
Reichster Europäer Das luxuriöse Leben des Monsieur Arnault
Luxus geht immer - auch in Zeiten der Pandemie. Das hat Bernard Arnault, Chef des Luxusimperiums LVMH, sogar kurzzeitig zum reichsten Menschen der Welt gemacht. Wer ist dieser "Wolf im Kaschmirpelz"?
Auf dem Olymp der Superreichen geht es derzeit so eng zu wie schon lange nicht mehr. Am Montag überholte Bernard Arnault sogar Jeff Bezos als reichsten Menschen der Welt. Allerdings nur für ein paar Stunden. Zur Wochenmitte rangiert der LVMH-Chef mit einem Vermögen von 188,5 Milliarden Dollar wieder knappe 400 Millionen Dollar hinter dem Amazon-Gründer auf Platz zwei.
Dabei ist der Aufstieg des einzigen Europäers unter einer Heerschar von amerikanischen Tech-Milliardären wie Bezos, Bill Gates oder Mark Zuckerberg womöglich mehr als nur ein kurzlebiges Phänomen. Nicht umsonst heißt es an der Börse: Luxus geht immer. Dahinter steckt die Erfahrung, dass auch in Rezessionen oder Krisen Luxusgüter fleißig gekauft werden.
Vermögen an der Börse gemacht
Die Corona-Pandemie macht da keine Ausnahme. Das spiegelt sich im Aktienkurs des weltgrößten Luxusgüterkonzerns LVMH eindrücklich wider. Binnen Jahresfrist konnte das Papier rund 70 Prozent zulegen. In der Fünf-Jahres-Perspektive hat es sich sogar mehr als vervierfacht. Am Mittwoch eroberte die Luxus-Aktie bei 644 Euro ein neues Rekordhoch, die Marktkapitalisierung stieg auf 323 Milliarden Dollar.
Damit ist LMVH das teuerste börsennotierte Unternehmen in Europa. SAP, Deutschlands wertvollster Börsenkonzern, kommt gerade einmal auf eine Marktkapitalisierung von 136 Milliarden Euro. Es ist diese beeindruckende Rally der LVMH-Aktie, die das Vermögen von Großaktionär Arnault und seiner Familie auf immer neue Höhen treibt. Dabei hatte Arnault in seinen Anfängen als Geschäftsmann mit Luxus rein gar nichts am Hut.
Von Immobilien zu Dior
Am 5. März 1949 in der Nähe von Roubaix in Nordfrankreich geboren, besuchte Arnault die angesehene Elitehochschule Ecole Polytechnique. Sein erstes Geld machte Arnault mit der Immobilien-Firma seines Vaters. 1985 kaufte er damit den angeschlagenen Textilkonzern Boussac, zu dem auch das Modehaus Christian Dior gehörte.
"Dieser magische Name, in dem wir Gott und Gold finden", habe ihn schon immer beeindruckt, erzählte Arnault später einmal dem "Figaro Magazine". "Als mich die Lebensumstände in die Lage versetzten, diesen mythischen Namen zu kaufen, erzählte ich meinen Teams, dass wir um diese Marke herum den weltweit führenden Luxuskonzern aufbauen würden."
Stahlhartes Verhandlungsgeschick
1987 schlug dann Arnaults große Stunde: Er schlichtete einen Streit zwischen dem Champagner- und Cognac-Hersteller Moet Hennessy und dem Handtaschen-Produzenten Louis Vuitton, deren Vorstände eine feindliche Übernahme fürchteten. Arnault nutzte die Rivalität zwischen den beiden Eigentümerfamilien geschickt aus und positionierte sich so, dass er letztlich - nur 17 Gerichtsurteile und zwei Jahre später - den größten Anteil an dem fusionierten Luxuskonzern LVMH hielt.
Dieses stahlharte Verhandlungsgeschick brachte ihm in Unternehmerkreisen den Ruf eines "Wolfs im Kaschmirpelz" ein. Branchenkenner sehen in ihm einen Visionär, der letztlich fast immer seinen Willen erhält. Außer bei Gucci und Hermès, die er beide vergeblich versuchte, in die Finger zu bekommen.

Am Anfang war die Handtasche: Die Fusion von Louis Vuitton und Moet Hennessy ist der Kern des Luxus-Imperiums LVMH.
Ein leidenschaftlicher Dealmaker
Arnault sagte 2015 in einem Interview mit dem "Telegraph" über sich selbst: "Ich liebe es zu gewinnen. Ich liebe es, die Nummer Eins zu sein. (...) Business zu machen, ist sehr aufregend. Der Moment, wenn man kurz davorsteht, einen riesigen Deal zu schließen, und du dir nicht sicher bist, ob es passieren wird oder nicht."
Ohne diese - fast schon Trumpsche - Leidenschaft für große Deals hätte es Arnault wohl auch kaum geschafft, sich innerhalb von nur einer Generation ein ganzes Imperium von über 75 Luxus-Marken aufzubauen, darunter Dior, Céline, Veuve Clicquot, Bulgari, Kenzo, Guerlain, Fendi, Sephora und Rimowa.
Zuletzt sorgte der Franzose mit der Übernahme der deutschen Hipster-Sandalenmarke Birkenstock und des amerikanischen Luxus-Juweliers Tiffany für Furore. Arnaults Erfolgsrezept: Die einzelnen Marken dürfen unter der Dachmarke LVMH selbstständig agieren, ihre eigene Identität behalten und weiterentwickeln.

Die Fondation Louis Vuitton - ein architektonischer Traum von Frank Gehry aus zwölf gläsernen Segeln.
Pianist und Kunstliebhaber
Doch Arnaults Kompetenzen und Leidenschaften beschränken sich nicht nur auf das Geschäftliche. Der 72-Jährige gilt als sehr passabler Pianist, soll seine zweite Ehefrau, die kanadische Konzertpianistin Hélène Mercier, einst sogar mit einer Chopin-Interpretation beeindruckt haben.
Seine fünf Kinder haben nicht nur die besten Schulen des Landes besucht, sondern auch eine musikalische Bildung auf höchstem Niveau erhalten. Bis auf den jüngsten Sohn, der noch studiert, arbeiten alle Arnault-Kinder in Papas Konzern. Ob einer von ihnen - und wenn ja, wer - dereinst das Luxus-Imperium LMVH übernehmen wird, darüber lässt sich der zurückhaltende Franzose allerdings nicht aus.
Über einen Teil seines Erbes besteht derweil schon heute Klarheit: die "Stiftung Louis Vuitton", ein 2014 eröffnetes Privatmuseum im Pariser Stadtwald Bois de Boulogne, unmittelbar an der Grenze zum Nobelvorort Neuilly-sur-Seine. Der Kunstsammler und Mäzen Arnault hatte das Gebäude finanziert und beim Stararchitekten Frank Gehry in Auftrag gegeben, um seinen Kunstschätzen ein angemessenes Zuhause zu bieten. 2064 soll das Museum in den Besitz der Stadt übergehen.