
Verivox-Berechnungen Stromnetzgebühren steigen deutlich
Die sogenannten Netznutzungsentgelte steigen im kommenden Jahr um mehr als 20 Prozent und damit so stark wie noch nie. Dadurch erhöhen sich auch die Stromkosten. Regional gibt es große Unterschiede.
Verbraucher in Deutschland müssen 2023 nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox mit zusätzlichen Belastungen beim Strompreis rechnen. Die sogenannten Netznutzungsentgelte steigen im kommenden Jahr bundesweit um durchschnittlich 20,4 Prozent - so stark wie nie, wie das Unternehmen nach Auswertung der Daten für 67 Prozent aller Haushaltskunden mitteilte.
Verivox hat nach eigenen Angaben die vorläufigen Netzentgelte für das Jahr 2023 untersucht, die von den Netzbetreibern Mitte Oktober veröffentlicht werden. Bei einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden liegen die Netzkosten 2023 danach bundesweit voraussichtlich bei 367 Euro netto. Das entspreche einem Preisanstieg von 62 Euro pro Jahr.
Netzentgelte werden reguliert
Netzentgelte sind nach Angaben der Bundesnetzagentur eine Art Porto für den Stromtransport. Sie setzen sich aus den Kosten für die großen Übertragungsleitungen sowie für die örtlichen Verteilnetze zusammen und werden vom Anschlussnetzbetreiber erhoben. Enthalten sind allerdings auch die Kosten aller vorgelagerten Netzebenen. Der Anteil der Netzentgelte am Strompreis für Haushaltskunden liegt 2022 im Schnitt nach Branchenangaben bei gut 20 Prozent, kann aber regional stark variieren.
Die Gebühren können sich nicht im freien Wettbewerb bilden, weil Stromnetze natürliche Monopole sind. Daher werden die Preise reguliert und müssen vom jeweiligen Netzbetreiber im Internet veröffentlicht werden. Die Netzentgelte basieren auf den durch die Regulierungsbehörden festgelegten zulässigen Erlösobergrenzen, die sich aus den geprüften Kosten für Betrieb, Unterhaltung und Ausbau des Netzes zuzüglich eines regulatorischen Gewinns sowie jährlichen Anpassungen ergeben. Die regulierten Bestandteile - neben den Netzentgelten auch die Entgelte für Messung und Messstellenbetrieb - machen für Verbraucher etwa ein Viertel des Strompreises aus.
Der Bund will im Zuge des dritten Entlastungspaketes in einem ersten Schritt mit einem Zuschuss von knapp 13 Milliarden Euro die Gebühren von Haushalten und Industrie für die Nutzung der großen Übertragungsnetze stabilisieren. Bei der Verivox-Erhebung geht es den Angaben zufolge um die Entgelte der örtlichen, kleineren Verteilnetze, die Haushalte prozentual stärker treffen als die Industrie.
Regional unterschiedliche Belastungen
Verbraucher würden regional unterschiedlich stark von den Netznutzungsentgelten belastet, heißt es bei Verivox. Den stärksten Anstieg gebe es in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von 52 Prozent. Das entspreche einer jährlichen Mehrbelastung von 208 Euro. In Brandenburg steigen die Stromnetzgebühren den Angaben zufolge um 48 Prozent (plus 182 Euro), in Berlin um 30 Prozent (plus 79 Euro). Am geringsten falle die Belastung in Bremen (plus vier Prozentpunkte), Thüringen (neun Prozentpunkte) und Baden-Württemberg (zehn Prozentpunkte) aus.
"Auch bei den Netzentgelten kommt die Energiekrise an. Durch die explodierenden Großmarktpreise sind auch die Kosten für Netzverluste beim Stromtransport deutlich gestiegen", sagte Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox. "Zudem steigen die vorgelagerten Übertragungsnetzentgelte im kommenden Jahr an." Innerhalb der vergangenen 15 Jahre seien die Gebühren um insgesamt 68 Prozent nach oben geklettert.
"Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet das weiter steigende Strompreise," so Storck. Eine dreiköpfige Familie zahlt nach den Verivox-Berechnungen im Oktober für 4000 Kilowattstunden Strom 2153 Euro pro Jahr. Mit den steigenden Netzgebühren erhöhen sich die Kosten den Angaben zufolge im kommenden Jahr rein rechnerisch auf 2227 Euro. "Der Staat muss dringend die bereits angekündigte Strompreisbremse auf den Weg bringen, um Haushalte in der Energiekrise weiter zu entlasten."
Verweis auf Schwankungen bei Verbrauch und Erzeugung
Auch Check24 hatte zu Wochenbeginn von steigenden Nutzungsentgelten für das Stromnetz berichtet. Die Tendenz dieser Gebühren zeigt nach Angaben des Vergleichsportals mit einem Plus von 20 Prozentpunkten deutlich nach oben. Ein Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 kWh Strom zahlte 2022 durchschnittlich 438 Euro für die Netznutzung, im kommenden Jahr werden es voraussichtlich 525 Euro sein. "Das liegt daran, dass es diesen Winter für die Netzbetreiber teurer werden könnte, die Netze stabil zu halten, sollte es zu starken Schwankungen im Stromverbrauch und -erzeugung kommen", sagte Steffen Suttner, Geschäftsführer Energie bei Check24.
Generell liege der Börsenstrompreis, auch wenn er zuletzt etwas gesunken sei, mit 152 Euro pro Megawattstunde wegen der hohen Gaspreise weiter auf Rekordniveau. Der durchschnittliche Strompreis für Verbraucher stieg im Oktober im Vergleich zum Vormonat leicht. Ein Musterhaushalt (5000 kWh) zahlt Check24 zufolge im Schnitt 2187 Euro jährlich für Strom. Das entspricht einem durchschnittlichen Preis von 43,7 Cent pro kWh. Im Vorjahresmonat waren es noch 1556 Euro.