Dollar-Scheine vor einer US-Flagge | dpa

Entscheidung des US-Kongress "Historischer" Erfolg im Kampf gegen Geldwäsche

Stand: 05.01.2021 11:06 Uhr

Die USA zählen laut Experten zu den Staaten, wo sich am besten Geld in anonymen Firmen verstecken lässt - dies auch zum Schaden der Vereinigten Staaten selbst. Der Kongress zog nun Konsequenzen.

Von Silvia Stöber, tagesschau.de

Als der US-Senat am Neujahrstag dem Gesetzespaket zum US-Verteidigungshaushalt zustimmte, sorgte dies vor allem deshalb für Aufmerksamkeit, weil damit beide Kammern des Kongresses erstmals ein Veto von Präsident Donald Trump überstimmt hatten.

Silvia Stöber tagesschau.de

Das Gesetzespaket mit mehr als 4500 Seiten Umfang enthält aber auch Änderungen zum Anti-Geldwäsche-Gesetz, die Korruptionsbekämpfer wie die Organisation Transparency International als "historisch" bezeichnen und die Wirkung über die USA hinaus entfalten könnten.

Konkret geht es um die Bestimmungen zum Unternehmensgeheimnis, die es bislang ermöglichten, anonym Briefkastenfirmen zu gründen und darin enorme Geldsummen zu verstecken. Das neue Transparenzgesetz verlangt nun, dass bei der Gründung von Firmen ein Eigentümer mit Namen, Geburtsdatum, Adresse und Führerscheinnummer oder einer anderen Nummer angegeben wird, die eine eindeutige Identifikation dieser Person ermöglicht. Angaben zu Finanzen oder zum Zweck des Unternehmens müssen hingegen nicht gemacht werden.

Zugriff für die Strafverfolgung

Ausgenommen sind zudem Unternehmen mit mehr als 20 Angestellten mit einem Umsatz von mehr als fünf Millionen US-Dollar und physischer Präsenz in den USA, ebenso Kirchen, Wohltätigkeitsorganisationen und andere Non-Profit-Akteure.

Die Informationen auch zu Änderungen der Eigentumsverhältnisse müssen bei der Finanzaufklärungsbehörde des US-Finanzministeriums (FinCEN) hinterlegt werden. Zugriff auf die Daten erhalten die Strafverfolgungsbehörden des Landes, dies auch auf Ersuchen ausländischer Ermittlungsbehörden. Auch Finanzinstitute, die gesetzlich zur Bekämpfung von Geldwäsche verpflichtet sind, können Daten abfragen. Vorsätzliche Falschangaben und absichtliches Umgehen der Anforderungen kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden.

Prinzipiell legal, überwiegend kriminell genutzt

Können anonyme Firmen, Treuhandgesellschaften oder Stiftungen prinzipiell legal sein und dem Schutz von Unternehmen und Vermögen dienen, werden sie nach Einschätzung von Experten jedoch überwiegend kriminell genutzt. So zitierte die "Süddeutsche Zeitung" den Wissenschaftler Friedrich Schneider von der Universität Linz 2016 mit der Aussage, 95 Prozent der klassischen Briefkastenfirmen hätten einen kriminellen Hintergrund - wovon nur 20 Prozent auf Steuerbetrug fielen, 70 Prozent hingegen auf organisierte Kriminalität. Der Rest stamme aus Diktaturen. Demnach hätten vom internationalen Wettbewerb um die günstigsten Steueroasen am meisten Kriminelle profitiert.

Organisationen wie Transparency International prangerten seit langem die laxen US-Gesetze mit Verweis darauf an, dass ausländische Staatsoberhäupter, Kartellbosse und Kriminelle unrechtmäßig erworbene Vermögen in den USA versteckten - und nicht nur das: Solche Gelder lassen sich auch zur Beeinflussung von Politik in den USA einsetzen.

US-Politik untergraben

Korruptionsbekämpfer fanden vor allem während der Präsidentschaft Donald Trumps zunehmend Verbündete unter Verantwortlichen und Spezialisten für Sicherheitspolitik. Einige prägten den Begriff der "strategischer Korruption", ausgeübt von Staaten wie Russland oder China mit dem Ziel, Einfluss auf politische Entscheidungen in den USA zu nehmen. Sie hätten Korruptionsmethoden aus ihren eigenen politischen Systemen in außenpolitische Instrumente verwandelt. Die US-Autorin Sarah Chayes beispielsweise hält es jedoch für falsch, mit dem Finger allein auf andere Staaten zu zeigen: Die Eliten in den USA hätten die Bedingungen dafür selbst geschaffen, schrieb sie kürzlich im Magazin "Foreign Affairs".

Dass Briefkastenfirmen dazu dienen können, die Außenpolitik der US-Regierung zu untergraben, wurde bei einer Untersuchung des Ständigen Ermittlungsausschusses im US-Kongress deutlich. In einem Report vom Sommer 2020 beschreiben Ausschussmitglieder den Fall der Brüder Rotenberg, die als enge Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin seit März 2014 auf der Sanktionsliste der US-Regierung stehen. Über Briefkastenfirmen hatten sie dem Bericht zufolge in New York mit Gemälden gehandelt und darüber offenbar Vermögenswerte verschoben.

USA an der Spitze bei Intransparenz

Anhand solcher Beispiele lässt sich erklären, warum sich ein Bündnis demokratischer und republikanischer Abgeordneter im Kongress dafür einsetzte, den anonymen Transfer und das Verstecken von Geld in den USA zu erschweren.

Der US-Korruptionsexperte Casey Michel schrieb nach der Senatsentscheidung am Neujahrstag auf Twitter von einem "enormen Schub für die Glaubwürdigkeit der USA im Kampf gegen die moderne Kleptokratie" und einem schweren Schlag gegen jene, die die USA zur Geldwäsche genutzt hätten - aber auch für die US-Bundesstaaten, die sich zu Geldwäscheparadiesen entwickelt hätten.

Denn während die USA und auch die EU den Druck auf Länder wie die Schweiz und Liechtenstein in den vergangenen Jahren erhöht hatten und diese schließlich mehr Transparenz im Finanzsektor zuließen, entwickelten sich einige US-Bundesstaaten zu internationalen Zentren für Briefkastenfirmen. In Delaware zum Beispiel gibt es auf 960.000 Einwohner etwa 1,3 Millionen Firmen. Es sei dort einfacher, eine Briefkastenfirma zu eröffnen als einen Bibliotheksausweis zu bekommen, schrieb etwa der US-Sicherheitsexperte John Hardie.

In einem internationalen Ranking zu den Ländern mit der größten Intransparenz bei der Anlage von Vermögenswerten des internationalen "Netzwerks für Steuergerechtigkeit" landeten die USA 2020 noch vor der Schweiz auf Platz zwei, übertroffen nur von den Cayman-Inseln. Nach Einschätzung des Netzwerks aus Finanz- und Menschenrechtsexperten stellen die USA global gesehen die größte Gefahr für Korruption und Steuermissbrauch dar, während der Trend weltweit zu mehr Transparenz im Finanzsektor gehe. So haben die meisten EU-Staaten, darunter Deutschland, inzwischen eine 2015 verabschiedete Richtlinie zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung in nationale Gesetzgebung übertragen.

Nachdem Trump, anders als angekündigt, während seiner Präsidentschaft den "Sumpf" nicht trockengelegt hat, warten nun demokratische Politiker und Politikerinnen wie die Senatorin Elizabeth Warren darauf, unter Joe Biden ihre Pläne einbringen zu können. Biden selbst allerdings war beim Thema Briefkastenfirmen in der Vergangenheit wortkarg, wie Casey Michel und andere Journalisten mehrfach feststellten. Biden stammt aus Delaware.

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. Januar 2021 um 15:32 Uhr.