
Start-up mit Strategiewechsel Gorillas streicht Hunderte Stellen
Gewinne statt Wachstum: Das Berliner Start-up Gorillas versucht eine strategische Kehrtwende. Der Lieferdienst überprüft seine Expansionsstrategie und entlässt 300 Mitarbeiter, um Kosten zu senken und schneller profitabel zu werden.
Der Schnelllieferdienst Gorillas will schneller als ursprünglich geplant in die schwarzen Zahlen kommen. Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Start-up-Unternehmen tiefe Einschnitte beim Personal bekannt gegeben: Etwa 300 Beschäftige, das entspricht der Hälfte der Mitarbeiter in der Verwaltung von Gorillas, werden entlassen. Das gab das Unternehmen bekannt.
Außerdem will das Gorillas laut Firmenchef Kagan Sümer "alle strategischen Optionen" für sein Geschäft in Italien, Spanien, Dänemark und Belgien prüfen. Damit könnte eine Einstellung der Aktivitäten, aber auch ein Verkauf oder eine Neuausrichtung gemeint sein. Nun will sich Gorillas auf Deutschland, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und die USA konzentrieren, um Kosten zu sparen. Laut Sümer machen diese Länder aktuell rund 90 Prozent des Geschäfts aus.
Milliardenbewertung binnen zwei Jahren
Das erst vor zwei Jahren gegründete Berliner Start-up-Unternehmen hatte im hart umkämpften Liefergeschäft massiv expandiert und war von Investoren noch Ende 2021 mit rund 2,5 Milliarden Euro bewertet worden. Im Oktober hatte Gorillas über eine Finanzierungsrunde 860 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt, Geld, das zunächst vorwiegend in die Ausweitung des Geschäfts geflossen ist. Auch das DAX-Unternehmen Delivery Hero stieg im vergangenen Jahr bei Gorillas ein und investierte 235 Millionen Euro in die Beteiligung.
Bei seiner Wachstumsstrategie war Gorillas auch bei seinen Mitarbeitern eher kompromisslos vorgegangen. Beschäftigten, die für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt hatten, hatte das Unternehmen im Frühjahr gekündigt.
Firmenchef Sümer beschrieb nun im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters eine Neuausrichtung der Strategie. "Mit Blick auf die Kapitalmärkte im Moment müssen wir weitere Schritte unternehmen, um den Weg zur Profitabilität zu beschreiten", so Sümer. Man wolle als profitables Unternehmen an die Börse gehen. Beim Wachstum stimme das Tempo aber weiterhin: "Seit Oktober haben wir unser Geschäft verdreifacht und die Effizienz verneunfacht."
Risiko ist "irritierend"
Offenbar haben die Geldgeber bei Gorillas im Hintergrund entsprechende Signale an das Unternehmen gesendet. Risiko sei inzwischen "irritierend für Investoren", so der Manager. Das mache es aktuell schwer, Geld einzusammeln. Das dürfte auch für potenzielle Anleger vor und nach dem Börsengang gelten. Gorillas hatte im Frühjahr laut dem Branchendienst Deutsche Startups bereits einen Börsengang über ein Investment-Vehikel SPAC (special purpose acqusition company) geprüft. Die aktuellen Börsenpläne dürften auch angesichts des derzeitigen Marktumfelds wohl erst einmal verschoben worden sein.
Die Reduzierung der Fixkosten steht offenbar im Zentrum der Sparmaßnahmen von Gorillas. Die 300 Mitarbeiter, die nun entlassen werden, arbeiten ausschließlich in der Verwaltung. Die rund 14.000 Fahrer sind vom Stellenabbau dagegen nicht betroffen.
Gorillas ist darauf spezialisiert, Kunden, Lebensmittel-Artikel, die über eine App geordert werden, innerhalb kürzester Zeit aus den Mini-Lagern von Gorillas nach Hause zu liefern. Allerdings ist die Konkurrenz groß und in Städten wie Berlin bieten auch Flink, die Doordash-Tochter Wolt und Getir ähnliche Dienste an.