Anzeigenblättchen stecken in Briefkastenschlitzen.

Kostendruck Anzeigenblätter in der Krise

Stand: 31.03.2023 15:11 Uhr

Wochenangebote und Anzeigen umrahmt von lokalen Nachrichten - mit dieser Mischung haben Anzeigenblätter lange gute Umsätze gemacht. Doch die Kosten sind gestiegen - und verdienen lässt sich immer weniger.

"Wir in Steinfurt", "Stadtanzeiger Coesfeld" und "Grenzland Wochenpost" wird es bald nicht mehr geben. Der Verlag, die Westfälische Medien Holding, will die Anzeigenblätter laut Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) ab 29. April einstellen.

Rohstoffe wie Papier werden teurer

Die Anzeigenblätter sind in einer Krise. Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) ist die Auflage im Vergleich zu Vor-Corona um 32 Prozent zurück gegangen. BVDA-Hauptgeschäftsführer Jörg Eggers sagt, zwar entwickle sich der Gesamtumsatz der Branche sehr positiv; der Verband geht laut aktueller Umsatzerhebung für das Jahr 2022 von einem Plus im einstelligen Prozentbereich aus. "Die zentralen Herausforderungen bestehen jedoch in den überproportional gestiegenen Kosten für Papier, Energie und Zustellung. Personalknappheit und Lohnsteigerungen erschweren zusätzlich die flächendeckende Verteilung", so Eggers.

Durch die Einstellung der Blätter in Ostwestfalen und Münster gebe es in manchen Regionen gar keine Anzeigenblätter mehr. "Dabei wissen wir, dass diese Entwicklung nicht dem Willen der Leserschaft entspricht", so Eggers und verweist dabei auch auf eine Erhebung des Instituts für Demoskopie Allensbach: "Kostenlose Wochenzeitungen werden von 70 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung gelesen. Die gleiche Anzahl an Leserinnen und Leser wünscht sich ihr Anzeigenblatt dabei ausdrücklich in gedruckter Form", berichtet Eggers.

Werbebudgets gesunken

Laut NRW-Medienminister Nathanael Liminski sind auch die Werbebudgets für gedruckte Medien gesunken. Wenn weitere Blätter eingestellt würden, wäre das problematisch. "Anzeigenblätter enthalten vielfach relevante lokale Informationen zum Geschehen in der Stadt oder Kommune. Jede Einstellung reduziert damit die lokale Medienvielfalt, die in diesen Zeiten wichtiger denn je ist", so Liminski.

Und davon ist nicht nur NRW betroffen: In Thüringen wurde die Zustellung des kostenlosen "Allgemeinen Anzeigers" bereits in Teilen eingestellt. Das Anzeigenblatt, das Werbung mit Informationen aus der Region verknüpft, erscheint in Thüringen bereits seit 34 Jahren in zwölf unterschiedlichen Regionalausgaben.

Gegenüber der Landeswelle Thüringen begründet der Geschäftsführer der Funke Medien Thüringen, Michael Tallai, die Maßnahme: "Die Zustellung des Anzeigenblattes ist sehr aufwändig. Im Unterschied zur Tageszeitung wird ein Anzeigenblatt ja in so gut wie jeden Briefkasten zugestellt." Die kostenlosen Blätter wurden also etwa an Hunderttausende Haushalten verteilt, "für die es auch einen entsprechenden Zustell-Apparat benötigt. Das sind erhebliche Kosten, die gerade durch Inflation und Energiekosten nochmal gestiegen sind."

Spielraum zum Sparen fast ausgereizt

Man habe sich deswegen in den letzten Wochen und Monaten genau angeschaut, in welchen Regionen sich die Zustellung des Anzeigers noch rentiert, erklärt Tallai weiter. Dort, wo die Zustellung nicht mehr lohnend gewesen sei, sei sie tatsächlich eingestellt worden. Betroffen sind davon eher abgelegene Gebiete. Die Entscheidung sei nötig gewesen, um generell die Zukunft des Anzeigenblattes und dessen Zustellung zu sichern, so der Geschäftsführer.

Der Trend zum Sparen ist laut BVDA bundesweit. Eine aktuelle Umfrage unter Verbandsmitgliedern habe ergeben, dass die Mehrheit der Verlage bereits Seitenumfänge reduzieren, Verbreitungsgebiete verkleinern oder auch Personal abbauen mussten, um Kosten einzusparen, berichtet BVDA-Hauptgeschäftsführer Eggers: "Damit ist der Spielraum der Verlage jedoch bereits nahezu ausgereizt. Über 90 Prozent der befragten Verlagsmanagerinnen und -manager gaben an, dass weitere Einsparungen zu Lasten der journalistischen Qualität gehen würden."

Bundesregierung soll Blätter fördern

Der Verband fordert nun dringend die Politik zum Handeln auf: "Um die Versorgung der Bevölkerung mit lokaljournalistischen Informationen weiterhin sicherstellen zu können, ist es jetzt höchste Zeit, dass die Bundesregierung ins Handeln kommt und ihr Vorhaben einer Zustellförderung endlich in die Tat umsetzt."

Im Koalitionsvertrag hat die Bundesregierung vereinbart, sich dafür einzusetzen, die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen zu gewährleisten. Seither sei von der Bundesregierung aber wenig in der Angelegenheit unternommen worden, sagt Medienminister Liminski.

Eine Ende 2021 vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie zur "Erforderlichkeit und Möglichkeit einer Bundesförderung der Pressewirtschaft" sei bislang nicht veröffentlicht worden, innerhalb der Bundesregierung sei die Zuständigkeit nicht geklärt und im Bundeshaushalt seien bislang keine Mittel eingestellt worden, heißt es in einer Pressemitteilung des Ministeriums.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. Januar 2023 um 15:42 Uhr.