Menschen protestieren in Jerusalem für die Freilassung der im Gazastreifen gefangengehaltenen Geiseln.

Krieg in Nahost Neues Geiselvideo sorgt für Proteste in Israel

Stand: 25.04.2024 13:36 Uhr

Die Terrororganisation Hamas hat ein neues Video einer israelischen Geisel veröffentlicht. Es zeigt einen jungen Mann, der Vorwürfe gegen die Regierung Netanyahus erhebt. Das Video löste Proteste in Jerusalem aus.

Die Veröffentlichung eines neuen Videos, in dem ein von der islamistischen Terrororganisation Hamas als Geisel gefangengehaltener Mann zu sehen ist, hat in Israel erneut Proteste ausgelöst. Hunderte Menschen versammelten sich in Jerusalem in der Nähe der Residenz von Premierminister Netanyahu, um für die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln zu demonstrieren.

Es gab Zusammenstöße mit der Polizei. Den Beamten zufolge legten Demonstranten Feuer, zündeten Feuerwerkskörper, warfen Mülltonnen um und blockierten den Verkehr. Vier Menschen seien festgenommen worden, hieß es.

Terrororganisation veröffentlicht Video

In dem zuvor von der Terrororganisation veröffentlichten Video ist ein 24 Jahre alter Mann zu sehen, der der israelischen Regierung Vorwürfe macht. Er beschuldigt Netanyahu in der Aufnahme unter anderem, nicht genug für die Sicherheit der israelischen Bürgerinnen und Bürger getan zu haben und auch nicht genug zur Freilassung der Geiseln zu unternehmen.

Mehrere Nachrichtenagenturen berichten, dass es sich bei dem gezeigten Mann um einen israelischen und amerikanischen Staatsbürger handelt. Israelische Medien identifizierten ihn als Hersh Goldberg-Polin, der am 7. Oktober vom Nova-Musikfestival in Südisrael entführt worden war und der Sohn einer der prominentesten Aktivisten der Geiselangehörigen in Israel ist. Goldberg-Polin wurde während seiner Entführung am Arm verletzt, im Video fehlt ihm eine Hand.

"Benjamin Netanyahu und seine Regierung sollten sich schämen, weil er uns mit tausenden anderen Bürgern vernachlässigt hat. Sie sollten sich schämen, weil sie uns für 200 Tage hier allein gelassen haben und weil israelische Luftangriffe 70 Geiseln wie mich getötet haben", sagte Goldberg-Polin in dem Video.

Er berichtet weiter von einer "unterirdischen Hölle", in der die Geiseln festgehalten werden. Es gebe nicht genug Nahrung, Wasser oder medizinische Behandlung. Unter welchen Umständen das Video entstanden ist und ob der Mann aus freien Stücken oder unter Drohungen sprach, lässt sich nicht unabhängig überprüfen.

Militärsprecher Hagari: "Psychologische Kriegsführung"

Israels Militärsprecher Daniel Hagari sieht in dem Video einen Versuch, die israelische Regierung weiter unter Druck zu setzen: "Dieses Video ist psychologische Kriegsführung und nicht nur eine Erinnerung daran, was die Hamas am 7. Oktober getan hat, sondern auch daran, wie krank diese Terrorgruppe ist. Solange die Geiseln nicht frei sind, wird die Armee die Hamas verfolgen - überall in Gaza."

Familie unterstützt Ausstrahlung des Videos

Die Familie Goldberg-Polin teilte offiziell mit, dass sie mit der Ausstrahlung des Videos einverstanden sei. Das Forum der Geiselangehörigen und Vermissten in Israel hält die Aussagen in dem Video zudem für glaubwürdig.  

Kurz nach Bekanntwerden des Videos meldeten sich die Eltern des jungen Mannes zu Wort. Hershs Vater, Jon Polin, wandte sich direkt an die Konfliktparteien und die Vermittler: "Seid stark, macht weiter, nutzt den Moment und macht einen Deal, um uns mit unseren Lieben zu vereinen und das Leiden in der Region zu beenden", sagte er.

Der beispiellose Angriff der Hamas am 7. Oktober hatte den Krieg zwischen Israel und der Terrororganisation im Gazastreifen ausgelöst. Nach israelischen Angaben töteten die Terroristen etwa 1.170 Menschen, zudem verschleppten sie etwa 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Israel schätzt, dass sich noch 129 dieser Geiseln dort befinden - 34 von ihnen hält das Militär für tot.

Mit Informationen von Bettina Meier und Tim Aßmann

Bettina Meier, ARD Tel Aviv, tagesschau, 25.04.2024 05:24 Uhr