 15.03.2024 08:14 Uhr

Die USA sind der wichtigste Verbündete Israels. Aber auch von dort kommt zunehmend Kritik. Top-Demokrat Schumer fordert eine Neuwahl in Israel. Die Netanyahu-Regierung verfolge mehr die eigenen Interessen statt die des Landes.

In zunehmend schärferem Ton kritisieren die USA Israel wegen der humanitären Notlage und der hohen Zahl ziviler Opfer im Gazastreifen. Nun wendet sich mit Chuck Schumer, demokratischer Mehrheitsführer im US-Senat und bekennender Unterstützer Israels, gegen die Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.

In einer Rede im US-Senat forderte Schumer eine Neuwahl in Israel. Dies sei aus seiner Sicht "der einzige Weg, um einen gesunden und offenen Entscheidungsprozess über die Zukunft Israels zu ermöglichen, in einer Zeit, in der so viele Israelis ihr Vertrauen in die Vision und die Richtung ihrer Regierung verloren haben", so Schumer.

Netanyahu sei "vom Weg abgekommen, indem er sein politisches Überleben über die besten Interessen Israels gestellt hat". Die vom israelischen Regierungschef eingegangene Koalition mit weit rechts stehenden Extremisten habe zur Folge, dass Netanyahu "zu sehr bereit" sei, "die zivilen Opfer im Gazastreifen zu tolerieren". Dieses Handeln lasse die weltweite Unterstützung für Israel auf einen Tiefstand sinken. Das Land könne aber nicht überleben, wenn es zu einem "Paria" - einem Ausgestoßenen - werde, warnte Schumer.

Kritik am Widerstand gegen Zweistaatenlösung

Angesichts der nach Auffassung Schumers bröckelnden Unterstützung der israelischen Bevölkerung für die eigene Regierung sei es wichtig, "dass die Israelis eine Wahl haben". Die politische Vision Netanyahus und dessen Bündnis sei in der Vergangenheit verhaftet, kritisierte Schumer: "Die Netanyahu-Koalition passt nicht mehr zu den Bedürfnissen Israels nach dem 7. Oktober. Die Welt hat sich seither radikal verändert." Als Demokratie müsse Israel seine Führung selbst wählen können.

Eine Lösung für einen langfristigen Frieden in Nahost hält Schumer derzeit für unwahrscheinlich. Verantwortlich dafür sind aus seiner Sicht neben der Terrormiliz Hamas und der Haltung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas auch die Ablehnung Netanyahus, eine Zweistaatenlösung zuzulassen.

"Israel ist keine Bananenrepublik"

Die Reaktion aus Israel folgte prompt: Netanyahus Likud-Partei wies Schumers Forderung nach einer Neuwahl in einer Erklärung vehement zurück. "Israel ist keine Bananenrepublik, sondern eine unabhängige und stolze Demokratie", hieß es. Netanyahu sei als Regierungschef gewählt und seine "entschlossene Politik" werde von einer großen Mehrheit der israelischen Bevölkerung unterstützt. Gleiches gelte für den israelischen Kurs gegen eine Zweistaatenlösung.

Wie die Nachrichtenagentur dpa jedoch berichtete, sinkt die Zustimmung für Netanyahu und seine Regierung. Im Falle einer Neuwahl müsste der Regierungschef demnach mit Stimmenverlusten rechnen. Auch Israels Oppositionsführer Jair Lapid warf Netanyahu vor, mit seiner Politik zunehmend an internationaler Unterstützung zu verlieren. Das habe die Rede von Schumer deutlich gezeigt.

Immer schärfere Töne von US-Präsident Biden

Die Kritik der USA am militärischen Vorgehen Israels im Gazastreifen hat in den vergangenen Wochen nochmals an Schärfe zugenommen - vor allem angesichts einer drohenden Offensive der israelischen Armee in Rafah. In der Stadt im Gazastreifen nahe der Grenze zu Ägypten sollen mehr als 1,5 Millionen Menschen Zuflucht gesucht haben.

Allen voran hatte US-Präsident Joe Biden immer wieder an Israel appelliert, die zivile Bevölkerung im Gazastreifen mehr zu schützen. Im Fokus von Bidens Kritik steht ebenfalls Netanyahu. Zuletzt hatte Biden am vergangenen Wochenende in einem Interview betont: "Er schadet Israel mehr, als dass er Israel hilft." Der israelische Regierungschef habe zwar das Recht, Israel zu verteidigen und die islamistische Hamas im Gazastreifen weiter zu bekämpfen. Aber er müsse "den unschuldigen Leben größere Aufmerksamkeit schenken".

Netanyahu konterte mit dem gleichen Argument, das auch seine Likud-Partei gegen Schumer anführte: Die eigene Politik werde von einem großen Teil der israelischen Bevölkerung unterstützt. Er betreibe keine "Privatpolitik" gegen den Wunsch dieser breiten Mehrheit, betonte Netanyahu.

Auslöser des Kriegs war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober in Israel nahe der Grenze zum Gazastreifen verübt hatten. Sie ermordeten dabei mehr als 1.200 Menschen und verschleppten 250 weitere in das Küstengebiet. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive im Gazastreifen.