
Studie zu Folgen Handelskrieg träfe Russland hart
Ein langwieriger Handelskrieg mit den USA und ihren Verbündeten ist für die russische Wirtschaft mit hohen Kosten verbunden. Einer aktuellen Studie zufolge wären die Folgen für Russland weitaus gravierender als für den Westen. Wäre China der Profiteur?
Einer aktuellen Studie zufolge dürfte der Schaden für Russland durch einen langwierigen Handelskonflikt mit den USA und ihren Partnern erheblich sein: "Russland hat in einem Handelskrieg langfristig deutlich mehr zu verlieren als USA und Alliierte", lautet das Ergebnis einer Untersuchung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und des Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo). "Ein Handelskrieg zwischen Russland sowie den USA und ihren Verbündeten würde Russlands Wirtschaft langfristig empfindlich treffen", sagte IfW-Forscher Alexander Sandkamp.
Die russische Wirtschaftsleistung dürfte laut der Studie jährlich um knapp zehn Prozent niedriger ausfallen - verglichen mit einer Situation fortbestehender Handelsbeziehungen. Die westlichen Alliierten dürften zwar kurzfristig ebenfalls zum Teil stark betroffen sein.
Auf längere Sicht hätten sie aber insgesamt nur eine um jährlich 0,17 Prozent geringere Wirtschaftsleistung zu befürchten, zeigen Simulationsrechnungen mithilfe eines IfW-Handelsmodells. Simuliert wurde nach Angaben des Instituts ein völliger Stopp aller Importe und Exporte für die jeweilige Produktgruppe durch die westlichen Verbündeten.
"Kurzfristig keine politische Wirkung"
Der Grund für die ungleiche Verteilung der Kosten liegt nach Einschätzung der Experten vor allem in der geringen wirtschaftlichen Bedeutung Russlands im Vergleich zu den USA und den Verbündeten: Die Handelspartner seien in Bezug auf Im- und Exporte für Russland wichtiger als umgekehrt.
So war die EU im Jahr 2020 für 37,3 Prozent des russischen Außenhandels verantwortlich, umgekehrt finden aber lediglich 4,8 Prozent des Außenhandels der EU mit Russland statt. Würde dazu noch der intraeuropäische Handel berücksichtigt, wäre der Russland-Anteil nochmals deutlich geringer. Importbarrieren der westlichen Partner würden Russland stärker treffen als Exportbarrieren, schreiben die Ökonomen.
"Sanktionen zeigen kurzfristig meist wirtschaftliche, aber keine politische Wirkung", sagte Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr. "Halten sie lange an und sind umfassend, kann sich ihr politisches Wirkungspotenzial vergrößern." Nach einer Anpassungsphase im Welthandel werde Russland deutlich geschwächt dastehen. "Der Schaden für die Alliierten ist dagegen überschaubar", sagte Felbermayr.
Importüberschuss im Handel mit Russland
Allerdings seien die Kosten den Berechnungen zufolge auch bei den Alliierten sehr ungleich verteilt. Stärker betroffen wären demnach langfristig osteuropäische Länder wie Litauen (- 2,5 Prozent), Lettland (-2,0 Prozent) und Estland (-1,1 Prozent). Deutschland und Österreich müssten dagegen nur mit Verlusten von 0,4 Prozent beziehungsweise 0,3 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP) rechnen. Die USA sogar nur mit Verlusten von 0,04 Prozent.
Nach aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts wies Deutschland im Außenhandel mit Russland im Jahr 2021 aufgrund stark gestiegener Preise für Rohöl- und Erdgasimporte aber einen Importüberschuss in Höhe von 6,5 Milliarden Euro aus. 2021 wurden Erdöl und Erdgas im Wert von 19,4 Milliarden Euro aus Russland importiert. Das waren 58,7 Prozent aller Einfuhren aus Russland und 26,7 Prozent aller Erdöl- und Erdgaseinfuhren Deutschlands.
Im Jahr 2020 hatte Deutschland wegen des niedrigen Preisniveaus dieser Rohstoffe im ersten Corona-Jahr erstmals seit 1993 noch einen Exportüberschuss erzielt.
China nicht der große Gewinner
Wie bewerten die Fachleute die mögliche Rolle Chinas? Als Folge des Konflikts könnte Russland zwar seinen Handel mit Ländern wie China ausweiten und insbesondere mehr in diese Länder exportieren. 2020 gingen knapp 14,6 Prozent der russischen Exporte nach China, allerdings kamen nur knapp 2,8 Prozent der chinesischen Importe aus Russland.
Insgesamt würde sich das Realeinkommen in China daher im Modell lediglich um 0,02 Prozent jährlich erhöhen. "Wirtschaftlich wäre China also nicht der große Krisengewinner", so ein weiteres Fazit der Studie.