Gili Roman spricht vor dem UN-Sicherheitsrat.

Geisel-Angehörige im Sicherheitsrat "Wir müssen für ihre Leben eintreten"

Stand: 17.05.2024 09:00 Uhr

Es war eine emotionale Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Nicht die Diplomaten, sondern die Angehörigen der von der Hamas verschleppten Geiseln hatten das Wort und haben an sie erinnert.

Gili Roman ist nach New York gekommen, um vor dem UN-Sicherheitsrat an seine verschleppte Schwägerin zu erinnern.

Heute ist der 30. Geburtstag von Carmel Gat, meiner Angehörigen, die seit 223 Tagen als Geisel in Gaza festgehalten wird.
Gili Roman

Mit hochgekrempelten Hemdsärmeln und entschlossenem Blick erzählt der Israeli, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft hat, wie der Hamas-Terror am 7. Oktober seine Familie im Kibbuz Beeri traf. Wie sie seine Schwester Yarden mit ihrer dreijährigen Tochter und auch ihren Mann mitnahmen. Wie sie dessen Mutter erschossen. Wie sie quälten, massakrierten.

Gili Roman steht in den Trümmern eines Hauses.

Gili Roman steht wenige Tage nach dem Angriff der Hamas im Kibbuz Beeri vor den Trümmern eines Hauses.

Und Gili Roman schmerzt auch, wie schnell die Weltgemeinschaft diese Gräueltaten hingenommen hat. "Es gibt keine Resolutionen oder Taten dieses Hauses, um die Geiseln schneller zu befreien."

"Ich flehe sie an: Bringt meinen Sohn zurück!"

Keine Resolution, in der die Hamas klar für die Terrorakte verantwortlich gemacht und verurteilt wird. Doch zumindest höre der Sicherheitsrat in dieser informellen Sitzung den Angehörigen erstmals zu. Frauen wie Ayelet Samerano, die seit dem 7. Oktober um ihren verschleppten Sohn Jonathan bangt.

Wissen sie, wo er ist? Ich flehe sie an: Bringt meinen Sohn zurück!
Ayelet Samerano

Die Angehörigen klagen an

Oder Shoshan Haran, deren Schwiegersohn zu den 133 Geiseln gehört, die ihre Kidnapper mutmaßlich weiter im Gazastreifen festhalten. Ohne dass die Weltgemeinschaft sie klar dafür verurteile, was sie getan haben oder gerade tun.

Weil es einfacher sei, den Hamas-Terror als logische Folge von Israels Tun zu erklären, sagt Roman dem ARD-Studio New York am Rande der Sitzung. Er warnt: "Wenn Geiselnahmen akzeptiert werden als Instrument, um die Weltordnung zu sabotieren und politische Ziele zu erreichen, warum sollte es dann nicht auch in anderer Form in anderen Ländern eingesetzt werden?"

Hunderte Male habe der Aktivist die Geschichte seiner Schwester und ihrer Familie schon erzählt. Dabei fokussiere er sich innerlich jedes Mal auf etwas anderes. Diesmal ist es seine inzwischen vier Jahre alte Nichte Geffen.

Für sie es normal geworden, dass sich ihre Puppen beim Spielen gelegentlich unterm Bett verstecken, wenn die bösen Männer kommen. Oder wenn sie nach ihrer Mutter suchen.

Geffens Mutter Yarden trug sie auf dem Arm, als sie und ihr Mann von der Rampe des Hamas-Transporters flohen, der sie in den Gazastreifen bringen sollte.

"Und Yarden hatte diese Wahl zwischen Leben und Tod. Dazwischen, mit ihrer Tochter zusammenzubleiben oder das Kind ihrem Mann auf den Arm zu geben, damit er schneller mit Geffen wegrennen konnte."

Yarden gehörte nach 54 Tagen isolierter Geiselhaft zu einer Gruppe Freigelassener im vergangenen November. Sie ist wieder vereint mit ihrer kleinen Tochter und ihrem Mann. Doch von ihrer Schwägerin Carmel fehlt jede Spur.

Angehörige fordern internationale Hilfe

Sein Erwachsenenleben lang hat sich der Erzieher Roman für Frieden in der Region engagiert - gemeinsam mit Juden, Muslimen, Christen, Israelis und Palästinensern. Natürlich sehe er nicht weg vom Leid der Zivilisten im Gazastreifen, es treffe ihn. Aber er habe von Tag eins an gesagt, dass wenn die Reaktion der internationalen Gemeinschaft so schwach bleibe, habe Israel das Gefühl, die Situation nicht mit Gewalt bewältigen zu können.

Gerade um Menschenleben im Gazastreifen zu retten, brauche es klare Signale, um das Vertrauen der Menschen in Israel wiederzugewinnen. Und das hänge daran, dass die Geiseln zurück nach Hause kommen.

Wir müssen das verurteilen. Wir müssen für ihre Leben eintreten. Für ihre Freilassung kämpfen. Ungeachtet dessen, was wir sonst denken. Jede andere wichtige Diskussion über den Gaza-Konflikt darf damit nicht über Kreuz liegen, dass wir uns stark für die Freilassung der Geiseln einsetzen.
Gili Roman

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Mai 2024 um 06:37 Uhr.