Ein Domschweizer sammelt während des Gottesdienstes im Kölner Dom die Kollekte ein

Spenden zu Weihnachten Karge Kollekten in den Kirchen

Stand: 29.12.2020 14:44 Uhr

Nicht nur die Kirchen waren Weihnachten oft leer. Auch in den Kollektenkörbchen landete viel weniger als sonst. Die kirchlichen Hilfswerke befürchten einen dramatischen Spenden-Einbruch - zu Lasten armer Länder.

Von Von Katja Sodomann, HR

Fuldas Stadtpfarrer Stefan Buß blickt mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf die Weihnachtstage zurück. Er ist froh, dass in seiner katholischen Pfarrei die Gottesdienste feierlich und allesamt ausgebucht waren - wenn auch Corona-bedingt ziemlich leer. In seine Stadtpfarrkirche durften pro Messe nur 120 statt sonst 600 Besucher, in den Dom 150 statt 1000. Der Wermutstropfen : Ähnlich leer blieben die Kollektenkörbchen.

Nie wird mehr gespendet als an Weihnachten. In der Christmette klimpert nicht nur das Kleingeld, da rascheln die großen Scheine im Klingelbeutel. Normalerweise kommen in der Stadtpfarrei, zu der auch die Domgemeinde gehört, an den Weihnachtstagen 12.000 bis 15.000 Euro zusammen. "Dieses Jahr sind es 86 Prozent weniger. Noch ist nicht alles ausgezählt, aber es werden wohl nur 1700 bis 2100 Euro sein", rechnet Buß vor.

Weniger Geld für Obdachlose

Das ist für den Pfarrer ein trauriger Abschluss eines Jahres mit halbleeren Klingelbeuteln. 2020 gingen auch die Sonntagskollekten in seiner Pfarrei um 75 Prozent zurück. "Heute freuen wir uns schon über 40 Euro pro Gottesdienst, sonst sind es um die 400 Euro. Die Kirchen sind leerer, und vor Corona wurden die Körbchen durch die Reihen gereicht. Jetzt stehen sie am Ausgang und werden leichter übersehen."

Das macht sich bemerkbar: Die dringend nötige Erneuerung der Kirchenbeleuchtung fiel aus. Und auch für Obdachlose sei weniger Geld da, zum Beispiel für den Food Truck, der täglich Essen verteilt.

Rückgang bei Weihnachtskollekte trifft Projekte in armen Ländern

Die Weihnachtskollekte bleibt nicht in Fulda. Sie geht wie bei allen katholischen Gemeinden an das Hilfswerk Adveniat, das sich für die Landbevölkerung in Lateinamerika einsetzt. Adveniat finanziert sich zu 95 Prozent aus Spenden. Die Weihnachtskollekte macht rund die Hälfte der Gesamteinnahmen aus. 2019 waren das 23,4 Millionen Euro.

Dieses Jahr befürchtet Hauptgeschäftsführer Pater Michael Heinz einen Einbruch um weit mehr als die Hälfte, weil weniger Menschen in die Kirchen durften und viele Gemeinden komplett auf Präsenzgottesdienste verzichteten.

Überweisung statt Bares

Hilfswerk und Gemeinden haben deshalb schon im Verlauf des Jahres verstärkt zu Spenden aufgerufen. Mit Erfolg: Per Überweisung oder Online-Spende kamen 2020 bislang 3,7 Millionen Euro mehr zusammen als 2019. "Aber diese Steigerungen werden die zu erwartenden Verluste bei Weitem nicht wettmachen", befürchtet Pater Michael Heinz. "Wir werden Projekte kürzen müssen. Das ist schmerzhaft, schließlich schlägt die Corona-Pandemie gerade in Lateinamerika mit voller Wucht zu. Eigentlich müssten wir in dieser Situation noch stärker helfen als sonst."

Deshalb ruft Adveniat weiter zum Spenden auf - genauso wie das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt, das sich dieses Jahr vor allem um Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika kümmert, die durch Corona ihre Lebensgrundlage verloren haben. Für Brot für die Welt sammeln an Weihnachten die evangelischen Gemeinden. 2019 kamen dabei gut 32 Millionen Euro zusammen. Auch bei Brot für die Welt gingen im Verlauf dieses Jahres mehr Spenden auf dem Konto ein als sonst.

Gottesdienst per Livestream

Genaue Summen zu Spenden und Weihnachtskollekte kann Pfarrerin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der evangelischen Hilfswerke Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe, noch nicht nennen. Sie ist aber pessimistisch: "Ob die Spenden die Lücke auch nur halbwegs füllen können, die dadurch entstanden ist, dass Weihnachten viele Gottesdienste und damit die großen traditionellen Weihnachtskollekten für Brot für die Welt ausgefallen sind, lässt sich zwar noch nicht absehen, ist aber doch sehr zu befürchten."  

Ihre Befürchtungen sind begründet, wie ein Blick dorthin zeigt, wo die Spenden schon ausgezählt wurden: Im hessischen Langen gab es dieses Jahr den Heiligabend-Gottesdienst nur als Livestream im Internet. So blieben die Klingelbeutel in den Kirchen der vier evangelischen Gemeinden leer. Gespendet wurde trotzdem: 923 Euro - per Überweisung oder Briefumschlag im Gemeindepostkasten.

"Die Kollekte kann in den nächsten Tagen steigen, wenn Überweisungen von Spendern eingegangen sind, die sich durch die Aufrufe in den Streaming-Gottesdiensten angesprochen gefühlt haben", hofft Pfarrer Stefan Krebs, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Das werde aber kaum so viel sein wie vergangenes Jahr, als Heiligabend 10.583 Euro in den Klingelbeuteln landeten.

Hoffnung auf nachweihnachtliche Spenden

Spendenaufrufe wirken online weniger als direkt in der Kirche, ist Krebs überzeugt. Er erzählt von Heiligabend in Egelsbach, einem Nachbardorf von Langen: Sonst besuchen 1300 Menschen die Christvespern. Den diesjährigen Livestream mit Spendenaufruf haben 2120 angeklickt, fast doppelt so viele. Gespendet haben sie aber nur halb so viel: rund 2500 statt sonst 5000 Euro.

Während Adveniat und Brot für die Welt noch auf ein paar nachweihnachtliche Überweisungen hoffen, droht schon der nächste Spendeneinbruch: Die Sternsinger dürfen zu Jahresbeginn nicht von Tür zu Tür ziehen. Segenspost und ein Online-Video mit Spendenaufruf - so sieht die Corona-Alternative aus. Schwer vorstellbar, dass das so wirkungsvoll ist, wie Kinder, die persönlich mit Liedern um Spenden für bedürftige Kinder bitten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 23. Dezember 2020 um 06:45 Uhr.