Durch eine Leitung fließt synthetischer Kraftstoff | dpa

Energieträger der Zukunft Mit eFuels zu mehr Klimaschutz?

Stand: 16.10.2021 10:01 Uhr

Die Energie der Zukunft entspringt einem Technologie-Mix, da sind sich Experten sicher. Im Fokus stehen dabei vor allem die Träger der Energie wie zum Beispiel Wasserstoff - aber auch synthetische Kraftstoffe, sogenannte eFuels.

Von Werner Eckert, SWR

In Werlte wird erstmals klimaneutrales Kerosin für Flugzeuge hergestellt. In Norwegen gibt es ebenfalls einen Anlauf. Hier ist das deutsche Unternehmen Sunfire an einem Konsortium beteiligt. Und in Chile bauen Siemens und Porsche gemeinsam eine Produktionsanlage für eFuels - also klimaneutrale Kraftstoffe. Wieder taucht die Frage auf: Kann das eine Zukunft für Diesel, Benzin und Heizöl werden?

Werner Eckert

Woran es hakt

Man kann aus Wasser und Luft mit Hilfe von - sehr viel - Strom aus Erneuerbaren Energien künstliche Treibstoffe erzeugen, die klimaneutral sind. Die Verfahren sind altbekannt: Zunächst wird Wasser mit der Elektrolyse gespalten - bei dieser Reaktion wird Wasserstoff frei. Dann wird CO2, das etwa aus Kraftwerk-Abgaben stammen kann, wiederum unter Energieeinsatz mit dem Wasserstoff zu Kohlenwasserstoffketten zusammengefügt und quasi maßgeschneidert auf die jeweiligen Produkte zurechtgeschnitten. Das Ergebnis sind Ölprodukte ohne Erdöl. Die aktuellen Anlagen sind nicht ausgereift: Derzeit sind die Kapazitäten, die Energiebilanz und die Preise noch alles andere als wettbewerbsfähig.

Die Anlage in Werlte soll ca. 365.000 Liter E-Kerosin (PtL-Kerosin genannt - power to liquid) im Jahr produzieren. Die Norweger wollen zehn Millionen Liter produzieren, in Chile sind langfristig 550 Millionen Liter angepeilt. Das alles klingt nur groß: Allein die deutschen Fluglinien haben 2019 fast zwölf Milliarden Liter getankt. Die Kosten liegen in Werlte nach Angaben der Betreiber "noch deutlich über fünf Euro je Liter". Konventionelles Kerosin ist für einen Literpreis von 30 bis 50 Cent zu haben. Anders könnte das aber an sehr sonnen- und windreichen Standorten im globalen Süden aussehen. Sehr langfristig rechnen Optimisten aus der Branche mit etwa einem Euro pro Liter E-Kerosin.

Vor allem aber ist die Herstellung von eFuels sehr energieintensiv: das Ganze ist eine regelrechte "Energievernichtungsmaschine". Aus der einmal erzeugten elektrischen Energie kommen zum Beispiel bei E-Autos mit Batterien drei Viertel auch auf der Straße an. Bei einem Verbrenner mit eFuels sind es nur 13 Prozent - anders gesagt: Mit der gleichen Menge Energie kommt man nur ein Fünftel so weit. Vier Fünftel gehen durch den komplizierten Herstellungsprozess und den extrem schlechten Wirkungsgrad selbst modernster Diesel verloren.

eFuels werden trotzdem gebraucht

Für Flugzeuge und Schiffe werden eFuels trotzdem dringend gebraucht, weil es dort kaum Alternativen gibt. Nach eigenen Hochrechnung braucht die deutsche Luftfahrtbranche allein für die gesetzlich verordnete Beimischung im Jahr 2030 rund 200 Millionen Liter PtL-Kerosin.

Übergangsweise sind synthetische Kraftstoffe auch ein Beitrag, um die bestehende Auto- und Lkw-Flotte klimafreundlicher zu machen; Porsche beispielsweise denkt dabei an seine 911er-Oldtimer. Eine wichtige Rolle werden künstliche Kohlenwasserstoffe auch als Grundstoff in der Industrie spielen. Fast kein Modell sieht für diese Treibstoffe aber eine Zukunft im Pkw-Verkehr. Hier ist die effizientere und günstigere Variante das E-Auto mit Batterie. Und auch Ölheizungen dürften mit eFuel jemals bezahlbar betrieben werden können.

Ein Vorteil ist, dass eFuels auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen können - vom Tanker auf hoher See über Pipelines bis zu den Tankstellen. Sie sind zudem als Speichermedien interessant. Und schließlich importiert Deutschland derzeit rund 75 Prozent seines Energiebedarfs. Diese Menge wird sich kaum komplett durch Solaranlagen und Windräder im Inland ersetzen lassen. Strom ist ebenfalls nur bedingt transportierbar. Deshalb sind speicherbare Energieträger als Ergänzung sinnvoll.

Vieles ist noch unklar

Die gerade erschienene Leitstudie der Deutschen Energieagentur DENA zur Klimaneutralität arbeitet mit mehreren Szenarien, in denen eFuels jeweils eine unterschiedliche Rolle spielen. Genauer geht es derzeit nicht, denn in der Rechnung sind zu viele Unbekannte. Wie schnell gelingt es, Projekte wie das in Chile wirklich in größerer Zahl umzusetzen - und wie günstig ist deren Produkt am Ende?

Wasserstoff ist etwas einfacher herzustellen. Wie sehr er sich in Kombination mit der Brennstoffzelle für bestimmte Anwendungen durchsetzt, ist eine weitere Frage: Letztlich hängt die Entwicklung auch vom Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland ab - und vom Ausbau des Stromnetzes. Das Umweltbundesamt geht davon aus, das alternative Kraftstoffe im Jahr 2030 in etwa fünf Prozent des heutigen gesamten Treibstoffverbrauchs im Verkehr ausmachen könnten; inklusive Flug- und Schiffsverkehr.

eFuels sind also sicherlich keine einfache und schnelle Lösung für ein "Weiter so". Sie sind jedoch unabdingbar als Beitrag zur Klimaneutralität in vielen Bereichen. Wirtschaftlich ist es problematisch, sie in Automotoren zu verbrennen. Allerdings könnte das durchaus passieren, wenn einfach nur der Markt entscheiden sollte. Denn Autofahrer sind nach aller Erfahrung durchaus bereit, hohe Preise für ihren Sprit zu zahlen. Das würde diese wertvollen, klimaneutralen Kohlenwasserstoffe aber jenen Märkten entziehen, die sie eigentlich dringender bräuchten.