Eine Frau verdeckt ihr Gesicht vor einem zerstörten Haus in Marrakesch.

Erdbeben in Marokko Zahl der Todesopfer steigt auf mehr als 1.000

Stand: 09.09.2023 17:09 Uhr

Nach dem schweren Erdbeben in Marokko ist die Zahl der Todesopfer nach Regierungsangaben auf mindestens 1.037 gestiegen. Mehr als 1.200 Menschen seien verletzt worden. Mehrere Länder sagten Unterstützung zu.

Nach dem schweren Erdbeben in Marokko steigt die Zahl der Todesopfer weiter. Wie die Regierung des Landes mitteilte, sind mindestens 1.037 Menschen ums Leben gekommen. Zudem seien mehr als 1.200 Verletzte gezählt worden.

Das Erdbeben richtete schwere Schäden in weiten Teilen des nordafrikanischen Landes an. Die Bilder der Zerstörung reichen vom Atlasgebirge bis zur berühmten Altstadt von Marrakesch. Dort wurden auch berühmte Kulturdenkmäler beschädigt.

Mehr als 1.00 Tote und über 1.200 Verletze bei Erdbeben in Marokko

Sebastian Kisters, ARD Madrid, tagesschau, 09.09.2023 20:00 Uhr

Deutschland schickt erste Hilfe

Erste Hilfe kommt aus dem Ausland - auch in Deutschland bereitet man sich auf Rettungseinsätze vor. Die Vorbereitungen des Technischen Hilfswerks (THW) liefen bereits, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser der Nachrichtenagentur dpa. "Sobald wir mehr Informationen haben, welche Hilfe konkret benötigt wird, können wir unsere Spezialisten nach Marokko entsenden", so die SPD-Politikerin. Einem Sprecher des THW zufolge sind etwa Bergungsteams oder Wasseraufbereitungsanlagen denkbar.

Allerdings sei die Lage noch sehr unübersichtlich, teilte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) mit. "Fest steht aber, die Menschen in den Katastrophenregionen brauchen nun dringend humanitäre Hilfe", sagte DRK-Generalsekretär Christian Reuter.

Beben hatte Stärke von 6,8

Das Beben ereignete sich am späten Freitagabend und dauerte mehrere Sekunden. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte es eine Stärke von 6,8, laut dem Helmholtz-Zentrum Potsdam 6,9. Das Epizentrum lag 72 Kilometer südwestlich von Marrakesch im dünn besiedelten Atlasgebirge in einer Tiefe von von nur 18,5 Kilometern. Erdbeben in einer solch geringen Tiefe sind laut Experten besonders gefährlich.

Karte von Marokko mit Marrakesch, Rabat und dem Zentrum des Erdbebens

Rettungskräfte suchen unter Trümmern nach Überlebenden

Laut dem Innenministerium wurden die meisten Opfer aus der Stadt Marrakesch gemeldet sowie aus den fünf Provinzen rund um das Epizentrum des Bebens. Zu deutschen Todesopfern liegen bisher keine Angaben vor. "Wir stehen zu dem Erdbeben und der Lage in Marokko in engem Austausch mit den örtlichen Behörden", erklärte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Das Team der deutschen Botschaft in Rabat habe eine Notrufnummer eingerichtet.

Weiter suchen Rettungskräfte unter den Trümmern nach Überlebenden. Es wird befürchtet, dass die offizielle Zahl der Opfer noch steigt, wenn die Einsatzkräfte abgelegenere Gegenden erreichen. Örtliche Medien berichteten, dass Zufahrtsstraßen in betroffene Bergdörfer durch herabgestürzte Felsen versperrt seien und vielerorts Staus das Durchkommen für die Einsatzkräfte erschwerten.

Rettungskräfte suchen nach Überlebenden in Amizmiz.

Rettungskräfte suchen nach Überlebenden in der Kleinstadt Amizmiz, südlich von Marrakesch.

UNESCO-Welterbe in Marrakesch beschädigt

Bilder und Videos in sozialen Netzwerken aus der Nacht zeigen teilweise panische Szenen in Marrakesch: Menschen, die schreiend aus Restaurants in Freie fliehen - aus Angst vor weiteren Erschütterungen. Trümmerhaufen, zerstörte Gebäude und beschädigte Teile der berühmten roten Mauern sind auch zu sehen. Die Mauer umgibt die Medina - die Altstadt - von Marrakesch und ist UNESCO-Weltkulturerbe. Sie ist für ihre engen Gassen und vielen Händler bekannt und gilt als beliebtes Ziel für Touristen.

"Stärkstes instrumentell gemessenes Erdbeben in Marokko"

Das Beben sei noch in einem Umkreis von 400 Kilometern zu spüren gewesen, sagte Nasser Jabour, Leiter einer Abteilung des Nationalen Instituts für Geophysik, der marokkanischen Nachrichtenagentur MAP. Der Seismologe Frederik Tilman vom Helmholtz-Zentrum in Potsdam sprach auf tagesschau 24 vom "stärksten instrumentell gemessenen Erdbeben in Marokko".

Erdbeben in Nordafrika sind relativ selten. 1960 hatte sich laut dem Sender Al Arabiya in der Nähe von Agadir ein Beben der Stärke 5,8 ereignet, bei dem Tausende Menschen ums Leben kamen.

Kristina Böker, ARD Madrid, zzt. Skhour Rahmna, zur Situation im Erdbebengebiet

tagesschau, 09.09.2023 20:00 Uhr

Beben auch in Portugal, Spanien und Algerien spürbar

Auch im Süden Spaniens und Portugals sowie in Algerien war das Beben zu spüren. Bei der Notrufzentrale im spanischen Andalusien gingen kurz nach Mitternacht mehr als 20 Anrufe besorgter Bürger aus den Regionen um Huelva, Sevilla, Jaén, Málaga, Marbella und Córdoba ein, wie die Organisation auf X (ehemals Twitter) schrieb. Über Schäden oder gar Opfer sei jedoch nichts bekannt geworden.

Auch die Behörden im südportugiesischen Faro, im Raum Lissabon und Setúbal hätten Ähnliches berichtet, schrieb die staatliche portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa.

Internationale Anteilnahme groß

Viele Staats- und Regierungschef zeigten sich von der Katastrophe betroffen und sprachen den Opfern ihr Mitgefühl aus, so auch Bundeskanzler Olaf Scholz: "In diesen schweren Stunden sind unsere Gedanken bei den Opfern des verheerenden Erdbebens", teilte der SPD-Politiker auf der Plattform X (früher Twitter) mit.

Unterstützung von den Vereinten Nationen und der EU sicherten sowohl UN-Generalsekretär António Guterres als auch EU-Ratspräsident Charles Michel zu. Weitere Länder boten humanitäre Hilfe und Unterstützung beim Wiederaufbau an, neben Spanien und Portugal auch Israel und Großbritannien.

Weitere Staatschef, darunter Chinas Xi Jinping, bekundeten ihr Beileid. US-Präsident Joe Biden zeigte sich "tieftraurig". Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb auf X, dass die Türkei den "marokkanischen Geschwistern an diesem schweren Tag mit allen Mitteln zur Seite" stehe.

Philipp Eckstein, ARD Berlin, tagesschau, 09.09.2023 15:18 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 09. September 2023 um 20:00 Uhr.