Schriftzug des Weltwirtschaftsforums in Davos

Weltwirtschaftsforum beginnt Oxfam fordert mehr Steuern für Reiche

Stand: 23.05.2022 08:17 Uhr

Millionen Menschen könnten in diesem Jahr in die Armut abrutschen, während die Reichsten immer reicher werden, berichtet Oxfam und fordert höhere Steuern. Auch darum geht es beim Weltwirtschaftsforum, das heute in Davos startet.

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind die Reichsten der Welt nach Berechnungen der Organisation Oxfam noch reicher geworden. Das Vermögen von Milliardären sei um 42 Prozent gewachsen. Gleichzeitig sei weltweit mehr als eine Viertel Milliarde Menschen gefährdet, in diesem Jahr in extreme Armut abzurutschen. Zu diesem Ergebnis kommt die Organisation in ihrem Bericht zu den Profiteuren der globalen Krisen, den sie zur Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos vorstellt.

"Laut Habeck ist Deglobalisierung nicht das Gebot der Stunde", Rainald Becker, SWR, zum Weltwirtschaftsforum

tagesschau 12:00 Uhr

In dem Schweizer Alpenort treffen sich in dieser Woche fast 2500 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um über Lösungen für internationale Probleme zu diskutieren. Dabei geht es immer auch um die Balance zwischen wirtschaftlichem Profit und sozialer Gerechtigkeit. Die Tagung steht in diesem Jahr unter dem Motto "Geschichte an einem Wendepunkt: Regierungspolitik und Geschäftsstrategien". Im Fokus stehen mit dem Ukraine-Krieg, der Corona-Pandemie und dem Klimawandel gleich mehrere weltweite Krisen. Thematisiert werden unter anderem die Folgen des Kriegs auf Lieferketten, Energieversorgung und Nahrungsmittelsicherheit.

Oxfam verlangt stärkere Besteuerung von Reichen

Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam forderte angesichts wachsender Ungleichheit eine stärkere Besteuerung von Unternehmen und sehr hohen Vermögen. "Es ist nicht hinnehmbar, dass Konzerne und die dahinter stehenden Milliardärinnen und Milliardäre Rekordgewinne einfahren, während Millionen Menschen Mahlzeiten ausfallen lassen müssen, die Heizung abdrehen, mit ihren Rechnungen im Rückstand sind und sich fragen, was sie als nächstes tun können, um zu überleben", sagte Manuel Schmitt, Referent für soziale Ungleichheit bei Oxfam Deutschland.

Regierungen müssten dringend gegensteuern und Konzerne sowie Superreiche in die Pflicht nehmen. In Deutschland müsse die Vermögensteuer wieder eingeführt werden. Außerdem sei eine einmalige Abgabe auf sehr hohe Vermögen und eine Übergewinnsteuer für Konzerne angesagt.

Corona-Krise und Inflation vergrößern Armut

Laut Oxfam haben die Corona-Pandemie und steigende Preise für Energie und Lebensmittel Armut und soziale Ungleichheit zuletzt noch befeuert. Die Zahl der Milliardärinnen und Milliardäre sei seit 2020 um mehr als 570 auf 2668 gewachsen. Zusammen verfügten sie über ein Vermögen von 12,7 Billionen Dollar. Während der Pandemie sei es um 42 Prozent gewachsen und entspreche nun 13,9 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung. Allein Pharmakonzerne machten mit Impfstoffen einen Gewinn von über 1000 Dollar pro Sekunde und verlangten von den Regierungen bis zum 24-fachen des Herstellungspreises.

Gleichzeitig seien rund 260 Millionen Menschen gefährdet, wegen zunehmender Ungleichheit und steigender Lebensmittelpreise in Armut abzurutschen. Im vergangenen März habe es den größten Sprung der Lebensmittelpreise seit Beginn der Aufzeichnungen der Vereinten Nationen im Jahr 1990 gegeben.

Auch die Ungleichheit zwischen Staaten nehme wieder zu. Mehr als jedes zweite einkommensschwache Land könne seine Schulden bald nicht mehr zurückzahlen. "Derzeit ersticken einkommensschwache Länder unter ihrer Schuldenlast, und weltweit explodieren Ungleichheit und Armut", sagte Schmitt. Befeuert werden die steigenden Preise und auch die Schuldenproblematik derzeit durch den russischen Krieg in der Ukraine.

Davos im Zeichen des Krieges

Die Folgen des Krieges sollen auch das Weltwirtschaftsforum stark prägen - die dritte weltweite Krise neben der Corona-Pandemie und dem Klimawandel. Thematisiert werden unter anderem die Auswirkungen auf Lieferketten, Energieversorgung und Nahrungsmittelsicherheit. Die Auftaktrede in Davos hält heute der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der digital zugeschaltet wird. Später sind der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko und sein Bruder Wladimir zu Gast.

Bereits am Morgen spricht Wirtschaftsminister Robert Habeck in einer Diskussionsrunde darüber, wie Deutschland unabhängiger von russischer Energie werden will. Bundeskanzler Olaf Scholz wird am Donnerstag in Davos erwartet. Er ist bisher der einzige der G7-Regierungschefs, der eine Teilnahme zugesagt hat. Ebenfalls angekündigt sind Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und EZB-Präsidentin Christine Lagarde. Wegen des Krieges wird - anders als sonst üblich - keine russische Delegation an der Jahrestagung teilnehmen. Dafür sind zahlreiche ukrainische Politiker und Stiftungen vertreten.

Traditionell findet das Treffen des Weltwirtschaftsforums eigentlich Mitte Januar statt, wegen der Corona-Pandemie war es jedoch verschoben worden. Im Januar hatte die Stiftung stattdessen Führungskräfte digital zusammengebracht. Auch im vergangenen Jahr konnte das Weltwirtschaftsforum nur digital stattfinden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. Mai 2022 um 07:00 Uhr.