Kinosaal

Kinos in Bayern Freiwillig geschlossen

Stand: 29.05.2021 12:17 Uhr

Als erstes Bundesland erlaubt Bayern seinen Kinos seit kurzem, unter Auflagen wieder zu öffnen. Dass die Lichtspielhäuser trotzdem zu sind, hat viel mit Maskenpflicht, Snack-Verbot und dem Wunsch nach Luxus zu tun.

Von Katharina Häringer, BR

Einen Film anschauen, und zwar nicht auf dem Sofa, sondern im Kino: Theoretisch ist das seit 10. Mai in Bayern möglich - überall dort, wo die Sieben-Tage-Inzidenz stabil unter 100 liegt. Doch in der Praxis sieht es anders aus: Kinos sind geschlossen.

Im Foyer des Passauer Cineplex-Kinos riecht es ungewohnt neutral, denn eines fehlt: der Duft von Popcorn. Die Maschine ist seit Monaten nicht mehr eingeschaltet worden, Nachos gibt es nur als Schriftzug auf einer Tafel. In den vergangenen Monaten wurden alle Knabbersachen verschenkt oder weggeworfen. Die Regale sind leer - auch jetzt, obwohl die Kinos in Passau seit drei Wochen geöffnet sein dürften. "Keine Chance. Ein Kino kann man nicht von heute auf morgen hochfahren", sagt Geschäftsführerin Juli-Marie Vesper.

Das Kino International an der Karl-Marx Allee in Berlin wird am Abend trotz der Lockdown-Schließung beleuchtet.

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Keine Snacks, keine Blockbuster

Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Schwager betreibt sie alle vier Kinos in Passau. Keines wird in den kommenden Tagen geöffnet. Der Grund: In Bayern ist ein Kinobesuch nur mit Maske am Platz erlaubt, Essen und Trinken sind verboten. Doch ohne den Verkauf von Snacks lohnt sich das Geschäft nicht. "Wenn ein Ticket zehn Euro kostet, dann gehen davon je nach Film bis zu neun Euro an Verleih und Filmförderungsanstalten. Wir verdienen an den Concessions", erklärt Vesper. Genauso geht es allen anderen Kino-Betreibern in Bayern: Sie verlängern den Lockdown freiwillig.

Hinzu kommt: Im Moment gibt es keine neuen Filme. James Bond soll die Welt erst im Herbst retten. Und den letzten Film des 2020 gestorbenen Regisseurs Joseph Vilsmaier gibt es jetzt beim Streamingdienst Amazon. Für Verleiher lohnt es sich nicht, Filme nur in Bayern laufen zu lassen. Im Moment sind nur dort Kino-Öffnungen erlaubt. Niedersachsen zieht zum 31. Mai nach, gefolgt von Berlin am 18. Juni. In anderen Bundesländern gibt es für Kinos noch gar keine Öffnungsperspektive.

Bundesweiter Start zum 1. Juli geplant

Die Verbände der deutschen Kinowirtschaft planen daher einen gemeinsamen Start. Zum 1. Juli soll es wieder losgehen. Sie fordern von der Politik, dass Gäste dann ohne Maske im Saal Platz nehmen dürfen. "Die Leute haben sich an das Streamen auf dem Sofa gewöhnt. Kino muss zum Erlebnis werden. Wenn das Erlebnis hier schlechter ist als zu Hause, weil man im Saal eine Maske tragen muss und weil man nichts essen darf, dann werden die meisten doch lieber zu Hause bleiben", sagt Thomas Negele von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO).

Doch trotz des langen Lockdown gibt es bislang kein Kino-Sterben, sagt Negele. Nur einzelne Kino-Betreiber hätten aus Alters- oder Standortgründen aufgehört. Auch die Verbände stützen diese Einschätzung: Nur etwa acht Häuser haben demnach in der Pandemie in Deutschland Insolvenz angemeldet. Ob es noch weitere Kinos trifft, wird sich erst im kommenden Jahr abzeichnen.

Kinostühle

Viele Kinos wurden in der Krise umgebaut, modernisiert und an die neuen Bedürfnisse...

Umbau im Lockdown zum Luxus-Kino

Die Kino-Betreiber investieren stattdessen im großen Stil, stecken Millionen-Beträge in Lüftungsanlagen, Sound- und Lichtdesign, sagt Branchenvertreter Negele von der SPIO. Denn Kino müsse künftig mehr bieten als das eigene Wohnzimmer, es müsse luxuriöser sein "Was an staatlichen Geldern zur Verfügung steht, wurde überzeichnet. Jeder hat erkannt, was er zu tun hat und tut es. Das ist etwas Tolles."

Auch im Passauer Cineplex-Kino wird umgebaut. Kino-Familie Vesper ist davon überzeugt, dass Gäste das Abstandhalten in der Pandemie verinnerlicht haben, dass es danach nicht mehr denkbar ist, ganz nah neben einer fremden Person zu sitzen. Alle alten Sessel wurden deshalb in den vergangenen Monaten herausgerissen und durch breitere Sessel und Sofas ersetzt. Jeder Gast soll künftig seine eigene Armlehne haben. Die Kino-Betreiber geben sich überzeugt, dass der neue Komfort ankommen wird. Juli-Marie Vesper strahlt Zuversicht aus und sagt: "Kino wurde schon öfter totgesagt. Ich bin mir sicher, dass es auch diese Krise überleben wird."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 27. Mai 2021 um 12:00 Uhr.