Ein Verladekran lädt einen DHL-Container auf einen Güterwaggon

Neue Klimaschutzinitiative DHL setzt auf mehr Postzüge

Stand: 04.10.2021 15:29 Uhr

Nur zwei Prozent ihrer Pakete liefert die Deutsche-Post-Tochter DHL derzeit über den Schienenverkehr aus. Dank einer neuen Kooperation mit der Bahn soll dieser Anteil bald deutlich steigen.

Der Pakethandel boomt - vor allem durch den immer weiter zunehmenden Onlinehandel. Die Corona-Krise hat diesen Trend noch einmal beschleunigt: Laut jüngsten Erhebungen des Bundesverbands Paket und Expresslogistik (Biek) wurden allein im vergangenen Jahr in Deutschland mehr als vier Milliarden Pakete verschickt. Rund 1000 Pakete passen in einen Container der Deutsche-Post-Tochter DHL, der dann auf den Schienen der Deutschen Bahn (DB) quer durchs Land fährt. Ein einziger Güterzug kann laut Bahn-Angaben bis zu 100.000 Pakete transportieren und damit etwa 25 Lkw ersetzen. So spare jeder DHL-Zug "unserem Planeten 80 bis 100 Prozent CO2 gegenüber dem Straßentransport", erläutert DB-Konzernvorstand Sigrid Nikutta, bei der Deutschen Bahn zuständig für den Güterverkehr.

Marktanteil der Postzüge soll deutlich steigen

Seit heute steigt die Zahl der Züge, mit denen die Deutsche Post ihre Pakete ausliefert - betrieben mit nachhaltig produziertem Strom. Am Morgen gaben DB Cargo und die Deutsche Post DHL Group den Startschuss für sieben weitere Zugverbindungen. Allein vom Güterterminal Großbeeren bei Berlin gehen neue Strecken in die Großräume Dortmund, Mannheim und Frankfurt am Main. Statt wie bisher nur zwei Prozent laufen damit ab sofort zumindest sechs Prozent aller nationalen Paketsendungen klimafreundlich über die Schiene.

"Die Kooperation mit der Deutschen Bahn und der Ausbau des schnellen, leichten Güterverkehrs auf der Schiene ist ein wichtiger Bestandteil in unserer Nachhaltigkeitsstrategie", verkündete Post- und Paketvorstand Tobias Meyer. Langfristig will die Deutsche Post den Anteil der Schienentransporte sogar auf 20 Prozent erhöhen - so lautet zumindest das angestrebte Ziel. Einen genauen Zeitplan dafür gibt es allerdings nicht.

Kritik an fehlendem Zeitplan

"Die Ankündigung, mehr Transporte über die Schiene abzuwickeln, ist nicht mit konkreten Jahreszahlen verbunden", kritisiert Urs Maier vom Think Tank Agora Verkehrswende. Generell sieht aber auch der Verkehrsexperte den Schritt der Deutschen Post zu mehr Nachhaltigkeit positiv: "Es ist sehr wichtig, dass die Schiene genutzt wird, weil sie sieben Mal weniger CO2 erzeugt im Vergleich zu Lkw", so Maier.

Der Anteil des Güterzugverkehrs bei der Post sei aber aktuell noch verschwindend gering. Auch, weil die Schieneninfrastruktur in Deutschland seiner Meinung nach noch viel weiter ausgebaut werden muss. Die Deutsche Post sei bei der Erreichung ihrer Ziele daher auch davon abhängig, dass die Ziele des Bundes, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern, auch wahr gemacht würden.

Insbesondere die neue Bundesregierung sieht Maier hier in der Pflicht. "Es braucht mehr Raum auf der Schiene für Güterverkehr. Und es braucht auch mehr Umschlaganlagen, auf denen von Lkw auf Züge umgeladen werden kann", fordert der Projektleiter Güterverkehr bei der Agora Verkehrswende.

Ein Verladekran lädt einen DHL-Container von einem Sattelschlepper auf einen Güterwaggon

Derzeit gibt es zu wenige Anlagen, um Container von Lastwagen auf Waggons zu verladen.

Viele Logistikzentren ohne Schienenanschluss

Eine weitere grundlegende Hürde: Die meisten Logistikzentren sind nicht an Bahnstrecken angebunden. "Neue Gleise zu bauen und vielerorts eine Anbindung zum Schienenverkehr herzustellen, ist wohl die eigentliche Herkulesaufgabe", erläutert Samir Ibrahim aus dem ARD-Börsenstudio in Frankfurt am Main.

Die Deutsche Post plant nun, ausgewählte Paketzentren mit Gleisanschlüssen auszustatten. Doch das kann dauern. Die Zielsetzung von 20 Prozent an Schienentransporten nennt Ibrahim "ambitioniert", aber erreichbar, zumal sich das Unternehmen nach eigener Zielsetzung damit auch Jahrzehnte Zeit lassen könne.

Wirtschaftliche Gründe begünstigen Umbau

Nicht vergessen dürfe man aber, dass der Wandel zu mehr Umweltschutz auch wirtschaftliche Gründe habe: "Die Belastung durch CO2 wird immer teurer, etwa durch den notwendigen Kauf von CO2-Zertifikaten", erklärt der ARD-Börsenexperte. Diese Zertifikate sollen die von Unternehmen verursachten CO2-Emissionen kompensieren. "Auch die steigenden Kosten treiben Unternehmen dazu, umzudenken und CO2-neutraler zu agieren", so Ibrahim. Eine Rolle spiele außerdem der aktuelle Mangel an Lkw-Fahrern in Deutschland. Auch dieses Problem zwinge die Deutsche Post zum Umdenken.

Ob aus ökonomischen, ökologischen oder auch pragmatischen Gründen - bis 2050 hat die Deutsche Post jedenfalls ein noch ambitionierteres Ziel: Bis dahin will das Unternehmen komplett klimaneutral werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete ARD-Mittagsmagazin am 04. Oktober 2021 um 13:00 Uhr.