
Genehmigung nicht erteilt Siltronic-Übernahme geplatzt
Der Milliardendeal zwischen dem deutschen Halbleiterkonzern und der taiwanischen Globalwafers kommt nicht zustande. Die Frist für die Übernahme endete heute - ohne grünes Licht durch das Wirtschaftsministerium.
Der deutsche Halbleiterspezialist Siltronic wird nicht nach Taiwan verkauft. Damit endet zunächst ein monatelanges Verfahren, bei dem Globalwafers aus Taiwan beinahe alle notwendigen Genehmigungen eingeholt hatte. Nur die der deutschen Behörden fehlte am Ende.
Die börsenrechtliche Frist dafür endete in der Nacht zum Dienstag um Mitternacht, doch das Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz hat nicht die nötige Genehmigung erteilt. Damit ist der Deal, bei dem Siltronic durch den taiwanischen Konzern mit 4,4 Milliarden Euro bewertet wurde, erst einmal vom Tisch. Siltronic beschäftigt rund 4000 Mitarbeiter und produziert unter anderem im sächsischen Freiberg. Das größte Werk steht in Singapur. Globalwafers ist nach eigenen Angaben der größte Wafer-Lieferant in Europa.
Auflagen durch chinesische Kartellbehörden
"Bis zum Ablauf dieser Frist konnten nicht alle notwendigen Prüfungsschritte im Rahmen der Investitionsprüfung abgeschlossen werden", so eine Ministeriumssprecherin. "Das betrifft insbesondere die Prüfung der erst in der letzten Woche erfolgten kartellrechtlichen Genehmigung durch die chinesischen Behörden." Die chinesische Wettbewerbsaufsicht hatte die Genehmigung für die Transaktion erst am 21. Januar erteilt.
Die Auflagen, die dabei gefordert wurden, dürften bei der "Nicht-Entscheidung" durch die deutsche Seite eine Rolle gespielt haben: Denn dazu hätte Globalwafers binnen sechs Monaten sein Geschäft rund um das sogenannte Zonenziehverfahren verkaufen müssen - eine Herstellungsvariante für Siliziumwafer. Zudem sollte der Konzern weiterhin chinesische Kunden beliefern. Diese Bedingungen wollte das Bundeswirtschaftsministerium genauer untersuchen.
Neue Meldepflichten
Für eine Übernahme wäre eine sogenannte "außenwirtschaftliche Unbedenklichkeitsbescheinigung" nötig gewesen. Dabei wird geprüft, ob durch eine ausländische Investition in inländische Unternehmen eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für die Bundesrepublik zu erwarten ist. Rechtliche Grundlage hierfür ist Außenwirtschaftsverordnung, die seit dem vergangenen Jahr verschärft ist. Sie enthält neue Meldepflichten für Investitionen in Hoch- und Zukunftstechnologiesektoren. Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, Robotik, Halbleiter oder Cybersicherheit. Das Prüfverfahren sei mit Ablauf der Frist rechtlich gegenstandslos geworden, so die Sprecherin des Ministeriums.
Globalwafers reagierte enttäuscht. Man wolle "selbstverständlich weiterhin eng mit unseren europäischen Kunden zusammenarbeiten, von denen viele die vorgeschlagene Transaktion unterstützt haben".
Kein "Tafelsilber" veräußern
Zustimmung zur Entscheidung des Wirtschaftsministeriums kommt von Politikern aus dem Regierungs-, aber auch dem Oppositionslager. Der Vize-Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Hannes Walter (SPD), steht nach eigenen Angaben hinter der Entscheidung: "Technologische Souveränität gewinnen wir nicht dadurch, dass wir unser Tafelsilber veräußern", so der Politiker gegenüber dem "Handelsblatt". Die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Julia Klöckner, sagte der Zeitung: "Deutschland ist ein attraktiver Investitionsstandort. Gerade deswegen ist es richtig, dass wir auch unsere Sicherheitsinteressen im Blick halten."
Bei der nicht erteilten Unbedenklichkeitsbescheinigung durch das Ministerium dürften handfeste Bedenken mitgespielt haben. Der aktuelle Chipmangel in der globalen Industrie, der für eine gebremste Güterproduktion weltweit sorgt, zeigt, welche überragende ökonomische Bedeutung der Chipproduktion in Deutschland und Europa zukommt. Fachleute fürchten eine zu große Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen, die sich negativ auf die heimische Wirtschaft auswirken könne. Für das Ministerium gelten leistungsfähige Chips und mikroelektronische Komponenten als wichtige Schlüsseltechnologie.
Habeck will Abhängigkeit von Asien verringern
Darum hat das neue Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter Robert Habeck (Grüne) auch eine Initiative gestartet, um die Halbleiterindustrie in Europa zu stärken. Das Ministerium hat nach früheren Berichten bereits 32 Investitionsvorhaben von Unternehmen im Bereich Mikroelektronik ausgewählt, die im Rahmen eines europäischen Projekts gefördert werden sollen. Die Vorhaben sollen Bestandteil eines sogenannten IPCEI-Projekts der EU werden. IPCEI steht für "Important Project of Common European Interest". Für Projekte, die den IPCEI-Stempel tragen, gelten großzügige Beihilfekriterien. Die Entscheidung darüber, welche Vorhaben in das IPCEI-Projekt zur Mikroelektronik aufgenommen werden, trifft die EU-Kommission. Bei den nun ausgewählten Projekten geht es nach Angaben des Wirtschaftsministeriums um ein Investitionsvolumen von zehn Milliarden Euro.
Börsen nahmen Scheitern vorweg
Der Aktienmarkt hatte in den vergangenen Tagen bereits den Glauben an eine Übernahme von Siltronic verloren. Die im TECDAX gelistete Aktie beschloss gestern den Handel bei 116 Euro. Damit war der Kurs deutlich unter den des Globalwafers-Angebots bei rund 128 Euro gerutscht. Vor dem Übernahmeangebot hatte die Aktie bei rund 108 Euro notiert.