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Russland-Sanktionen Industrie warnt vor Energie-Embargo

Stand: 08.03.2022 08:56 Uhr

Der Bundesverband der deutschen Industrie sieht massive Folgen für die deutsche Wirtschaft im Fall ausbleibender russischer Lieferungen von Öl, Gas und Kohle. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie sei gefährdet.

Auf Importe von russischem Gas und Öl kurzfristig zu verzichten, würde die heimischen Industrieunternehmen nach Einschätzung des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI) massiv schädigen. Wärmeerzeugung, Mobilität, aber auch die Stromversorgung für die Unternehmen könne derzeit nicht anders gesichert werden.

Energieimporte nicht schnell ersetzbar

"Debatten um ein europäisches Energieembargo gegen Russland sind ein Spiel mit dem Feuer", so BDI-Präsident Siegfried Russwurm gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Ein Embargo drohe Deutschland und die EU schärfer zu bestrafen als den Aggressor. Die Folgen für die industrielle Wertschöpfung, aber auch die Lieferketten und die Versorgungssicherheit beschreibt er als "dramatisch": "Es ist unmöglich, diese Energieimporte von heute auf morgen zu ersetzen. Etwa ein Drittel des in Deutschland genutzten Erdöls und mehr als die Hälfte des Erdgases kommen derzeit aus Russland."

Russland liefert mehr als 50 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases. Aber auch der Anteil der russischen Steinkohle in der Stromerzeugung in Deutschland liegt bei etwa der Hälfte. In einzelnen Kraftwerken in Deutschland werden aktuell bis zu 75 Prozent russische Steinkohle verfeuert.

Bundesregierung klammert Energielieferungen aus

Die Bundesregierung lehnt ein solches Embargo ab, wie es der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wegen des russischen Angriffs auf sein Land gefordert hat. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte gestern erklärt, Europa habe Energielieferungen bei den Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs bewusst ausgenommen. "Die Versorgung Europas mit Energie für die Wärmeerzeugung, für die Mobilität, die Stromversorgung und für die Industrie kann im Moment nicht anders gesichert werden."

Russland hatte gestern seinerseits erstmals offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht. "Wir haben das volle Recht, eine "spiegelgerechte" Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1", sagte der russische Vize-Regierungschef Alexander Nowak in einer am Montagabend ausgestrahlten Rede im Staatsfernsehen. Er äußerte sich mit Blick auf die gestoppte Leitung Nord Stream 2, deren Inbetriebnahme Russland anstrebt.

Preiskapriolen an den Rohstoffbörsen

Wegen der Embargo-Diskussion sind die Energiepreise weiter deutlich gestiegen. Der Erdgas-Future legte gestern zwischenzeitlich bis auf ein Rekordhoch von 345 Euro je Megawattstunde zu. Der Preis für die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee sprang zeitweise um knapp 20 Prozent nach oben und erreichte mit 139,13 Dollar je Barrel (159 Liter) ein 13-Jahres-Hoch. "Bei einer Sanktion sämtlicher russischer Energie-Exporte würde mich ein Brent-Preis von mehr als 200 Dollar nicht überraschen", sagte Volkswirt Howie Lee von der Bank OCBC.

Martin Polansky, Martin Polansky, ARD Berlin, 08.03.2022 10:03 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 08. März 2022 Deutschlandfunk um 08:00 Uhr in den Nachrichten und die tagesschau um 09:00 Uhr.