Dieses Foto zeigt den CT-Scan des Amenophis-Sarkophags.

Amenophis I. Was der Pharao im Röntgengerät verrät

Stand: 03.01.2022 04:33 Uhr

Ägyptische Forscher haben mithilfe einer Computertomographie die Mumie von Pharao Amenophis I. digital enthüllt. Dabei wurden einige Rätsel gelöst - etwa, wie der König aussah. Doch ein Geheimnis bleibt ungelüftet.

Von Anna Osius, ARD-Studio Kairo

Wenn der Pharao einen Arzttermin hat, dann machen sogar Professoren Hausbesuche. "Ich habe mein mobiles CT-Gerät eingepackt und bin zum ägyptischen Museum gefahren", erzählt die Radiologie-Professorin der Universität Kairo, Sahar Saleem. Der Pharao, also seine Mumie, wurde in den Garten des Museums gebracht. Das war praktisch - er musste nur ein paar Meter transportiert werden. "Ich habe dann mein CT-Gerät im Garten aufgebaut und die Mumie wurde geröntgt."

Nach weniger als einer halben Stunde hatte Pharao Amenophis I. es geschafft und durfte zurück an seinen Platz im Museum. Für Sahar Saleem fing die Arbeit jetzt an. Er habe die mehreren Tausend kleinen Schichten, Ebenen, in denen die Mumie per Computertomographie geröntgt wurde, digital zusammengesetzt - in 3D. "So haben wir virtuell die Mumie buchstäblich ausgewickelt und bekamen ein genaues Bild, wie der König aussah. Er hatte ein ovales Gesicht mit einem schmalen Kinn und einem Überbiss - er ähnelte sehr seinem Vater, der liegt als Mumie im Museum von Luxor. Es war schön, diese Familienähnlichkeiten zu entdecken."

Pharao starb relativ jung

Amenophis I., auch Amenhotep genannt, herrschte etwa 1500 Jahre vor Christus. Der junge Mann führte in den Jahren seiner Regentschaft mehrere Feldzüge an. Warum der Pharao mit etwa 35 Jahren relativ früh starb, bleibt trotz der Untersuchung ein Rätsel.

"Es war interessant zu sehen, dass der Pharao keinerlei Hinweise auf Erkrankungen oder Verletzungen hatte. Wir wissen zwar, dass der Pharao ja nicht selbst Teil der Schlachten und Kriege war, aber trotzdem gibt es bei anderen Mumien immer Hinweise, dass der Pharao Knochen gebrochen hatte oder Infektionen vorgelegen haben. Davon waren auch Könige nicht verschont", sagt der deutsche Mumienforscher Albert Zink.

Hier sehe man nichts dergleichen, er schien also relativ gesund gewesen zu sein. Typisch seien aber auch Infektionskrankheiten oder Magen-Darm-Durchfallerkrankungen gewesen, die keine Spuren an den Mumien, an den Skeletten hinterließen und deswegen schwer als Todesursache identifizierbar seien. "Hier würde nur eine weiterführende genetische Analyse helfen, ob man vielleicht doch noch einen Erreger findet, an dem er gestorben ist."

Bandagen seit dem Fund 1881 unberührt

Die Mumie von Amenophis I. war bereits 1881 entdeckt worden, aber die Bandagen ließen die Forscher bis heute unberührt. Dadurch konnten die Totenmaske und die reichen Blumengirlanden, die sie wie Haare umgeben, erhalten werden. Das sei der große Vorteil der digitalen Untersuchung, so Professorin Sahar Saleem:

Durch die neue Technologie konnten wir die Mumie so bewahren, wie sie seit mehr als 3000 Jahren aussieht. Auswickeln hätte bedeutet, sie zu zerstören. Denn dann wäre auch das Innere unserer Luft ausgesetzt und Bakterien und die Luft würden die Mumie angreifen.

Die dreidimensionalen Scans enthüllten unter anderem neue Einbalsamierungstechniken, die bei Amenophis eingeführt wurden. So wurde er als erster altägyptischer König mit gekreuzten Armen einbalsamiert - als letztem Pharao wurde bei ihm nicht das Gehirn entfernt. Durch die Untersuchung hat der Pharao ein Gesicht bekommen. Nur sein Tod wird ein Rätsel bleiben.

Todesursache von Ramses III. geklärt

Nicht so wie bei Ramses III. - in diesem Fall konnte der deutsche Forscher Zink ein etwa 3000 Jahre altes Verbrechen aufklären: "Das war sehr spannend, denn wir konnten tatsächlich herausfinden, dass er ermordet worden ist, weil ihm quer die Kehle aufgeschnitten wurde. Der Hintergrund war eine Haremsverschwörung, in die eine seiner Frauen verwickelt war. Das ist schon fast ein Glücksfall, wenn man so etwas noch nachweisen kann."

Für den Forscher bleiben Mumien mit das Spannendste, das uns die Vergangenheit hinterlassen hat: Man könne einen unmittelbaren Einblick bekommen. Die Könige würden immer dargestellt, als wären sie frei von Problemen und Krankheiten, mit bester Ernährung - "und wenn man sich dann die Mumien anguckt, dann zeigt sich oft ein anderes, vielleicht das wirkliche Bild. Das finde ich sehr, sehr faszinierend."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete mdr Aktuell am 03. Januar 2022 um 11:53 Uhr.