Der unbeleuchtete Kölner Dom.

Events in der Energiekrise Dunkle Zeiten für Veranstalter

Stand: 02.10.2022 08:59 Uhr

Für die Veranstaltungsbranche kommen Energiespardebatten zur Unzeit. Die Inflation trifft sie hart, der nächste Pandemie-Winter steht bevor - und jetzt soll auch noch das Licht aus bleiben.

"Gerade in schwierigen Zeiten ist es oft die Kunst, aus der Menschen Kraft schöpfen", sage Birgit Zander. Ihre Kunst, das ist das "Festival of Lights" im Oktober in Berlin: bundesweit eines der meistbesuchten Lichtkunstfeste. In diesem Jahr erstrahlen Gebäude und Installationen erstmals kürzer und an weniger Standorten - um Energie zu sparen.

Ähnlich ist es gerade beim "Essen Light Festival". Eine komplette Absage kam für die Macher nicht in Frage: "Die Kultur- und Veranstaltungsbranche kann nicht erneut die Hauptlast der großen Krisen tragen", findet Veranstalter Richard Röhrhoff. Doch Lichtkunstfestivals schlägt in diesen Tagen Kritik entgegen. Im rheinland-pfälzischen Neuwied erlebten das die Macher der "Lumagica" - nicht nur in sozialen Netzwerken. Eine Vertreterin der Grünen im Ortsverband bezeichnete die Veranstaltung in der Lokalpresse als "reine Energieverschwendung".

Tür zu, Licht aus

Der Einzelhandel muss seit Anfang September Türen geschlossen halten und von 22 Uhr an das Licht im Schaufenster löschen. Die Deutsche Umwelthilfe hat gerade angeregt, auch auf Weihnachtsbeleuchtung größtenteils zu verzichten. Doch Weihnachtsmärkte ohne Beleuchtung mögen sich viele nicht vorstellen. Der Deutsche Schaustellerbund verweist auf ohnehin energiesparende LED-Techniken bei den Märkten. "Wir möchten nicht das Opfer von Symbolpolitik werden", sagt Verbandschef Frank Hakelberg. Gespart werde trotzdem.

Viele Bundesländer haben eigene Energiesparpläne. Das Land Rheinland-Pfalz will insgesamt 15 Prozent Gas und Strom einsparen. Dafür hat die Landesregierung gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden gerade Spar-Empfehlungen verabschiedet. Eine davon ist die "Reduzierung weihnachtsbezogener Energieverbräuche", auch der Beleuchtung. Wie hoch das Einsparpotenzial ist, lasse sich pauschal aber nicht beantworten.

Dennoch reagieren bundesweit viele Städte: In Trier beispielsweise soll der Markt an zwei Tagen kürzer öffnen, der Koblenzer Weihnachtsmarkt plant Tannenbäume und Lichterketten zu reduzieren und auf große Energieverbraucher wie die Schlittschuhbahn zu verzichten. Ähnlich die Pläne in den Städten Nürnberg, Weimar oder Köln. Die Stadt Kaiserslautern streicht tatsächlich die komplette städtische Weihnachtsbeleuchtung.

"Licht ist Hoffnung"

"Weihnachtsbeleuchtung ist kein Luxus, sondern in einer tristen, dunkleren Jahreszeit auch immer ein Zeichen von Hoffnung", sagt hingegen Michael Ebling (SPD) dem SWR. Er ist Oberbürgermeister von Mainz und Präsident des Verbands kommunaler Unternehmen. Aus seiner Sicht sei beispielsweise das Herabsenken der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden deutlich effektiver. "Es ist auch ein Signal an die Menschen: Die Stadt - das, was du liebst - versinkt nicht in Dunkelheit, sondern da ist auch noch Licht."

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sieht solche Abwägungsentscheidung zwischen Energiesparen einerseits und kulturellen Veranstaltungen andererseits bei den Städten und Gemeinden vor Ort. "Dabei geht es um die Frage, wie hoch das zu erzielende Einsparpotenzial ist, aber natürlich auch um die wirtschaftlichen Folgen beim Verzicht auf diese Veranstaltungen", so ein Sprecher. Denn Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkte kurbeln vielerorts auch den zuletzt pandemiegebeutelten Tourismus an. 

"Energie kostete schon immer Geld"

Kritik kommt auch vom Bundesverband der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV). "Ich vermag nachzuvollziehen, dass derzeit jede energetische Maßnahme auf den Prüfstand muss", sagt Präsident Jens Michow. "Die andere Seite ist, dass kein Wirtschaftszweig Energie freiwillig verpulvert. Denn Energie kostete schon immer Geld." Bereits das Einschränken von Leuchtreklame sei problematisch, da Veranstaltern kostengünstige Werbemöglichkeiten genommen würden. Die Branche sei durch die Pandemie noch schwer belastet.

Laut BDKV fehlen der Branche 1,1 Millionen Fachkräfte wie Veranstaltungstechniker oder Bühnenhelfer, und viele Konzerte seien nur nachgeholt - zu Ticketpreisen von 2019. "Und wieviel teurer Eier und Butter geworden sind, das wissen wir alle. Und das ist bei den Veranstaltungskosten nicht anders", sagt Michow. Er fürchtet erneute pandemiebedingte Einschränkungen: "Entweder die gesamten Fördermaßnahmen der letzten zwei Jahre waren fehl investiert, weil die Firmen jetzt doch pleitegehen. Oder die Politik spricht jetzt schnell mit uns darüber, welche Möglichkeiten es gibt, um den Unternehmen über die neuerliche Krise zu helfen."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. September 2022 um 01:00 Uhr.