Hinweisschild zu einer Ladesäule

Ladeinfrastruktur Monopol der Stromanbieter?

Stand: 29.09.2021 08:10 Uhr

Auf den Straßen sieht man immer öfter E-Autos - und das, obwohl die Ladeinfrastruktur noch immer zu wünschen übrig lässt. Die Preisgestaltung der Anbieter ruft jetzt schon Wettbewerbshüter auf den Plan.

Von Gabriel Wirth, Johannes Thuermer und Martina Schuster, BR

Der Umstieg auf die Elektromobilität ist nicht nur für die Autoindustrie eine große Herausforderung, sondern auch für die E-Auto-Besitzer. Denn während an Tankstellen Spritpreise gut und deutlich zu sehen sind, ist das beim Stromladen häufig anders. "Je nach Säule, je nach Anbieter, je nach Ladeleistung fallen unterschiedliche Tarife an", beklagt sich zum Beispiel der Regensburger Korbinian Werthner, der ein E-Auto besitzt. "Meist sehe ich es erst nach dem Ladevorgang in der App, was ich bezahlt habe."

Und das ist nicht nur hier in Regensburg so. Auch an vielen anderen Ladesäulen hierzulande fehlt es an Transparenz vor allem beim sogenannten Ad-hoc-Laden, wenn man also ohne Ladekarte oder vorherige Registrierung sein Auto laden will. Da kann es schnell teuer werden, ohne dass man das vorher erkennen kann.

Mehr Transparenz würde Akzeptanz schaffen

Die Monopolkommission kritisiert dieses Vorgehen der Betreiber bereits seit Monaten. "Das wäre so, als ob ich in einen Supermarkt gehe, meinen Einkaufswagen vollpacke und erst hinterher beim Bezahlen erfahre, was mich das eigentlich kostet", kritisiert der Vorsitzende der Kommission, der Regensburger Hochschullehrer Jürgen Kühling.

Klare Worte findet auch der Jurist Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Im Interview mit der ARD erklärt er, dass der Preis vorher genannt werden müsse: "Das ist Grundkurs Jura. Das ist Verbraucherrecht. Da gibt es ganz klare Leitplanken. Es gibt eine Transparenzpflicht." Das wüssten auch die Anbieter und müssten das entsprechend umsetzen, so Schneidewindt. "Das ist enorm wichtig für die Akzeptanz der Elektromobilität. Die Akzeptanz ergibt sich aus Transparenz, transparenten und verbraucherfreundlichen Tarifen. Und da ist noch viel zu tun."

Beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft BDEW widerspricht man. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es:

Bezahlt der Kunde ohne Vertrag spontan an der Säule, wird entweder auf der Webseite, auf der der Kunde den Ladevorgang starten kann, der Preis vorab angezeigt oder auf dem Display der Ladesäule. Dies ist auch so in der Preisangabenverordnung geregelt und sorgt für Transparenz.

Monopolbildung oder Kundenbindung?

Offenbar erleben Nutzer, Verbraucherschützer und Monopolkommissions-Chef Kühling dies anders. Der Jurist kritisiert auch, dass für einen schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur der Wettbewerb vernachlässigt worden sei und nennt Zahlen: "Wenn man von kartellrechtlichen Maßstäben ausgeht, sagt man, dass ein Anbieter, der ein Marktanteil von 40 Prozent hat, marktbeherrschend ist und damit mehr oder weniger überzogene Preise verlangen kann oder keine gute Qualität bietet." Genau dies sei auf dem Markt der Ladesäulen in mehr als der Hälfte aller Landkreise der Fall, so Kühling.

Häufig betreiben örtliche Stromversorger dort die meisten Ladesäulen, wie zum Beispiel in München und Regensburg. So bekommen Kunden, die einen Hausstromvertrag mit der Regensburger REWAG haben, für das Laden ihrer Autos günstigere Tarife. Bei der REWAG spricht man von Kundenbindung.

Veränderte Ausschreibungsbedingungen für mehr Wettbewerb

Auch das Bundeskartellamt bekommt zahlreiche Beschwerden von frustrierten E-Autofahrern. Und unzufriedenen Kunden können auch der Autoindustrie nicht recht sein. So heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme des Verbands der Automobilindustrie (VDA):

Hoher Wettbewerb und Angebotsvielfalt beim Laden setzen die Preise unter Druck und sorgen für die Optimierung der Vertragsangebote entsprechend den unterschiedlichen Bedürfnissen der Verbraucherinnen und Verbraucher. Aus Sicht des VDA brauchen die Vertragsanbieter Zugang zu allen Ladepunkten und die Nutzerinnen und Nutzer freie Vertragswahl.

Durch eine Änderung der Ausschreibungsbedingungen könnte man bei Förderprogrammen das Problem in den Griff kriegen und mehr Wettbewerb ermöglichen, schlagen Experten vor. Das hilft E-Auto-Besitzern wie dem Regensburger Korbinian Werthner aktuell aber nicht.

Über das Thema berichtet das ARD-Magazin plusminus heute Abend um 21.45 Uhr.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 29. September 2021 um 14:22 Uhr.