
Entlastung für Autofahrer Wie der Tankrabatt funktionieren soll
Vom 1. Juni an will die Bundesregierung die Energiesteuer auf Spritpreise senken und damit Autofahrer entlasten. Nun hat der Bundestag über das Thema beraten. Die Antworten auf einige Fragen.
Als Reaktion auf die hohen Spritpreise will die Bundesregierung mit ihrem Entlastungspaket auch die Autofahrer in Deutschland entlasten. Erstmals hat der Bundestag heute über das Vorhaben der Ampel-Koalition, die Energiesteuer zeitlich befristet zu senken, beraten.
Wo liegen die Spritpreise derzeit?
Seit Beginn des Ukraine-Kriegs haben die Preise an den Tankstellen hierzulande drastische Schwankungen erlebt und waren zeitweise so teuer wie noch nie. Bis Mitte März verteuerte sich Super E10 nach ADAC-Angaben um etwa 45 Cent pro Liter auf bis zu 2,19 Euro. Für einen Liter Diesel mussten Autofahrer in der Spitze sogar 2,29 Euro und damit rund 65 Cent mehr bezahlen.
Anders ausgedrückt: Bei einer Tankfüllung von 50 Litern Super E10 bedeutete das eine Preissteigerung von knapp 23 Euro, bei Diesel über 32 Euro. Seit diesen Höchstständen haben Benzin und Diesel bis Mitte April zwar wieder rund die Hälfte ihres Zuwachses abgegeben - ein nachhaltiger Rückgang scheint aber dennoch nicht in Sicht.
Denn laut ADAC kostet ein Liter Super E10 im bundesweiten Mittel mittlerweile wieder über zwei Euro - Tendenz steigend. Auch für einen Liter Diesel müssen Autofahrer aktuell im Schnitt 2,029 Euro bezahlen. Nach Daten der EU-Kommission sind die Spritpreise seit dem russischen Angriff nirgendwo in der EU stärker gestiegen als in Deutschland. Sie liegen weiter deutlich über dem Vorjahresniveau.
Was hat es mit dem Tankrabatt auf sich?
Nach den Plänen der Bundesregierung soll die Energiesteuer vom 1. Juni an für drei Monate auf das europäische Mindestmaß reduziert werden. Nach den Berechnungen von SPD, Grüne und FDP würde dadurch Benzin um 29,55 Cent pro Liter günstiger werden. Bei einem Liter Diesel würden Autofahrer immerhin 14,04 Cent sparen. Hochgerechnet wären das bei 50 Litern fast 15 Euro beziehungsweise sieben Euro pro Tankfüllung.
Woraus setzt sich der Spritpreis zusammen?
Die Preise an der Tankstelle setzen sich aus mehreren Komponenten zusammen. Zum einen bestimmen Marktkräfte, wie tief Autofahrer in die Tasche greifen müssen. Ein wichtiger Faktor sind die Einkaufspreise von Benzin und Diesel, die von den Rohstoffpreisen und damit auch der Konjunktur oder der politischen Lage abhängen. Auch der Dollarkurs ist wichtig: Da Öl weltweit fast ausschließlich in der US-Währung gehandelt wird, gehen die Preise an der Zapfsäule nach oben, wenn der Kurs im Verhältnis zum Euro steigt.
Dazu kommt der Deckungsbetrag, der die Kosten für Transport, Lagerung oder Weiterverarbeitung sowie den Gewinn der Mineralölkonzerne umfasst. Außerdem beinhaltet er die CO2-Steuer, die zu Jahresbeginn erneut erhöht wurde. Auch der Wettbewerb zwischen den Tankstellenbetreibern wie Aral, Shell oder Jet spielt eine Rolle.
Zum anderen geht ein großer Teil der Spritpreise an den Staat: Dem ADAC zufolge landen beim Benzin rund 48 Prozent der Tankrechnung in den öffentlichen Kassen, bei Diesel sind es etwa 39 Prozent. Die Energiesteuer beträgt derzeit 65,45 Cent für einen Liter Benzin und 47,04 Cent für einen Liter Diesel. Daneben fällt noch die Mehrwertsteuer (19 Prozent vom Verkaufspreis) an.
Wie soll das Ganze abgewickelt werden?
Die Bundesregierung zielt mit ihrer Maßnahme auf die Energiesteuer als Verbrauchsteuer ab. Als indirekte Steuer ist sie darauf angelegt, dass sie von den Steuerpflichtigen - also den Tankstellenbetreibern - grundsätzlich auf die Verbraucher abgewälzt wird. Eine temporäre Steuersenkung hat laut der Ampel-Koalition zur Folge, dass eine vollständige Weitergabe an die Verbraucher auch eine entsprechende Preissenkung und damit Entlastung für die Bürger sowie die Wirtschaft ermöglicht.
Sie rechnet damit, dass die Preise an den Zapfsäulen allerdings nicht sofort ab dem 1. Juni fallen werden, sondern erst mit einer Verzögerung von einigen Tagen. Die für drei Monate befristete Steuersenkung wird den Staat nach eigenen Angaben 3,15 Milliarden Euro kosten. Gleichzeitig mit der Reduzierung bis Ende August soll auch das Neun-Euro-Ticket im Nahverkehr wirken.
Der ADAC erwartet für die ersten Juni-Tage einen Ansturm auf die Zapfsäulen. Teilweise könne es zu längeren Wartezeiten und Schlangen an den Tankstellen kommen. Wer dem entgehen will, sollte nicht mit dem letzten Tropfen Kraftstoff unterwegs sein, um flexibler auf die Situation an den Tankstellen reagieren zu können, rät der Automobilclub.
Gibt es Kritik an den Plänen?
Kritik am Tankrabatt gibt es von vielen Seiten. Die Opposition betonte heute im Bundestag, dass die angefachte Preiskrise länger dauern werde als die drei Monate. Die Union forderte daher eine deutlich längere Senkung der Energiesteuer für zwei Jahre. Auch der Zeitraum sei wegen der Urlaubszeit ungünstig gewählt. Die Linke hält die Pläne ebenfalls für zu kurz gesprungen. Die Energiesteuer müsse komplett ausgesetzt werden, "solange die Preise auf inakzeptabel hohem Niveau liegen", sagte jüngst Fraktionssprecher Dietmar Bartsch. Des Weiteren sei die Bundesregierung in der Pflicht, die "Preistreiberei" und "Mitnahmementalität" der Ölkonzerne zu stoppen.
Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), kritisierte, dass die Entlastung unabhängig von Bedürftigkeit erfolge. Zudem sei nicht sichergestellt, dass die Steuerentlastung tatsächlich beim Verbraucher ankomme. Wirtschaftsweise Achim Truger nannte die Senkung der Mineralölsteuer "unter Anreizaspekten schädlich und wenig zielgenau". "Da hat sich die FDP durchgesetzt, die damit offenbar für den Verzicht auf den Tankrabatt entschädigt wurde", sagte er kürzlich.
Im März hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) einen staatlichen pauschalen Tankzuschuss vorgeschlagen, der für mächtig Aufruhr gesorgt hatte - auch bei führenden Ökonomen. Gutverdienende könnten stärker profitieren, weil sie mehr Autos besitzen und weitere Strecken fahren würden. Darüber hinaus vergünstige ein Tankrabatt fossile Energieträger und konterkariere den Klimaschutz. "Wir brauchen den dämpfenden Effekt hoher Preise auf die Nachfrage", betonte etwa Veronika Grimm, Mitglied im Wirtschafts-Sachverständigenrat der Bundesregierung.
Beeinflussen hohe Preise wirklich das Fahrverhalten?
Tatsächlich verzichtet im Vergleich zum Jahresbeginn laut einer ADAC-Umfrage von Ende April jeder zweite Deutsche gelegentlich auf das Auto, um Energie und Geld zu sparen. Nur knapp ein Viertel der mehr als 1000 Befragten gab an, überhaupt nichts zu ändern.
Angesichts des Ukraine-Kriegs hat der Automobilclub zuletzt seine rund 21 Millionen Mitglieder zum Spritsparen aufgerufen. Sie sollten prüfen, ob sie vermehrt den öffentlichen Nahverkehr oder das Rat nutzen sowie spritsparend fahren könnten, heißt es in einem offenen Brief der Präsidiumsmitglieder Christian Reinicke und Gerhard Hillebrand. Neben dem Ziel, die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energieimporten zu reduzieren, könnte eine sinkende Nachfrage auch dämpfende Auswirkungen auf die Spritpreise haben.
Welche Tipps gibt der ADAC?
In der Umfrage gaben 60 Prozent der ADAC-Mitglieder an, es sei ihnen gelungen, durch spritsparende Fahrweise den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren. Um den Ausstoß von Diesel und Benzin zu senken, schlagen die Experten eine Reihe von Maßnahmen vor - etwa die Geschwindigkeit. Wichtig sei aber auch vorausschauendes und gleichmäßiges Fahren. Dadurch lasse sich der Verbrauch um bis zu 20 Prozent senken.
Die Fachleute haben außerdem Tipps parat, um an den Zapfsäulen zu sparen: durch die Wahl der günstigsten Tankstelle sowie des richtigen Tankzeitpunkts. Autofahrer sollten vor dem Tanken die Spritpreise vergleichen. Wer zum Beispiel an einer der Autobahntankstelle tankt, zahle meist über 20 Cent je Liter mehr.
Darüber hinaus gibt es im Tagesverlauf deutliche Preisunterschiede. Am günstigsten ist Kraftstoff laut einer aktuellen ADAC-Studie in der Regel zwischen 18 und 19 sowie zwischen 20 und 22 Uhr. Allein dadurch ließen sich bis zu sieben Cent je Liter sparen.