Chipfabrik von Elmos Semiconductor SE.

Chiphersteller Elmos Kabinett stoppt chinesische Übernahmen

Stand: 09.11.2022 13:28 Uhr

Die Bundesregierung hat den Verkauf der Elmos-Chipfertigung nach China untersagt. Auch in einem weiteren Fall legt das Kabinett ein Veto ein. Experten sehen darin auch eine symbolische Entscheidung.

Von Angela Göpfert, tagesschau.de

Nach dem umstrittenen China-Geschäft im Hamburger Hafen hat das Bundeskabinett in zwei Fällen einen Einstieg chinesischer Unternehmen bei deutschen Firmen untersagt. Der erste Fall betrifft Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zufolge den Verkauf einer Chipfertigung der Dortmunder Firma Elmos an das schwedische Unternehmen Silex, eine Tochterfirma des chinesischen Herstellers Sai Microeletronics.

Der andere Fall unterliege den Geschäftsgeheimnissen der Firma, daher könne er nicht in Details gehen, so der Grünen-Politiker. Laut übereinstimmenden Medienberichten soll es sich dabei um die bayerische Halbleiterfirma ERS Electronic handeln.

Es gehe darum, die Sicherheit in Deutschland und vor allem die kritische Infrastruktur zu schützen, begründete Habeck die Entscheidung. "Gerade im Halbleiterbereich ist es uns wichtig, die technologische und wirtschaftliche Souveränität Deutschlands und auch Europas zu schützen."

"Wir sind nicht naiv" - Wirtschaftsminister Habeck zur untersagten Übernahme

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Know-how sollte bei Elmos bleiben

Doch stand mit der Elmos-Chipfertigung in Dortmund tatsächlich der Verlust einer Schlüsseltechnologie auf dem Spiel? Für Experten greift diese Argumentation zu kurz. Sie werben dafür, stärker zu differenzieren: zwischen der Produktionstechnologie auf der einen und dem eigentlichen Chip-Know-how auf der anderen Seite.

"Beim geplanten Verkauf an die Chinesen ging es nur um die Produktion und die dazugehörige Produktionstechnologie der Fabrik in Dortmund. Das dahinterstehende Chip-Know-how war niemals Teil der Verkaufspläne und sollte in den Händen von Elmos bleiben", erklärt Malte Schaumann, Elmos-Analyst bei Warburg-Research, im Gespräch mit tagesschau.de. "Das ist so, als wenn man BMW verbieten würde, eine alte Fabrik zu verkaufen, weil man Angst hat, dass so deutsche Auto-Schlüsseltechnologie in fremde Hände gerät."

Veraltete Produktionstechnologie?

Halbleiter-Experten wie Jan-Peter Kleinhans von der Berliner Stiftung Neue Verantwortung oder Frank Bösenberg, der Geschäftsführer von Deutschlands größtem Chip-Cluster Silicon Saxony, argumentieren ähnlich; sie halten die Elmos-Produktionstechnologie inzwischen für veraltet.

"Elmos selbst kann vor Ende der Dekade mit dieser Produktionstechnologie nichts mehr anfangen, da die in Dortmund hergestellten Chips eine viel zu große Strukturgröße haben", so Warburg-Experte Schaumann. Chips mit dieser Strukturgröße habe Intel bereits Mitte der 1990er-Jahre produziert. "Selbst in China ist diese Art von Produktionstechnologie bereits seit fast 20 Jahren in Produktion."

Öffentliche Diskussion über Einstieg bei Hafen-Terminal

Die von Elmos produzierten Chips haben eine sogenannte Strukturgröße von 350 Nanometern. Auftragsfertiger wie Samsung produzieren mittlerweile Chips mit Strukturgrößen von 130 Nanometern und kleiner.

Das Bundeswirtschaftsministerium selbst hatte sich bis vor kurzem auf den Standpunkt gestellt, dass die Chipfabrik von Elmos veraltete Technologie nutze. Deutschland drohe durch den Verkauf kein Verlust wertvoller Technologie, hieß es aus Habecks Haus. Doch offenbar unter dem Eindruck der Beteiligung des chinesischen Cosco-Konzerns an einem Terminal im Hamburger Hafen und der öffentlichen Diskussion darüber vollzog Habeck eine Kehrtwende.

Chinesen setzen auf MEMS-Chips

Wenn die Elmos-Produktionstechnologie - wie von Experten behauptet - so veraltet ist: Warum hatten die Chinesen dann überhaupt Interesse an der Dortmunder Fabrik? Sai Microelectronics setzt auf eine gänzlich andere Art von Chips als Elmos, so genannte MEMS-Chips. Die Abkürzung MEMS steht dabei für "Mikro-Elektro-Mechanische Systeme".

Diese winzigen Chips können mechanische und elektrische Informationen verarbeiten. Im Smartphone registrieren sie Lageveränderungen, im Reifen Druckveränderungen, in Maschinen Vibrationsänderungen. Die Kunden von Silex beziehungsweise Sai kommen aus Branchen wie der Medizintechnik, der Telekommunikation und der Industrie.

"Elmos hat schwarzen Peter gezogen"

"MEMS-Chips benötigen nicht diese ganz kleinen Strukturgrößen", erklärt Schaumann. "Für Silex und Sai ist die Produktionstechnologie von Elmos somit keineswegs veraltet." Dank massiver Subventionen des chinesischen Staates ist Sai heute bereits der weltgrößte Auftragsfertiger für MEMS-Chips.

Der Warburg-Research Experte kann den Verbot des Verkaufs der Elmos-Fabrik nach China deswegen nicht nachvollziehen. "Elmos hat jetzt den schwarzen Peter gezogen. Ohne die Diskussion um den Hamburger Hafen wäre die Entscheidung in Sachen Elmos-Fabrik wohl anders gelaufen."

Fakt ist aber auch: Mit ihrem Verbot des Elmos-Fabrikverkaufs nach China macht die Bundesregierung auch der Staatsführung in China einen Strich durch die Rechnung. Die chinesische Regierung setzt Experten zufolge in ihrem Fünfjahresplan gezielt auf Spezialchips wie MEMS, denen noch einiges Zukunftspotenzial zugetraut wird.

Oliver Bemelmann, ARD Berlin, zur untersagten Übernahme von Chiphersteller Elmos

tagesschau 14:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 09. November 2022 um 11:43 Uhr.