
Satellitenbilder Beben verschiebt Land um mehrere Meter
Die schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien haben die Landoberfläche stark verschoben. Das zeigen Aufnahmen des Radarsatelliten Sentinel-1. An manchen Stellen gibt es Verwerfungen von sechs Metern.
Das Erdbeben im Grenzgebiet zwischen der Türkei und Syrien ist eine der verheerendsten Naturkatastrophen, die sich bisher in dieser Region ereignet haben. Die Zahl der bestätigten Todesopfer liegt bereits bei mehr als 40.000. Außerdem werden noch immer Tausende Menschen vermisst.
Riesige Risse
Im Erdbebengebiet helfen Satellitendaten Rettungsorganisationen, sich zu orientieren und Hilfe zu leisten. Auch Wissenschaftler analysieren diese Daten bereits, um langfristige Auswirkungen der Beben zu erkennen. Wissenschaftler am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben Aufnahmen des europäischen Radarsatelliten Sentinel-1 ausgewertet und in Bilder umgewandelt.
Darauf sind Risse der Erdoberfläche auf einer Länge von etwa 250 Kilometern zu sehen. Der größere Riss im Süden ist eine Folge des Hauptbebens, das am 6. Februar um 2.17 Uhr (MEZ) mit einer Stärke von 7,7 die Südosttürkei erschütterte. Der zweite Riss, nördlich des ersten, entstand bei dem fast ebenso starken Nachbeben einige Stunden später. Die blauen Flächen stehen für eine Bewegung in östliche Richtung, die roten Flächen für eine Bewegung in westliche Richtung. In manchen Gegenden sind die Verwerfungen bis zu sechs Meter groß.

Die Auswertung der Satellitendaten zeigt die Verschiebungen an der Landoberfläche durch die schweren Erdbeben in der Türkei und in Syrien. Die blauen Flächen stehen für eine Bewegung in östliche Richtung, die roten Flächen für eine Bewegung in westliche Richtung. Bild: DLR
Radar tastet die Erdoberfläche ab
Beide Erdbebenbereiche gehören geologisch zur sogenannten Ostanatolischen Störungszone. Hier stoßen die anatolische und die arabische Platte aneinander. Dabei entstehen Spannungen in der Erdkruste, die sich in den Erdbeben entladen. Auf dem Bild sind die Verschiebungen der Erdoberfläche zu sehen, die die Beben am 6. Februar verursachten.
Die zugrundeliegenden Aufnahmen stammen vom 29. Januar und 10. Februar 2023 und wurden vom Satelliten Sentinel-1 des europäischen Copernicus-Programms aufgenommen. Er hat keine optische Kamera an Bord, sondern sendet Radarsignale zur Erde und misst, wie lange es dauert, bis ihr Echo wieder zu ihm zurückkehrt. Auf diese Weise tastet er die Erdoberfläche ab, bei Tag und Nacht und jeder Wetterlage.
Hoffnung auf Vorhersagemöglichkeit
Radarsignale sollen künftig nicht nur dazu dienen, die Folgen von Erdbeben im Nachhinein zu vermessen, sondern auch deren Vorhersage möglich zu machen. Das ist allerdings eine große Aufgabe, denn die Spannung unter der Erde baut sich nur sehr langsam und millimeterweise auf. Zwar können manche Radarsatelliten die Erde mit einer Genauigkeit von weniger als einem Meter vermessen, doch die Bilder sind trotzdem schwierig zu interpretieren, sagt Professor Michael Eineder vom Earth Observation Center des DLR.
Er vergleicht die Erdoberfläche mit einem Stückchen Holz, das man versucht zu zerbrechen: "Es kann morsch sein und es bricht sofort, und es kann elastisch sein und ich kann es sehr weit biegen und eine sehr große Spannung aufbauen, bis es bricht." Ähnlich sei es bei der Erdoberfläche: "Man kennt die Parameter in der Erde nicht, man weiß nicht, wann das Ganze bricht." In Zeiträumen von zehn oder zwanzig Jahren lassen sich daher keine Erdbeben vorhersagen, sagt Eineder.