
Produktion in neuer Anlage CO2-neutrales Kerosin aus dem Emsland
Im Emsland ist die weltweit erste Anlage zur klimaneutralen Produktion des Flugzeugtreibstoffs Kerosin eröffnet worden. Zu den ersten Kunden gehört die Lufthansa.
Im niedersächsischen Werlte ist die nach Angaben des Betreibers Atmosfair weltweit erste Anlage zur Herstellung von CO2-neutralem Kerosin eröffnet worden. Zum ersten Mal sei es möglich, im industriellen Maßstab synthetisches Kerosin herzustellen, so die in Berlin ansässige gemeinnnützige Umweltorganisation, die Klimaschutzprojekte fördert und betreibt.
Die Produktionskapazität soll nach dem Erreichen des Regelbetriebs im kommenden Jahr bei einer Tonne oder acht Fässern Rohkerosin pro Tag liegen. Erster Kunde ist die Lufthansa, beliefert wird der Flughafen Hamburg.
Schulze: Luftverkehr muss Beitrag leisten
"Damit Deutschland bis 2045 Klimaneutralität erreicht, muss auch der Luftverkehr seinen Beitrag leisten", erklärte Bundesumweltministerin Svenja Schulze anlässlich der Eröffnung. In der Herstellung von CO2-neutralem Kerosin sieht die Umweltministerin auch große wirtschaftliche Chancen für Deutschland. "Wenn wir jetzt zeigen, dass diese Technologie funktioniert, schafft das auch neue Exportchancen für den Anlagenbau", erklärte Schulze.
Sogenannte Power-to-Liquid-Kraftstoffe (PtL-Kraftstoffe) leisteten jedoch nur dann einen Beitrag zum Klimaschutz, wenn zur Produktion des für die Kerosinherstellung notwendigen Wasserstoffs erneuerbare Energien verwendet werden: "Wer Ja zu grünem Wasserstoff sagt, muss also auch Ja sagen zu Strom aus Wind und Sonne", so die SPD-Politikerin. Deshalb sei auch ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig.
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich anlässlich der Eröffnung per Videobotschaft. "Um unser Ziel von 200.000 Tonnen grünem Kerosin jährlich bis 2030 zu erreichen, gilt es, die Produktionskapazitäten erheblich zu steigern", sagte Merkel. PtL-Kraftstoffe seien noch sehr teuer und nur begrenzt verfügbar, "aber die Technologie und der Markt werden sich entwickeln".
Viele weitere Anlagen benötigt
Die neuartige Anlage produziert Kerosin synthetisch mit Hilfe von Wasser und Strom, den Windräder aus dem Umland liefern. Zudem werden Abfall-CO2 aus Lebensmittelresten einer Biogasanlage sowie CO2 aus der Umgebungsluft verwendet. Den Regelbetrieb plant Atmosfair ab dem ersten Quartal 2022; dann soll die Anlage täglich acht Fässer mit Rohkerosin produzieren.
Ab 2026 müssen in Deutschland mindestens 0,5 Prozent des Flugkraftstoffes aus PtL-Kerosin bestehen. Dies entspricht jährlich rund 50.000 Tonnen und somit einem Vielfachen dessen, was die neue Anlage in Werlte produzieren kann. 2030 steigt die Beimischungsquote auf zwei Prozent.
Exportchancen für den Anlagebau
Für die Luftfahrtbranche könnte diese neue Art der Herstellung eine Chance für mehr Klimaschutz bieten. Atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen meint, nur jenes CO2 solle hinterher in der Atmosphäre landen, was ihr vorher entnommen worden sei.
Flugzeuge können nicht auf flüssigen Treibstoff verzichten und auf Elektroantriebe umsteigen. Gleichzeitig muss sich aber auch die Luftfahrt auf den Weg zur Klimaneutralität machen. Nach Berechnungen des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums beträgt der Anteil der Luftfahrt am menschengemachten Klimawandel 3,5 Prozent. Also sucht die Branche klimaneutralen Treibstoff.