Eine Schott-Glasampulle wird zwischen Daumen und Zeigefinger gehalten.

Profiteure des Impf-Booms Mit Fläschchen und Kühlboxen durch die Krise

Stand: 21.01.2022 03:01 Uhr

Zulieferer für Corona-Impfungen zählen zu den Unternehmen, die in der Krise Konjunktur haben: Glashersteller wie die Mainzer Schott AG, aber auch Speditionen und Kühlspezialisten.

Durch das große Krisenjahr 2020 ist das Mainzer Unternehmen Schott ausgesprochen gut gekommen - dank wenige Zentimeter kleiner Glasfläschchen. Zwar verdient der Spezialglas-Hersteller kaum etwas an einem einzelnen, aber die Menge macht's: Ampullen für mehr als zwei Milliarden Impfdosen will Schott bis Ende des Jahres ausliefern. Im vergangenen Jahr waren es bereits Fläschchen für rund 100 Millionen Dosen.

Gute Geschäfte dank kleiner Fläschchen

"Mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr sind wir sehr zufrieden", bilanziert Schott-Chef Frank Henricht. Das Unternehmen konnte seinen Umsatz laut den aktuell veröffentlichten Geschäftszahlen um rund zwei Prozent auf 2,24 Milliarden Euro steigern. Auch beim Gewinn vor Zinsen und Steuern steht mit 288 Millionen Euro ein Plus: 13 Millionen Euro mehr als im vorigen Geschäftsjahr.

Zwar machen sich Auftragseinbrüche in der Flugzeug‑ und Autobranche auch bei Schott negativ bemerkbar. Die Nachfrage nach Beleuchtungssystemen für Jets und Pkw sei gesunken, wie das Unternehmen mitteilt. Aber unter anderem die Glasfläschchen für den Corona-Impfstoff lassen Schott während der Krise Gewinn machen.

Spezialisierte Zulieferer unverzichtbar

Unternehmen wie Schott, die in der Pandemie zu Zulieferern für die Impfungen wurden, profitieren dabei von ihrer Anpassungsfähigkeit. In der Krise zeige sich, wie wichtig Flexibilität sei, sagt der Pharmalogistik-Experte Matthias Klumpp, der unter anderem an der Universität Göttingen forscht. "Voraussetzung ist, dass die Unternehmen die passende Expertise mitbringen". Klumpp sieht hier neben Schott weitere Profiteure - vor allem die Hersteller von Tiefkühlschränken, in denen die Ampullen mit dem Impfstoff gelagert werden. 

Einer der deutschen Hersteller solcher Kühlgeräte ist das Unternehmen Tritec aus Hannover. Die Firma ist auf den Labor- und Pharmabereich spezialisiert. "Wir bewegen uns so zwischen 200 und 300 Tiefkühlschränken und Medikamenten-Kühlschränken, die wir für die Corona-Impfzentren verkauft haben", sagt Tritec-Geschäftsführerin Birgitt Nolden. Das entspreche rund 15 Prozent der zuletzt verkauften Geräte dieser Art.

Als Ende 2020 die kurzfristigen Aufträge für den Aufbau der Impfzentren kamen, sei das ein Kraftakt gewesen. "Normalerweise haben wir Lieferzeiten von rund einem Monat. Plötzlich musste das alles innerhalb weniger Tage möglich sein. Da mussten wir Sonderschichten fahren, um alles abzuarbeiten", sagt Nolden.

Mann trägt Styroporbox mit Impfstoff

Die Impfdosen werden in Kühlboxen aus Styropor in die Impfzentren gebracht.

Verkaufsschlager aus Styropor

Ähnliches berichtet die Schaumaplast-Gruppe, die unter anderem Formteile und Verpackungen aus Styropor herstellt. Abnehmer sind beispielsweise die Automobil-und Bauindustrie. In Sachen Corona-Impfstoff ist das Unternehmen aus dem Rhein-Neckar-Raum besonders wegen seiner mobilen Kühlboxen gefragt. Insgesamt habe das Unternehmen durch den Impfstoff Rückgänge in den anderen Bereichen - wie der Zulieferung für die Autobranche - ausgleichen können, sagt Hauptgeschäftsführer Bernhard Hauck.

"Wir mussten Zusatzschichten schieben. Nicht so sehr bei der Produktion, aber bei der Entwicklung und beim Testen unserer Kühlboxen", sagt Markus Hoffmann, Geschäftsführer Vertrieb und Marketing bei Schaumaplast. Denn die Anforderungen wechseln innerhalb kurzer Zeit: Je nach Hersteller und Zeitpunkt in der Lieferkette müssen die Impfstoffe bei unterschiedlichen Temperaturen in den Boxen gekühlt werden können. "Außerdem haben wir bereits Anfragen für internationale Transporte", sagt Hoffmann. "Da müssen statt einzelner Kisten ganze Europaletten verschickt werden - und das in unterschiedliche Klimazonen bei konstanter Kühlung. Das ist schon eine Herausforderung."

Kühlbox bei der Spedition Kühne + Nagel

Speditionen wie Kühne + Nagel transportieren das Impfserum in riesigen Kühlbehältern.

Auch Speditionen profitieren

Wesentlicher Bestandteil der Logistik sind auch Speditionen. Für den internationalen Markt wetteifern Branchenriesen wie DHL um Aufträge. Der Konkurrent Kühne + Nagel sicherte sich zuletzt den Zuschlag für den internationalen Transport des Moderna-Impfstoffs. In Deutschland kommen auch Unternehmen wie Hellmann aus Osnabrück zum Zug, das für Moderna einen Großteil der Logistik innerhalb Deutschlands übernimmt.

Dabei dürften die Logistikunternehmen insgesamt weniger vom Impfstoff profitieren als Hersteller im Bereich Pharmazie und Medizinprodukte, sagt Logistik-Experte Klumpp: "Bei den Speditionen dürfte das ein Umsatzplus von drei bis fünf Prozent ausmachen. Letztlich verdient man in den anderen beteiligten Branchen mehr."

Nur ein "Saison-Geschäft"?

Bleibt die Frage, wie lange das noch so bleibt. Klumpp spricht von einem "Saison-Geschäft" mit dem Impfstoff: "Das ist die Kehrseite der Flexibilität. Die Unternehmen werden schnell merken, dass der Markt nicht mehr da ist." Tritec-Geschäftsführerin Nolden rechnet damit, dass die Nachfrage noch drei bis vier Monate anhält, etwa weil für die Impfungen künftig auch Arztpraxen mit Kühlgeräten ausgerüstet werden müssten.

Transportboxen-Hersteller Schaumaplast hat die Produktion zumindest bis zum Sommer geplant. Danach soll flexibel auf Aufträge reagiert werden. Und auch Glasspezialist Schott setzt weiterhin auf den Impfstoff: 2021 soll ein Großteil der Investitionen in den Pharmabereich fließen.