
Hohe Energiepreise Hilft eine Steuer auf "Kriegsgewinne"?
Sollten die enormen Extragewinne der Energiekonzerne im Ukraine-Krieg zusätzlich besteuert werden? Die Ampel-Koalition ist in dieser Frage uneins. Und auch Experten wägen das Pro und Contra ab.
Tankstutzen auf, Zapfhahn rein: Sprit, Diesel und die Energiepreise allgemein sind momentan ganz schön teuer. Und Entspannung ist nicht in Sicht - zumal angesichts der Diskussionen über ein Ölembargo und mit dem Transitstopp für Gas in der Ukraine. Autofahrer wie Karl-Heinz Härtl aus Kassel ärgern die teuren Energiepreise maßlos: "Ich finde es traurig, wie die Mineralölindustrie das skrupellos ausnutzt und ihre Profite auf uns Endverbraucher quasi umwälzt", sagt er im Hessischen Rundfunk.
Und die Gewinne sprudeln kräftig. Etwa bei Shell im ersten Quartal: 147 Prozent mehr Gewinn als vor einem Jahr. Der Ölriese Total: fast 190 Prozent mehr Gewinn. Und Exxon: sogar 220 Prozent mehr.
Wer trägt die Belastungen?
Wirtschaftsminister Robert Habeck will da ran. "Mit Blick auf die europäische Regelsetzung sind wir dabei zu prüfen, ob Übergewinne - also man muss es ja so sagen - Kriegsgewinne noch mal besteuert werden können, um einen dämpfenden Effekt auslösen zu können", so der Grünen-Politiker.
Bei Habeck schwingt viel Empörung mit. Wenn Wirtschaftsexperten allerdings über eine "Übergewinnsteuer" sprechen, dann geht es weniger um Empörung. Es gehe "weniger um Moral oder um Nicht-Moral", also nicht um die sogenannten Kriegsgewinnler, sagt selbst Finanzexperte Alfred Eibl von der globalisierungskritischen Organisation Attac.
Für Eibl geht es um eine soziale Frage: "Wer trägt zusätzliche Belastungen? Sollen das die tragen, die sowieso schon belastet sind, oder sollen die, die aufgrund ihrer Situation und unternehmerischen Beteiligungen zu Zusatzeinnahmen kommen. Und wir fordern die Regierung auf, es zu machen."
Kartelle als Problem
Also: besonders hohe Gewinne extra zu besteuern. Das müsse der Staat in mehreren Branchen tun, so Eibl: "Das eine ist der Energiebereich, das Zweite sind Amazon, Google und Co., das Dritte sind Rüstungsindustrie und das Vierte ist Spekulation wie mit Weizen."
Doch löst eine Steuer auf Übergewinne auch das Problem, dass zum Beispiel Energiepreise hoch sind? Der Wirtschaftsethiker Christoph Lütge von der Technischen Universität München hat Zweifel: Aus seiner Sicht sollte sich man nicht von Empörung leiten lassen, sondern schauen, wie das Problem zu lösen ist. "Das Problem sind die gestiegenen Preise, da müssen wir tatsächlich sehen, was wir dagegen tun können: Gibt es dort Kartelle, kann das Kartellamt etwas dagegen tun? Da würde ich ansetzen", sagt Lütge.
Energiewende braucht Investitionen
Kritikern wiederum dauert das viel zu lange, sie wollen mit einer Steuer schnell handeln. Die könnte aber Probleme nach sich ziehen - und am Ende sogar kontraproduktiv sein, warnt Finanzminister Christian Lindner von der FDP, der damit dem Wirtschaftsminister widerspricht: "Aufgrund steigender Strompreise könnten Betreiber von Windkraftanlagen zusätzliche Gewinne erzielen. Diese zusätzlichen Gewinne sind aber ein Anreiz, weiter zu investieren. Das wäre aber ja in unserem Interesse."
Damit stellt sich am Ende die Frage: In welchen Branchen also sind hohe Gewinne akzeptabel oder eben nicht? Abgesehen davon, dass eine Übergewinnsteuer schwierig umzusetzen wäre - eigentlich kreist der politische Streit um diese Frage.