Holzabfälle nach dem Hochwasser im Ahrtal

Holzmüll-Entsorgung Tausende Tonnen von Totholz im Ahrtal

Stand: 25.09.2021 15:11 Uhr

An den Ufern der Ahr liegen gewaltige Mengen Totholz. Bei der Flut haben die Wassermassen Bäume und Büsche entwurzelt und weggerissen. Spezialfirmen sind seit Wochen im Einsatz.

Es ist ein sonniger Herbsttag auf dem Sportplatz des kleinen Ortes Hönningen an der Ahr. Dass hier vor zwei Monaten noch Kinder und Jugendliche unbeschwert Fußball gespielt haben, ist schwer vorstellbar. Vom Platz ist nichts mehr zu sehen - das Fußballfeld ist übersät mit angeschwemmtem Holz. Bagger schleppen ganze Bäume mit dicken Stämmen über den Platz. Riesige Berge aus Ästen, Wurzeln und Erdreich türmen sich auf dem ehemaligen Sportfeld. 

Totholz zu Brennholz verarbeiten

Mattis Oestreich ist Geschäftsführer des Forstbetriebs Saarholz im saarländischen Nohfelden-Walhausen. Eine Woche nach der Flutkatastrophe Mitte Juli ist er mit seinem Team in Hönningen angerückt. Die Firma ist spezialisiert auf Baumfällung, Flächenrodung und die Herstellung und Vermarktung von Brennholz.

Als Oestreich im Ahrtal ankam, war er überwältigt: "Wir haben natürlich immer mit großen Mengen Holz zu tun - aber das Ausmaß der Zerstörung hier und die schiere Masse an Holzabfall, das hat mich schon geschockt." Seine Mitarbeiter und er sind rund um die Uhr im Einsatz, um den 1000-Seelen-Ort Hönningen im Landkreis Ahrweiler von seinem Holzproblem zu befreien.

Nachdem die Flut hier in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli gewütet hatte, hinterließ sie wie überall entlang der Ahr Unrat, Schlamm - und Bäume, die die Wassermassen aus dem Boden gerissen hatten. "In den ersten Tagen haben wir erst einmal nur Holz eingesammelt und hierher auf den Sportplatz gekarrt", erklärt Oestreich. Seine Firma ist zuständig für rund 15 Kilometer Ufer entlang der Ahr.

Fast 500 Tonnen pro Tag

Der Sportplatz von Hönningen ist nun eine Art Aufbereitungsanlage geworden. Ständig bringen Lkw in langen Kolonnen neues Holz. "Hier auf dem Sportplatz verarbeiten wir 400 bis 500 Tonnen Material pro Tag", sagt Oestreich. Zunächst müsse das Holz-Erdreich-Gemisch voneinander getrennt werden, erläutert er. Dies sei aufwändig, da sich auch anderer Abfall in dem Gemisch befinde - "und manchmal sogar Tierkadaver".  

Auf einem gigantischen Berg landet schließlich das Holz, das nicht verunreinigt ist - beispielsweise durch Benzin oder Heizöl. Solches kommt auf einen anderen Haufen zur Entsorgung. Das noch brauchbare Holz wird zunächst in einen sogenannten Vorbrecher gekippt: eine riesige Maschine, die ganze Baumstämme schluckt und diese zerteilt.

Anschließend wird das Holz weiter zerkleinert und zum Schluss geschreddert. Alles vor Ort, auf dem Sportplatz von Hönningen. Das Endprodukt: gehäckseltes Holz. "Das liefern wir an Kraftwerke in Deutschland, den Niederlanden und Belgien", sagt Oestreich. Dort werde es für die thermische Verbrennung und die Erzeugung von Strom und Energie verwendet.

Holz weitgehend unbrauchbar

Für den deutschen Holzmarkt sei das Holz von der Ahr weitgehend unbrauchbar, sagt Denny Ohnesorge vom Hauptverband der deutschen Holzindustrie: "Die Herausforderung des bei der Flutkatastrophe angeschwemmten Rohholzes ist, dass es durch den Schlamm verunreinigt und oft gesplittert ist." Daher könnten daraus nur selten Bretter, Balken oder Dachlatten hergestellt werden.

Ein weiteres Problem sei es, die teilweise verschiedenen Holzarten sauber voneinander zu trennen. "Deshalb wird das Holz zerkleinert, gereinigt und dann gegebenenfalls als Rohstoff für die Herstellung von Möbel- oder Bauplatten oder eben zur Erzeugung von Bioenergie verwertet", so Ohnesorge.

Kein Einfluss auf Marktpreise

Auf die nationalen Holzmärkte habe das Holz von der Ahr "keinen Einfluss", bilanziert der Verbandssprecher. Das bestätigt auch Julia Möbus, Geschäftsführerin des Bundesverbands der deutschen Säge- und Holzindustrie. "Überregionale Preiseffekte auf den Holzmarkt sind nicht zu erwarten", sagt sie. Wenn man bedenke, dass im vergangenen Jahr 80 Millionen Kubikmeter Holz in Deutschland verarbeitet worden seien, dann spiele das Ahr-Holz nur eine geringe Rolle.

Auch Möbus verweist darauf, dass das Holz am Ufer der Ahr durch die Flut beschädigt und verunreinigt sei. Dennoch meint sie: "Das Holz ist nicht verloren." Es könne beispielsweise als Papierzellstoff verarbeitet oder zur Energieerzeugung verwendet werden.

Genau das tut die Firma Saarholz an der Ahr. Geschäftsführer Oestreich schätzt, dass es noch Wochen dauern wird, bis der Sportplatz in Hönningen wieder freigeräumt ist. Der Bürgermeister von Hönningen, Jürgen Schwarzmann, hofft, dass es möglichst schnell geht. Denn er möchte so bald wie möglich die Sanierung des Geländes anstoßen. "Wir wollen ja unsere Zukunft planen", sagt er. "Zurückblicken auf die Katastrophe wollen wir nicht mehr."

Karte: Hönningen im Ahrtal