
Naturkatastrophen und Inflation Verbrauchern drohen teurere Versicherungen
Die Deutschen müssen sich künftig auf höhere Beiträge für ihre Versicherungen einstellen. Grund sind die Inflation auf Rekordniveau und die wachsenden Schäden durch Naturkatastrophen.
Die Verbraucher in Deutschland müssen damit rechnen, für ihre Versicherungen demnächst tiefer in die Tasche greifen zu müssen. Angesichts hoher Großschäden und der Rekordinflation hat der weltweit drittgrößte Rückversicherer Hannover Rück angekündigt, hierzulande deutlich an der Preisschraube zu drehen. Das dürfte sich direkt auf die Höhe der Beiträge auswirken, die Versicherungen von ihren Kunden kassieren, denn Rückversicherer sind gewissermaßen die Versicherung einer Versicherung. Auch die Finanzaufsicht BaFin ermahnte die Versicherer, sich an eine längerfristig höhere Teuerung anzupassen.
Preiserhöhungen "unverzichtbar"
"Während uns allen die Bilder der verheerenden Flutkatastrophe des vergangenen Jahres immer noch sehr präsent sind, zeigen Winterstürme, Dürren und Waldbrände in diesem Jahr, dass Naturkatastrophen in Europa zunehmen", sagte der Deutschlandchef von Hannover Rück, Michael Pickel, laut Mitteilung anlässlich des heutigen Branchentreffens in Baden-Baden. "All dies macht weitere Preiserhöhungen sowohl in der Erst- als auch in der Rückversicherung unverzichtbar."
Im Mittel seien bei Kfz-Versicherungen Tariferhöhungen im zweistelligen Prozentbereich erforderlich, hieß es in einer Präsentation der Deutschlandtochter E+S Rück. Als größter Kfz-Rückversicherer in Deutschland hat die E+S Rück einen besonders guten Einblick in die Tarifgestaltung von Erstversicherern wie Huk Coburg und Allianz. Anders als Vergleichsportale wie Verivox und Check24 bezieht sich das Unternehmen bei seiner Prognose nicht nur auf Neuabschlüsse, sondern auch auf bestehende Verträge. Dabei dürften die Erhöhungen in der Kfz-Haftpflicht und der Vollkasko ähnlich hoch ausfallen, in der Teilkasko etwas niedriger.
Als Gründe für die Prämienerhöhungen führt der Rückversicherer gestiegene Kosten für Ersatzteile und Reparaturen an. Ohne "kräftige Tarifanpassungen" dürften die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb die Prämieneinnahmen der Branche im Kfz-Geschäft im kommenden Jahr deutlich übersteigen, hieß es in der Präsentation weiter. Auch der Sanierungsdruck im Industrie- und Gewerbegeschäft halte an. Außerdem nähmen Schäden durch Cyber-Attacken auf Computersysteme zu.
BaFin empfiehlt Versicherern teurere Tarife
Die Finanzaufsicht BaFin hat die Versicherer derweil aufgefordert, sich auf längerfristig höhere Inflationsraten einzustellen. "Daran führt kein Weg vorbei", schrieb der oberste BaFin-Versicherungsaufseher Frank Grund in der heute veröffentlichten jüngsten Ausgabe des BaFin-Journals. Es sei unvermeidlich, dass die gestiegene Inflation im nächsten Jahr höhere Beiträge in der Schaden- und Unfallversicherung zur Folge haben werde. "Und zwar sowohl im Neugeschäft als auch im Bestand", fügte er hinzu. Aus Sicht der Aufsicht sollten Versicherer bei der Prämienqualität keine Abstriche machen.
Die Bundesbank rechnet damit, dass die Inflation in Deutschland in den nächsten Monaten zweistellig bleiben wird. Im September waren die Verbraucherpreise mit 10,0 Prozent so stark gestiegen wie seit 1951 nicht mehr. Für das Gesamtjahr rechnet die Bundesbank mit einer Teuerungsrate von über acht Prozent. Ihre Inflationsprognose für 2023 hatte sie erst kürzlich nach oben geschraubt. Sie geht inzwischen davon aus, dass die Teuerung dann im Durchschnitt noch bei über sieben Prozent liegen wird.
Krankenversicherung vorerst unverändert?
Bei den Krankenversicherern sieht die Lage nach Einschätzung von Grund derzeit etwas anders aus: "Hier sehen wir zurzeit noch keine besondere medizinische Inflation." Das könne sich aber schnell ändern, wenn zunehmende Kosten der Leistungsbringer und höhere Produktionskosten für Medikamente die Aufwendungen steigen lassen. "Die Branche wird dies sicherlich durch Beitragsanpassungen an ihre Kunden weitergeben können beziehungsweise müssen, aber erst mit der üblichen Zeitverzögerung", führte der Aufseher aus.
Zuletzt hatte der GKV-Schätzkreis von großen Finanzreserven der Krankenkassen berichtet und damit gesetzlich Versicherten Hoffnung gemacht, dass die geplante Anhebung der Zusatzbeträge geringer ausfallen könnte. Zusätzlich zum gesetzlich festgeschriebenen allgemeinen Beitragssatz von derzeit 14,6 Prozent können die gesetzlichen Krankenkassen einen Zusatzbeitrag erheben. Dessen Höhe wird von jeder Kasse selbst festgelegt. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wird als Rechengröße vom Bundesgesundheitsministerium per Verordnung festgesetzt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach war im Juli von einer Erhöhung auf 1,6 Prozent ausgegangen.