Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)

DIW-Präsident Fratzscher Inflation könnte Wirtschaft schwächen

Stand: 19.04.2022 15:47 Uhr

Um den Konsum trotz der hohen Inflation aufrechtzuerhalten, müssten auch die Löhne steigen, fordert DIW-Präsident Fratzscher. Sonst könnten Arbeitslosigkeit und schwaches Wachstum die Folge sein.

Um den Konsum weiterhin aufrechterhalten zu können, müssten laut Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), auch die Löhne steigen. Als Ausgleich für die stark gestiegenen Preise sei das "absolut notwendig", sagte Fratzscher im Deutschlandfunk: "Denn wenn das nicht passiert, dann werden die Unternehmen Schwierigkeiten bekommen, die Arbeitslosigkeit wird steigen, und dann kommen wir in eine Spirale aus immer schwächerem Wachstum und hoher Inflation", führte der Ökonom aus.

Denn durch die hohe Inflationsrate nimmt der Wert des Geldes ab, und Verbraucher können sich von ihrem Einkommen weniger leisten: Die Kaufkraft der Menschen eines Landes sinkt. Dadurch können Unternehmen weniger Güter verkaufen und müssen zur Kostendeckung die Preise weiter erhöhen. Die Inflationsrate ist seit Beginn des Ukraine-Kriegs erneut gestiegen, aktuell beträgt sie 7,5 Prozent in der Euro-Zone.

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Globalisierung müsse neu gedacht werden

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und dadurch gestörter Lieferketten sei ein Umdenken nötig. "Wir haben bisher eine Globalisierung, die völlig blind war, mit welchem Land man handelt, man hat nur auf Kosten, auf Effizienz geachtet." Nun müsse die Globalisierung klüger und widerstandsfähiger gestaltet werden. Es gelte, die Produktion international auf mehr Standorte zu verteilen und "vielleicht auch wieder mehr in Europa selbst" zu produzieren, sagte der DIW-Präsident.

Um die aktuellen Auswirkungen durch die Rekordinflation abzufedern, müsse die Politik den Menschen gezielt helfen. Zum Teil habe sie das auch schon gemacht, etwa mit der Energiepauschale von 300 Euro für jeden Beschäftigten. "Das ist schon mal ein guter Schritt", sagte Fratzscher. Der falsche Weg seien jedoch "populistische Maßnahmen" wie die Spritpreisbremse. Ein solcher Zuschuss zum Benzinkauf sei kontraproduktiv, "das reduziert nicht den Verbrauch von Energieträgern, sondern wirft letztlich einen großen Teil dieses Geldes den Mineralölkonzernen in den Rachen".

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 19. April 2022 um 15:00 Uhr.