US-Autobauer vor dem Kongress Eine bescheidene Bitte um 34 Mrd. Dollar

Stand: 05.12.2008 09:32 Uhr

Der Auftritt der US-Autobauer vor dem Kongress fiel diesmal bescheidener aus. Dafür waren aber die Forderungen nach staatlichen Kreditgarantien auch höher. Die Konzernchefs der drei großen US-Autohersteller wollen Kreditzusagen in Höhe von 34 Milliarden Dollar. Dafür sind sie angeblich bereit, ihre Unternehmen massiv umzubauen, energiesparende Autos zu produzieren und auf eigene Privilegien zu verzichten. Ein bemerkenswerter Tag vor dem Banken-Ausschuss im amerikanischen Senat.

Von Jens Borchers, HR-Hörfunkstudio Washington

Christopher Dodd haut kurz auf den Tisch, im braungetäfelten Anhörungssaal kehrt angespannte Ruhe ein. Der Vorsitzende des Bankenausschusses im Senat begrüßt die Konzernherren von General Motors, Ford und Chrysler. Sie sind nach ihrem völlig versiebten Bittsteller-Gang vor drei Wochen zurückgekehrt, um ihre zweite und vielleicht letzte Chance auf Milliardenhilfen aus Steuerngeldern zu nutzen.

GM-Chef Rick Wagoner sitzt in der ersten Reihe. Dunkelblauer Anzug, silbrig-blau gestreifter Schlips, müde Augen. Zwei Stunden muss er warten, denn vor ihm werden Experten des Rechnungshofes angehört. Dann schaltet Rick Wagoner sein Mikrofon ein: "Wir sind heute hier, weil wir Fehler gemacht haben. Wir lernen daraus. Weil Kräfte, die wir nicht kontrollieren können, uns an den Abgrund gebracht haben. Und weil die Rettung von General Motors sich lohnt."

Alles für die Öffnung des Steuersäckels

Wagoner spricht in knappen Sätzen, zählt auf, was GM tun will, um wieder in die Gewinnzone zu kommen: Produktionskapazitäten verringern. Auf Dividenden verzichten, umweltfreundliche Autos bauen. Seine Kollegen von Chrysler und Ford präsentieren sich ähnlich: Bescheiden, reumütig, willens, alles Notwendige zu tun, damit der Kongress den Steuersäckel öffnet.

Die Senatoren sind vorsichtig, denn sie kennen die Umfragen. Die besagen, dass eine Mehrheit der US-Amerikaner Staatsgelder für die Konzerne für falsch hält. Die Politiker kennen aber auch ihre Wahlkreise, sie wissen um die Angst vieler Menschen vor der Arbeitslosigkeit. Senator Charles Schumer, ein Demokrat, schaut die Konzernchefs über den Rand seiner Lesebrille ernst an: "Ich glaube, es herrscht Einigkeit über einen Punkt: Wir wollen erst die Bedingungen festlegen, bevor wir ihnen Geld geben. Sie wollen offenbar erst das Geld und dann über die Bedingungen reden."

"Nicht alle drei können überleben"

Harte Fragen an die Konzernchefs, politische Pirouetten der Senatoren vor den Kameras. Jeder hier weiß, dass alle zuschauen. Senator Bob Corker, ein Republikaner, schaltet sich ein: "Bei dem Marktanteil den sie haben, dem Abwärtstrend im Verkauf, den riesigen Schulden: Kein denkender Mensch glaubt, dass alle drei Firmen überleben können."

Ein anderer fragt nach einer Fusion von GM und Chrysler. Naja, meint Rick Wagoner, das könnte acht bis zehn Milliarden Dollar Einsparungen bringen. Neben ihm sackt der Chef der Autogewerkschaft in seinem Stuhl zusammen. Das ist ein Horrorszenario für ihn: Massenentlassungen drohen dann. Aber eben nicht nur im Falle einer Fusion, beim Bankrott auch. Gewerkschafter Ron Gettelfinger wird gefragt, welche Gefahr er für General Motors sieht: "Ich glaube, dass wir GM bis Ende Dezember verlieren könnten", antwortet er.

Massenentlassungen drohen

Gettelfinger und die Konzernchefs spüren: Die Senatoren neigen zu einer Hilfsaktion. Aber sie wollen harte Bedingungen daran knüpfen. Dann melden sich lautstark Demonstranten aus dem Publikum: "Die Rettungsaktion ist ein Ausverkauf" rufen sie – dann fliegen sie raus. Der Wirtschaftsexperte Marc Zandi wird befragt: Was soll der Kongress tun? "Die Regierung sollte helfen. Wenn nicht, droht der Bankrott, Massenentlassungen. Das wäre im gegenwärtigen Zustand unserer Wirtschaft extrem schädlich."

Heute treten die Konzernherren im Repräsentantenhaus auf. Anderer Ort, dieselbe Bitte: Wir brauchen 34 Milliarden Dollar.