
Energieprojekt in Japan Fukushima bringt den Wasserstoff voran
Mit Fukushima verbinden viele nur die schlimmsten Seiten der Atomkraft. Dabei steht der Name in Japan längst auch für modernste Formen der Energiegewinnung.
Ein weißer Kasten, dahinter vier Tanks und jede Menge silberfarbene Außenrohre: Das Fukushima Hydrogen Energy Research Field, kurz FH2R, liegt in dem kleinen Ort Namie unweit des havarierten Atomkraftwerks. Auf einer Fläche von 22 Hektar wird dort zur Wasserstoffproduktion geforscht. Fünf Unternehmen haben sich unter dem Dach der staatlichen Organisation für Forschungs-und Entwicklungsprojekte, kurz NEDO, zusammengeschlossen.
Vorreiter bei der japanischen Energiewende
Eiji Ohira ist bei NEDO Generaldirektor der Abteilung "Batterie für die nächste Generation und Wasserstoff". Ein vielbeschäftigter Mann, der drei Smartphones neben sich liegen hat und sofort erzählt, dass er Deutschland mag. Weil alles streng geheim ist, darf die Anlage nur von außen besichtigt werden. An einer Stelle brummt die Klimaanlage, ein Stück weiter kommt ein lautes Geräusch aus silbernen Rohren, direkt daneben stehen mehrere Tanks. Ohira erklärt: "Das sind Speichertanks. Wir haben acht davon, jeder ist achtzehn Meter hoch und kann etwa bis zu 5 Kilo Wasserstoff aufnehmen." Um die Ecke liegen auf mehreren Anhängern lange Röhren für Wasserstoff - etwa für Tankstellen.
Das Forschungszentrum wurde erst im März 2020 eröffnet und passt zu den japanischen Klimazielen, bis 2050 aus der Kohlekraft auszusteigen und neben Atomkraft auch verstärkt auf Wasserstoff zu setzen. Für letztere Energieform will die japanische Regierung bis 2030 knapp 16 Milliarden Euro bereitstellen.
Fukushima geht noch einen Schritt weiter: Die Präfektur will ab 2040 Strom komplett aus erneuerbaren Energien liefern. Wie hoch dann der Anteil an Wasserstoff sein wird, vermag Ingenieur Ohira nicht zu sagen. "Forschungen zu Wasserstoff gibt es schon lange, aber unsere Technologie steckt noch in den Kinderschuhen. Erst wenn Gewinnung, Speicherung und die Methoden etabliert sind, können wir langsam darüber nachdenken, wie hoch der Anteil an den erneuerbaren Energien sein soll."

Die Forscher bei NEDO sind stolz, dass Fukushima bei der Fortentwicklung der Wasserstoff-Technologie eine wichtige Rolle spielt.
Langer Weg zu grünem Wasserstoff
Bis dahin sei es noch ein langer Weg, sagt Ohira. Ziel müsse es zudem sein, "grünen" Wasserstoff zu produzieren, also einen, der aus erneuerbaren Energien wie Wind- oder Sonnenenergie oder Wasserkraft gewonnen wird. Im FH2R setzt man auf Solarenergie, die Paneele stehen am Rand der Anlage.
Japan aber geht diesen Weg bislang noch nicht, sondern produziert "blauen" Wasserstoff - das heißt, es wird Kohle eingesetzt, und die kommt aus Australien. Und das ist nicht der einzige Kritikpunkt am Wasserstoff. Noch ist die Produktion aufwändig und teuer.

Felder mit Solarzellen ermöglichen die Produktion von "grünem" Wasserstoff.
NEDO-Abteilungsleiter Ohira dämpft Hoffnungen auf schnelle Erfolge: "Um die Energiestruktur eines Landes zu verändern, braucht es Jahrzehnte. Wir denken in 20 Jahren an den nächsten Schritt. Forschung und Entwicklung ist die eine Sache, wir müssen aber auch das Vertrauen der Bevölkerung für Wasserstoff gewinnen. Und noch eine größere Menge verarbeiten können." Noch sei das Misstrauen gegenüber Wasserstoff sehr groß, so der Generaldirektor.
Schon Japans langjähriger Regierungschef Shinzo Abe hat den Wasserstoffausbau vorangetrieben, sein Nachfolger Yoshihide Suga setzt das fort. Kurz vor Jahresende wurde eine Vereinigung aus achtzig Unternehmen unter anderem für den Infrastrukturausbau gegründet. Bislang gibt es in Japan knapp 200 Tankstellen für Brennstoffzellenfahrzeuge.
Brennstoffzellen-Autos bislang wenig erfolgreich
Eine zentrale Rolle beim Ausbau spielt der Autokonzern Toyota. 2014 brachte er das Brennstoffzellenauto Mirai auf den Markt, allerdings mit mäßigem Erfolg. Es wurde nicht einmal 15.000 Fahrzeuge verkauft. Ende 2020 wurde Mirai 2, was zu Deutsch "Zukunft" bedeutet, vorgestellt. Kostenpunkt: 54.000 Euro aufwärts.
Bei der Vorstellung sagte Chefingenieur Yoshikazu Tanaka, wenn man Wasserstoff als eine Energiequelle anerkenne, könne man diese auf vielfältige Weise nutzen - zum Beispiel, um Strom aus der Wasserstoff-Brennstoffzelle zu generieren. Dies könne zum Ausgangspunkt für eine Wasserstoffgesellschaft werden.
Der nächste Schritt sind erst einmal die Olympischen Spiele. Dort sollen nicht nur entsprechende Fahrzeuge zum Einsatz kommen, sondern, sagt NEDO-Ingenieur Ohira: "Das Olympische Feuer soll mit Wasserstoff aus Fukushima brennen." Die Menschen in Japan und im Rest der Welt sollen sehen: Fukushima steht längst auch für Fortschritt.