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Konkurrenz der Kurzvideo-Dienste YouTube Shorts schließt zu TikTok auf

Stand: 16.06.2022 12:11 Uhr

Mit seinen Kurzvideos "Shorts" erreicht YouTube nach eigenen Angaben inzwischen 1,5 Milliarden Nutzer pro Monat - und spielt damit in der Liga des Rivalen TikTok. Wie hat der US-Dienst das geschafft?

Von Angela Göpfert, tagesschau.de

Die "Generation Z" junger Menschen um die Zwanzig liebt sie: vertikale Kurzvideos, die maximal 60 Sekunden lang sind. Weltweit populär machte sie die App TikTok, die sich im Besitz des in China ansässigen Unternehmens ByteDance befindet. Der 2018 gestartete Dienst zählt zu den Apps mit dem stärksten Wachstum weltweit und überschritt im vergangenen Jahr die Marke von einer Milliarde aktiver Nutzer pro Monat.

So viel Erfolg macht neidisch und fordert Nachahmer heraus. Sehr viele Social-Media-Konzerne haben in den vergangenen Jahren versucht, TikTok zu imitieren. Auch Facebook gab sich alle Mühe und lancierte den Dienst "Lasso". Doch das Social-Media-Urgestein scheiterte krachend mit seinem TikTok-Klon; die jungen Nutzer zogen das Original eindeutig vor. Vor zwei Jahren zog Facebook die Konsequenzen und stampfte "Lasso" ein - gerade einmal anderthalb Jahre nach dem Start.

"Shorts hat sich durchgesetzt"

Umso skeptischer war die Tech-Welt, als die Alphabet-Tochter YouTube im März vergangenen Jahres ihren eigenen hausgemachten TikTok-Klon YouTube Shorts in den USA präsentierte. Das weltweite Angebot startete dann im Juli. Doch die Skeptiker wurden eines Besseren belehrt: Gerade einmal ein Jahr später hat YouTube Shorts offenbar zum Original aufgeschlossen, es womöglich gar überflügelt.

Wie der US-Dienst gestern mitteilte, nutzen mittlerweile mehr als 1,5 Milliarden Nutzer pro Monat die Videos mit einer Länge von maximal 60 Sekunden. "Shorts hat sich wirklich durchgesetzt", sagte Produktmanager Neal Mohan. Zum Vergleich: TikTok hatte zuletzt die Zahl von einer Milliarde aktiven Nutzern pro Monat im September 2021 veröffentlicht.

Fakt ist: Seither dürfte auch sie weiter gewachsen sein. Doch ebenso klar dürfte nun sein, dass binnen nur eines Jahres YouTube Shorts zum ärgsten TikTok-Konkurrenten geworden ist.

Startvorteil durch etablierten Dienst

Doch was macht YouTube Shorts so erfolgreich? Zunächst einmal hat YouTube offenbar aus den Fehlern seiner gescheiterten Vorgänger gelernt. Im Gegensatz zu Facebook, die mit Lasso eine komplett separate App vorstellten, integrierte YouTube das neue Format YouTube Shorts direkt in seine bestehende Video-Plattform. Die Milliarden bereits existierender YouTube -Nutzer leisteten YouTube Shorts eine wichtige Starthilfe; so konnte der Kurzvideodienst rasch wachsen.

Das zeigt auch eine Online-Umfrage zum deutschen Markt: Bereits sieben Tage nach dem Start von YouTube Shorts in Deutschland im Juli 2021 nutzten rund zehn Prozent der YouTube-Nutzer das Format. 44 Prozent der Befragten im Alter von 16 bis 65 Jahren konnten sich vorstellen, das neue YouTube-Angebot in Zukunft zu nutzen.

Geschäftsmodell für Influencer

Doch Google vermied bei YouTube Shorts nicht nur die Fehler von Facebook; der Konzern machte es auch kommerziell attraktiver. Im Gegensatz zu TikTok oder zum Instagram-Dienst Reels hatte YouTube Shorts bereits direkt zum Start eine integrierte Monetarisierungs-Funktion. Das macht die Plattform für die Macher der Kurzvideos wie etwa Influencer deutlich interessanter. Sie können über Werbeplatzierungen mit ihren Inhalten auf YouTube Shorts direkt Geld verdienen.

Die Google-Tochter profitiert somit massiv vom Werbe-Know-how des Mutterkonzerns. Und Google lässt nicht locker: Erst im Mai stellte der Technologiekonzern auf dem jährlich stattfindenden "Google Marketing Live"-Event eine neue Neuerung für Unternehmen vor: Diese können künftig ganze Produktkataloge bei YouTube Shorts anzeigen lassen.

Dienste kopieren sich gegenseitig

Bereits zum Start von YouTube Shorts hatte Google zudem eine erfolgreiche Strategie der Konkurrenz übernommen: Der US-Konzern rief einen 100 Millionen Dollar schweren "Creator Fund" ins Leben gerufen, der sich an die Macher der Kurzvideos richtet, um das neue Format anschieben. Wer bis Ende 2022 erfolgreiche Shorts hochlädt, kann mit monatlichen Zahlungen zwischen 100 und 10.000 Dollar rechnen.

Doch abgeschaut und kopiert wird in der Welt der Video-Dienste in alle Richtungen: So hat sich TikTok offenbar auch von YouTube inspirieren lassen und in diesem Jahr seinen Nutzern erstmals erlaubt, auch längere Videos von bis zu zehn Minuten hochzuladen. Die Geschäftsmodelle der beiden Plattformen gleichen sich damit immer mehr an.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk Kultur am 16. Juni 2022 um 14:30 Uhr.