Schriftzug "Siemens Gamesa"

Siemens Energy Windkrafttochter verhagelt Bilanz

Stand: 07.02.2023 14:25 Uhr

Die Probleme bei der Windkrafttochter Siemens Gamesa sorgen für einen kräftigen Verlust bei Siemens Energy. Die Windenergiebranche steht derzeit unter Druck, aber die Aussichten könnten sich bald bessern.

Während sich das eigene Geschäft deutlich verbesserte, verhagelten erneute Belastungen bei der Windkrafttochter Siemens Gamesa das Ergebnis von Siemens Energy. Der Energietechnikkonzern hat seinen Verlust im ersten Geschäftsquartal mehr als verdoppelt. Netto verbuchte der Energietechnikkonzern einen Fehlbetrag von 598 Millionen Euro. Positiv schlug immerhin zu Buche, dass der Auftragsbestand des Gesamtkonzerns mit 98,8 Milliarden Euro einen Rekordwert markierte.

Siemens Gamesa wird komplett übernommen

Die spanische Tochter Siemens Gamesa belastet den Konzern seit Jahren. In der vergangenen Woche hatte Gamesa wegen unerwartet hoher Garantie- und Wartungskosten für das erste Quartal einen Verlust von 884 Millionen Euro ausgewiesen. Die erneuten Verluste bei Gamesa seien ein harter Schlag gewesen, sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch.

Die Konzernmutter hatte jüngst ein Übernahmeangebot für die restlichen Anteile der in Spanien notierten Windanlagenbauer erfolgreich abgeschlossen. Siemens Energy wird nach der erfolgten Übernahme Gamesa von der Börse nehmen. Das Management erwartet davon jährliche Synergieeffekte von rund 300 Millionen Euro. "Der angestrebte Rückzug von Siemens Gamesa von der Börse wird dabei helfen, sich auf die Lösung der operativen Probleme und den Turnaround zu konzentrieren", kommentierte Bruch.

Konkurrenz aus China

Eigentlich war die Windkrafttocher für den Konzern deshalb ein Hoffnungsträger, denn der Vorstellung nach sollte die Energiewende für ein profitables Geschäft sorgen. Doch dazu kam es bislang nicht. Windparkbetreiber können zwar von den gestiegenen Strompreisen profitieren; bei den Anlagenbauern sieht es hingegen anders aus. Auch bei weiteren Unternehmen aus der Branche läuft es nicht gut. Vor einigen Tagen hatte etwa der dänische Windanlagenhersteller Vestas für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang in Aussicht gestellt.

Es ist zum einen der starke Wettbewerb zwischen den verschiedenen Windkraftanlagenbauern, der einen Preisdruck erzeugt. Zum Beispiel macht die starke chinesische Konkurrenz den hiesigen Anbietern auf dem Markt zu schaffen. "In den letzten Jahrzehnten hat sich China zu einem wichtigen Player im Bereich der Erneuerbaren Energien entwickelt", meint Cristian von Angerer, Chief Investment Officer bei Inyova.

China erhöhe den Druck auf die europäischen Produzenten: "Chinesische Unternehmen produzieren und verkaufen mittlerweile fünfmal mehr Windturbinen pro Jahr als Produzenten aus der EU", so der Fachmann. Die Firmen würden Gefahr laufen, Marktanteile an die chinesische Konkurrenz zu verlieren.  

Hoher Kostendruck

Zum anderen haben die gestörten Lieferketten und die hohe Inflation auch bei den Windanlagenbauern zu kräftig gestiegenen Material- und Rohstoffkosten geführt, die die Unternehmen nur bedingt auffangen können. Die Verträge wurden zu festen Preisen verhandelt; deshalb kommen Windanlagenbauer jetzt in Bedrängnis. 

Aber auch die strengen und langwierigen Vergabe- und Genehmigungsverfahren machen den Herstellern laut von Angerer zu schaffen. Gleichwohl traut Analyst Rajesh Singla von der französischen Bank Société Générale den Herstellern von Windkraftanlagen grundsätzlich zu, dass die jahrelange Umsatzschwäche im neuen Jahr enden könnte.

Hilfe kommt beispielsweise von der Politik: So hat die Bundesregierung jüngst einen Gesetzentwurf gebilligt, mit dem der Ausbau der Windkraft in Deutschland an Land sehr beschleunigt werden soll. Darin ist vorgesehen, dass die Bundesländer künftig deutlich mehr Flächen für die Windkraft bereitstellen als bisher.

"Generalstabsmäßiger Ausbau"

Energieunabhängigkeit und Energiesicherheit stünden wieder im Mittelpunkt des Interesses und der öffentlichen Förderpolitik, meint Nicolas Jacob, Fondsmanager bei ODDO BHF. Die weltweite Windkraftkapazität wird sich laut Jacob bis 2027 voraussichtlich verdoppeln. Die Nachfrage nach der Installation von Windkraftanlagen dürfte also steigen.  

Und jüngst hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verkündet, er wolle den Ausbau der Windkraft in Deutschland vorantreiben. "Den Ausbau gehen wir generalstabsmäßig an: Gerade erstellen wir einen Fahrplan, was bis wann an neuen Anlagen gebaut sein muss, damit wir unsere Ziele für 2030 erreichen", hatte er der "Bild am Sonntag" gesagt.

"Jeden Monat wird es dann ein Gespräch mit den Ländern geben, wie weit sie damit vorangekommen sind. Was nicht pünktlich geschafft wird, muss aufgeholt werden. Bis 2030 werden das an Land im Schnitt vier bis fünf Windräder jeden Tag sein", so Scholz.