
Abgasskandal Vergleich für VW-Dieselkunden geplatzt
Stand: 14.02.2020 15:14 Uhr
VW hatte nach eigenen Angaben für Hunderttausende Kunden einen Vergleich von 830 Millionen Euro ausgehandelt. Jetzt sind die Verhandlungen geplatzt. Der Konzern gibt Verbraucherschützern die Schuld. Geld soll trotzdem fließen.
Die Verhandlungen über einen Vergleich für Hunderttausende VW-Dieselkunden sind geplatzt. Zuvor hatte sich der Konzern nach eigenen Angaben mit der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) auf Zahlungen für Hunderttausende VW-Kunden in Höhe von insgesamt 830 Millionen Euro geeinigt.
Diese Lösung sei daran gescheitert, dass die Anwälte der Verbraucherschützer bis zum Schluss auf eine Pauschalzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro für die Abwicklung des Vergleichs bestanden hätten, so Volkswagen. Der vzbv vertritt im Verfahren um die Musterfeststellungsklage Dieselfahrer, die Schadenersatz für ihre Fahrzeuge mit zu hohen Abgaswerten verlangen.
Abgasskandal: Vergleich zwischen VW und Dieselkunden ist gescheitert
tagesschau 20:00 Uhr, 14.02.2020, Jörg Ihßen, NDR
VW bietet Kunden selbst Entschädigung an
Der Konzern bot den betroffenen Kunden, die sich zur Musterfeststellungsklage angemeldet haben, auch ohne Beteiligung des vzbv einen Vergleich an. Der Vorstand habe in einer außerordentlichen Sitzung ein Vergleichspaket in Höhe von insgesamt bis zu 830 Millionen Euro beschlossen, teilte VW mit. "Wir haben von Beginn an gesagt, dass eine faire und praktikable Lösung für die Kunden im Vordergrund der Verhandlungen steht. Deshalb werden wir den Kunden den bereits ausgehandelten Vergleich anbieten." Das Scheitern der Vergleichsverhandlungen mit dem vzbv dürfe nicht zu Lasten der Kunden gehen.
Selbst nach einer zeitnahen Entscheidung des OLG Braunschweig und des Bundesgerichtshofs müssten die Kunden ihre behaupteten Ansprüche vor 115 Landgerichten in Deutschland geltend machen, erklärte der Chefjustiziar von Volkswagen, Manfred Döss. "Es würden weitere Jahre vergehen, bis individuelle rechtskräftige Urteile gesprochen würden." Dieser Kraftakt wäre für die deutsche Justiz nicht zu meistern.
Anspruchsberechtigte Kunden sollen daher bereits ab Ende März "unkompliziert und schnell das auf sie zugeschnittene Angebot für eine Einmalzahlung" erhalten, erklärte VW weiter. Interessierte könnten sich bis dahin in einen E-Mail-Newsletter eintragen, um vom Unternehmen auf dem Laufenden gehalten zu werden.
"Forderung ohne konkrete Leistungsnachweise"
Der Autokonzern teilte mit, es hätten keine ausreichend konkreten Nachweise vorgelegen, welche Leistungen der vzbv-Anwälte mit der geforderten Summe abgerechnet werden sollten. Eine Zahlung ohne einen ausreichend konkreten Leistungsnachweis oder ohne rechtlichen Grund sei für Volkswagen jedoch unmöglich.
Anfang Januar hatten VW und die Verbraucherschützer Verhandlungen begonnen, um sich außergerichtlich zu einigen. Beide Seiten nannten dabei "das gemeinsame Ziel einer pragmatischen Lösung im Sinne der Kunden". Lange hatte VW das skeptisch gesehen.
vzbv: Honorarforderungen waren von VW akzeptiert
Der vzbv gab hingegen Volkswagen die Schuld für die gescheiterten Verhandlungen. Die Gespräche seien geplatzt, weil VW kein "transparentes, vertrauenswürdiges und für die Verbraucher sicheres System der Abwicklung" ermöglichen wollte, teilte der Verband mit.
Am Vormittag habe VW noch ein Vergleichsangebot geschickt, "das für die Abwicklung eine Kostenübernahme von 50 Millionen vorsah". Eine Abwicklung durch die vzbv-Anwälte sei "nicht zwingend" gewesen. Nur wenige Minuten später habe man aus den Medien vom Abbruch der Verhandlungen erfahren.
Der Verband werde das Musterfeststellungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig weiter betreiben. "Wir kämpfen weiter vor Gericht für eine gute Lösung für den Verbraucher", sagte vzbv-Chef Klaus Müller.
Gerichtsverfahren läuft seit September
VW und vzbv streiten seit Ende September vor dem Oberlandesgericht Braunschweig über Entschädigungen für vom Dieselskandal betroffene Autobesitzer. Der Musterfeststellungsklage haben sich etwa 440.000 VW-Kunden angeschlossen.
Die Verbraucherschützer wollen gerichtlich feststellen lassen, dass der Autokonzern Dieselkäufer vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt hat und deshalb Schadenersatz zahlen muss. VW hatte im September 2015 eingeräumt, weltweit in Millionen Fahrzeugen seiner Marken eine illegale Software eingebaut zu haben. Diese ließ den Ausstoß von Stickoxiden nur auf dem Prüfstand sinken, nicht aber im täglichen Straßenverkehr.
VW bestreitet Wertverlust
Volkswagen argumentierte stets, dass die Kunden keinen Schaden erlitten hätten, da nach Software-Updates alle Fahrzeuge im Verkehr genutzt werden könnten und sicher seien. Mehrere Gutachten hätten zudem bestätigt, dass die Fahrzeuge keinen Wertverlust aufgrund der Dieselthematik erlitten hätten.
Bereits bei der zweiten Verhandlung Mitte November legte das OLG den Streitparteien einen Vergleich nahe - Volkswagen willigte Anfang Januar in Verhandlungen darüber ein.
Vergleich für VW-Diesel-Kunden geplatzt
Panajotis Gavrilis, DLF
14.02.2020 14:23 Uhr
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