Grubenwasser wird in den Rhein geleitet

Neues Verfahren im Test Batterie-Rohstoff aus Grubenwasser

Stand: 07.03.2021 08:41 Uhr

In Grubenwasser aus alten Bergstollen sind viele Elemente gelöst, darunter auch Lithium. Durch ein neues Verfahren könnte es gewonnen und für die Batterieproduktion genutzt werden.

Lithium gehört zu den Schlüsselrohstoffen in der Batterietechnologie: In einem Smartphone stecken etwa ein halbes Gramm Lithium, im Akku eines Laptops sind es schon knapp sechs Gramm. Die Batterie eines Elektroautos wie der Tesla Modell S braucht ganze zehn Kilo des Alkalimetalls. Es gilt die Faustregel: je größer die Reichweite, desto mehr Lithium. Wenn die Elektroautoindustrie in Deutschland ausgebaut werden soll, dann muss also dieser Rohstoff verfügbar sein. Bisher wird Lithium ausschließlich importiert. 80 Prozent des in Deutschland verwendeten Metalls kommen aus Chile und Australien. Nur ein bis zwei Prozent der weltweiten Lithiumproduktion stammen aus europäischen Vorkommen. Ein neues Verfahren könnte das jetzt ändern.

Abfallprodukt wird Rohstoffquelle

Volker Presser hat sich auf elektrochemische Prozesse spezialisiert. Mit Unterstützung der RAG-Stiftung entwickelt der Professor am Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken ein Verfahren, mit dem Grubenwasser eine neue Bedeutung bekommen könnte. Grubenwasser durchströmt die Gesteinsschichten und ist dadurch mit Elementen wie Strontium, Barium oder Lithium angereichert.

Bisher wird es aus Gruben abgepumpt, gefiltert und dann in Flüsse abgeleitet - ein Abfallprodukt. Allein im Saarland sind es rund 18 Millionen Kubikmeter Grubenwasser pro Jahr. Wenn das Verfahren im großen Stil funktionieren sollte, wäre damit "eine Lithium-Gewinnung von 30 bis 900 Tonnen pro Jahr denkbar", so Experte Presser.

Professor Volker Presser vom Leibniz-Institut für Neue Materialien in Saarbrücken

Volker Presser in seinem Labor. Er will den Rohstoff Lithium aus dem Grubenwasser stillgelegter Bergwerke gewinnen.

Verfahren in Entwicklung

Das Verfahren steht am Anfang. Danach wird das Grubenwasser durch eine Batteriezelle mit Plus- und Minuspol durchgeleitet. An den Elektroden sammeln sich Lithium- und Chlor-Ionen, während alle anderen Stoffe im Grubenwasser abfließen. Sind die Elektroden voll mit Lithium, wird es zum Festkörper getrocknet.

Derzeit gehe es vor allem um die Grundlagenforschung, sagt Presser, sprich: Ist das Verfahren energieeffizient, kann man es im großen Stil anwenden und lohnt es sich dann auch? Zwei Jahre hat der Forscher Zeit, um diese Fragen zu beantworten. So lange wird das Projekt von der RAG-Stiftung finanziert.

Bedarf für Lithium steigt

Geologisch betrachtet ist Lithium keine knappe Ressource, sagt Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur DERA. Weltweit sei genügend vorhanden. Die Frage ist, wo und wie es gewonnen wird. Der Bedarf an Lithium kann in den kommenden Jahren deutlich steigen - und damit auch der Preis: Schmidt rechnet damit, dass von 2025 an allein Deutschland so viel Lithium braucht wie zurzeit weltweit produziert wird.

Kein Wunder also, dass jetzt an vielen Standorten nach neuen Formen der Lithiumgewinnung gesucht wird: In Serbien, Österreich, aber auch in Deutschland - im Zinnwald, angrenzend zu Tschechien, wie auch im Oberrheingraben - werden Vorkommen im geothermischen Wasser geprüft. Egal, wie viel letztlich damit gewonnen werde - entscheidend sei, so der Geologe, dass sich die Transportwege der Rohstoffe zum Produktionsort verringern. Dann würde auch die CO2-Bilanz für Elektroautos besser ausfallen als bisher.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 04. Dezember 2020 um 11:35 Uhr.