Gelände des Erdgasspeichers Rehden.
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Entspannung am Energiemarkt Warum die Gaspreise fallen

Stand: 11.05.2023 08:16 Uhr

Die Gaspreise in Europa sind inzwischen niedriger als vor Russlands Angriff auf die Ukraine - unter anderem, weil viel Energie eingespart wurde. Doch vor dem nächsten Winter könnte sich die Lage nochmals ändern.

Monatelang bereiteten die Gaspreise in Europa große Sorgen, bedingt durch den weitestgehenden Ausfall der russischen Gaslieferungen. Doch seit September vergangenen Jahres zeigt sich eine Trendwende: Die Preise an den Energiebörsen sind deutlich gesunken und liegen nun sogar unter dem Niveau vor Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine.

Nach einer Preisspitze im Herbst 2022 von rund 280 Euro pro Megawattstunde (MWh) im TTF-Kontrakt, der als Benchmark für den europäischen Gaspreis gilt, liegen die Preise nun bei rund 40 Euro pro MWh. Das ist sogar weniger als im Februar 2022, als der Ukraine-Krieg begann. Günstiger war europäisches Erdgas zuletzt im August 2021.

Die Entwicklung der Gaspreise auf dem Weltmarkt bringt auch für Verbraucher eine spürbare Erleichterung. Im vergangenen Herbst erreichten die Preise für Neukunden laut Vergleichsportal Verivox mit gut 40 Cent pro Kilowattstunde (kWh) ihren Höhepunkt. Seitdem sind sie jedoch rückläufig und liegen derzeit im Durchschnitt bei 10,3 Cent pro kWh.

Speicher gleichen Schwankungen aus

Experten zufolge gibt es mehrere Gründe, die zu dem Rückgang der Gaspreise beigetragen haben. Insbesondere gut gefüllte Erdgasspeicher spielten eine wichtige Rolle, da sie Schwankungen im Gasverbrauch erfolgreich ausgleichen konnten. Zudem spielte die milde Witterung eine Rolle.

Außerdem haben Einsparungen in Industrie, Gewerbe, Kraftwerken und Haushalten zu einem spürbaren Rückgang der Gaspreise beigetragen. Gemeinsam führten diese Faktoren dazu, dass sowohl Großmarkt- als auch Endverbraucherpreise deutlich gesenkt werden konnten.

Welche Rolle LNG-Importe spielen

Eine entscheidende Rolle für die Preise spielten auch die gestiegenen Lieferungen von regasifiziertem Flüssigerdgas (LNG) aus Belgien und den Niederlanden, wie Ralph Solveen, stellvertretender Chefvolkswirt der Commerzbank, betont.

Die Inbetriebnahme der deutschen LNG-Terminals habe zwar auch geholfen, doch die Terminals spielten bisher noch keine entscheidende Rolle spielen, so der Experte. Seit April befindet sich das dritte Terminal in Brunsbüttel im Regelbetrieb, ergänzend zu den Terminals in Wilhelmshaven und Lubmin.

"Während das Terminal in Wilhelmshaven bereits weitgehend ausgelastet ist, besteht bei den beiden anderen Terminals, insbesondere in Lubmin, noch beträchtliches Potenzial nach oben", so Solveen.

Preisbremse zur Entlastung der Verbraucher

Um die Verbraucher direkt zu entlasten, haben Bund und Länder Maßnahmen ergriffen. Seit März 2023 ist die Gaspreisbremse in Kraft, die den Gaspreis für private Haushalte auf zwölf Cent pro kWh deckelt.

Allerdings gilt diese Begrenzung nur für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Für den restlichen Verbrauch müssen die Kunden den vollen Vertragspreis zahlen.

Nachfrage aus China beeinflusst Weltmarkt

Trotz der derzeitigen Entspannung auf dem Gasmarkt gibt es Gründe dafür, dass die Preise in Zukunft wieder steigen könnten. "Die LNG-Importe waren auch deshalb so günstig, weil Chinas Wirtschaft schwächelte und damit deren Nachfrage nach LNG", erklärt Solveen.

Mit der Erholung der chinesischen Wirtschaft steige die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Nachfrage nach LNG erhöhe und somit auch der Preis auf dem Weltmarkt anziehe. Dadurch könnte auch das Angebot knapper werden.

Wird weniger Gas eingespart?

Ein weiterer Punkt: Es sei bereits erkennbar, dass aufgrund der gesunkenen Preise sowohl Unternehmen als auch Haushalte weniger einsparen. Dies könne im kommenden Winter zu Problemen führen. Positiv zu werten sei aber, dass bei den deutschen LNG-Terminals noch Kapazitätsreserven vorhanden seien und gegen Ende des Jahres weitere Terminals in Betrieb gehen sollen.

"Der größte Unsicherheitsfaktor ist das Wetter", betont Solveen. Bei einem kälteren Winter steige der Gasverbrauch. Ohne zusätzliche Einsparungen könnte es dann knapp werden.

Die gesunkenen Gaspreise sind eine Erleichterung für private Verbraucher und Unternehmen. Doch wirklich stabil ist die Lage auf dem Energiemarkt noch nicht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 23. Januar 2023 um 20:15 Uhr und am 01. März 2023 um 06:40 Uhr.