Zahlreiche Menschen auf einer Straße in Peking

Erstmals seit Jahrzehnten China meldet Bevölkerungsrückgang

Stand: 17.01.2023 05:05 Uhr

China ist mit mehr als 1,4 Milliarden Menschen das Land mit der größten Bevölkerung der Welt. Für 2022 meldet das Statistikamt nun erstmals seit Jahrzehnten einen Rückgang - um 850.000 Einwohner.

China hat zum ersten Mal seit Jahren einen Bevölkerungsrückgang verzeichnet. Am Ende des abgelaufenen Jahres habe das bevölkerungsreichste Land der Welt 1,412 Milliarden Einwohner gehabt und damit rund 850.000 weniger als ein Jahr zuvor, teilte das Statistikamt in Peking mit.

Die Entwicklung ereignet sich vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft mit sinkenden Geburtsraten. Bürger der Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao sowie Taiwans, das China als Teil der Volksrepublik betrachtet, fließen nicht in die Zählung ein. Auch Ausländer sind nicht in der Statistik enthalten.

Die Geburtenrate im vergangenen Jahr lag bei 6,77 pro 1000 Einwohner, gegenüber einer Rate von 7,52 Geburten im Jahr 2021 und markiert den niedrigsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen. China verzeichnete auch die höchste Sterblichkeitsrate seit 1976 mit 7,37 Todesfällen pro 1000 Einwohner, verglichen mit einer Rate von 7,18 Todesfällen im Jahr 2021.

Folgen der Ein-Kind-Politik und hoher Bildungskosten

China leidet schon länger unter einem starken Geburtenrückgang und einer Überalterung der Bevölkerung. Die Auswirkungen der über Jahrzehnte verfolgten "Ein-Kind-Politik" werden immer spürbarer. Deren Aufhebung führte 2016 nur kurzzeitig zu einem leichten Anstieg der Geburten.

Experten sehen die hohen Kosten für Wohnraum, Bildung und Gesundheitsversorgung in China sowie die schwindende Bereitschaft zur Heirat als eigentliche Gründe für die Entwicklung. Die seit drei Jahren andauernde Corona-Pandemie sorgte für weitere Unsicherheiten, die den Trend noch beschleunigt haben dürften.

Als Reaktion auf den Geburtenrückgang und die rapide Überalterung wurden 2021 auch drei Kinder erlaubt. Außerdem bemüht sich die Regierung seither, es jungen Paaren leichter zu machen, für Kinder zu sorgen. Die Kosten für Bildung wurden gesenkt. Finanzhilfen wurden gewährt, Mutterschafts- und Elternurlaub erleichtert, da viele Frauen befürchten, dass sich eine Mutterschaft negativ auf ihre berufliche Karriere auswirkt.

Es war der erste Rückgang der Zahl der Menschen im bevölkerungsreichsten Land der Welt seit Anfang der 1960er-Jahre. Damals litt China unter der schlimmsten Hungersnot seiner modernen Geschichte. Diese war durch das von Staatsgründer Mao Tse-Tung ausgerufene Industrialisierungs- und Kollektivierungsprogramm "Großer Sprung nach vorn" verursacht worden.

Eva Lamby-Schmitt, Eva Lamby-Schmitt, ARD Shanghai, 17.01.2023 06:27 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 17. Januar 2023 um 08:03 Uhr.