VW-Mitarbeiter demonstrieren für VW-Gesetz Proteste gegen Brüssel - und Zuffenhausen

Stand: 12.09.2008 10:41 Uhr

Zehntausende VW-Mitarbeiter demonstrieren zur Stunde in Wolfsburg für den Erhalt des VW-Gesetzes. Vor allem gegen die EU richteten sich die Proteste, sagt Betriebsratschef Osterloh. Aber zwischen den Zeilen wird klar: Auch Großaktionär Porsche, Hauptprofiteur einer Abschaffung, ist im Visier der VW'ler.

Von Michael Orth, NDR

In Wolfsburg hat eine Demonstration von rund 40.000 Volkswagen-Beschäftigten für den Erhalt des VW-Gesetzes begonnen. Es ist eine der größten Protestaktionen in der Geschichte des Konzerns, doch sie richte sich nicht gegen den neuen Großaktionär Porsche, versichert Betriebsratschef Bernd Osterloh: "Wir protestieren gegen die, die das VW-Gesetz zu Fall gebracht haben, und die jetzt schon wieder lauthals verkünden, dass der Neuentwurf, der ja noch gar kein Gesetz ist, auch gegen europäisches Recht verstößt."

Zum anderen richte sich die Demonstration aber auch gegen diejenigen, die sagten, sie seien für Mitbestimmung, die aber gleichzeitig versuchten, dieses Gesetz zu Fall zu bringen. Und einige von denen, räumt Osterloh dann auf Nachfrage ein, sitzen eben auch im VW-Aufsichtsrat. Auch wenn er keine Namen nennt, ist klar, wen er damit meint: Großaktionär Porsche mit Vorstandschef Wendelin Wiedeking an der Spitze.

"Da weht überwiegend der neoliberale Geist"

Aufgerufen zu der Demonstration auf dem VW-Werksgelände hat die IG Metall. Bezirksleiter Hartmut Meine hatte im Vorfeld die EU-Kommission aufgefordert, das von der Bundesregierung erarbeitete neue VW-Gesetz unangetastet zu lassen. Insbesondere der deutsche EU-Kommissar Günther Verheugen müsse sich zur Neuauflage des VW-Gesetzes bekennen, sagte Meine.

Doch bei der EU sitzen zuallererst die Gegner der VW-Belegschaft, glaubt jedenfalls Meines Kollege, der Sprecher der Wolfsburger IG Metall, Willi Dörr: "Wir wissen, dass wir in großen Teilen der EU-Kommission keine Freunde haben, was Mitbestimmungsregeln und Arbeitnehmerrechte anbelangt. Da weht überwiegend der neoliberale Geist. Dabei haben sowohl die Rechtsgutachten der Bundesregierung als auch unsere eigenen bestätigt, dass das jetzt vorgelegte VW-Gesetz europakonform ist."

Dieses neue VW-Gesetz soll die Sperrminorität des Landes Niedersachsen beim Autobauer zementieren. Sie liegt hier bei 20 Prozent, üblich sind sonst meist 25 Prozent, was bedeutet, dass gegen das Land keine wichtigen Beschlüsse in der Hauptversammlung gefasst werden können. Auch nicht von Porsche, selbst wenn die Stuttgarter irgendwann einmal die Mehrheit an VW haben sollten.

Verunsicherung bei der Belegschaft

Der Streit an der Spitze drückt auch auf die Stimmung in der Belegschaft. Die lässt im Vorfeld der Großdemonstration Verunsicherung erkennen: "Wir wissen nicht genau, was da auf uns zukommt" heißt es da, oder "unbefriedigend, weil keiner weiß, wo das jetzt alles hinführen soll."

Die Großdemonstration heute soll nur der Auftakt sein für eine regelrechte Kampagne für das VW-Gesetz. Bereits in anderthalb Wochen spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einer VW-Betriebsversammlung in Wolfsburg. Außerdem läuft eine Unterschriftensammlung in allen europäischen Werken. Sollte sich die EU-Kommission auch davon unbeeindruckt zeigen, schließt Betriebsrats-Chef Osterloh auch eine Demonstration von VW-Werkern am Kommissionssitz in Brüssel nicht aus. Was die Bauern mit ihren Treckern machen, kriegen wir auch hin, drohte er diese Woche vor Journalisten.