Bilanz der Tarifabschlüsse 2010 stiegen Löhne nur langsam

Stand: 13.12.2010 14:20 Uhr

In den Tarifrunden 2010 konzentrierten sich die Gewerkschaften lange auf die Sicherung von Arbeitsplätzen. Kräftige Lohnerhöhungen waren trotz des Aufschwungs die Ausnahme, wie eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans Böckler Stiftung ergab. Vielfach seien nur Einmalzahlungen vereinbart worden.

Trotz des kräftigen Aufschwungs sind die Tariflöhne im laufenden Jahr nur langsam gestiegen. Die Gewerkschaften hätten sich bei den Tarifabschlüssen 2010 auf die Sicherung von Arbeitsplätzen konzentriert, teilte das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung mit. In vielen Branchen seien nur Einmalzahlungen vereinbart worden. Dauerhafte Anhebungen der tariflichen Löhne und Gehälter folgten in diesen Fällen erst später. "Die Tarifabschlüsse des Jahres 2010 zeigen also deutliche Spuren der Krise", betonte Reinhard Bispinck, der Leiter des WSI-Tarifarchivs.

Gewerkschaften fordern Ende der Bescheidenheit

Angesichts der Konjunkturerholung kündigten die Gewerkschaften in den vergangenen Monaten aber bereits einen Kurswechsel in den Tarifrunden an. Sie drängen mittlerweile auf kräftige Lohnerhöhungen. Die bereits für 2011 vereinbarten Steigerungen liegen laut WSI überwiegend zwischen 1,5 und 2,5 Prozent. Im Laufe des Jahres habe sich aber bereits eine Verbesserung der weiteren Tarifabschlüsse abgezeichnet.

Hoffnung auf deutlich mehr Geld für die Beschäftigten weckte vor allem die Tarifeinigung in der Eisen- und Stahlindustrie. Dort erhalten die Beschäftigten seit Oktober 3,6 Prozent mehr Geld. An dieses Vorbild wollen die Gewerkschaften in anstehenden Tarifverhandlungen anderer Branchen anknüpfen. "Damit würde die von vielen Experten empfohlene Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland neue Impulse erhalten", sagte Bispinck.

Arbeitgeber dämpfen Erwartungen

Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt stellte höhere Löhne und Gehälter in Aussicht. Allerdings warnte er vor übertriebenen Erwartungen der Beschäftigten in den anstehenden Tarifrunden. "Die wirtschaftliche Entwicklung ist zwar besser als erwartet, aber das gilt nicht für alle Branchen und Firmen", sagte Hundt der "Bild"-Zeitung. Erforderlich seien daher maßgeschneiderte Abschlüsse, die die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Wirtschaftszweige nicht beeinträchtigten.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle hatte die Gewerkschaften angesichts der besseren Konjunktur zu höheren Tarifabschlüssen ermutigt und war dafür von Arbeitgeberverbänden kritisiert worden. Die Gewerkschaft IG BCE will für die 550.000 Beschäftigten der Chemie-Branche Lohnzuschläge zwischen sechs und sieben Prozent durchsetzen. Außerdem stehen im nächsten Jahr unter anderem Tarifverhandlungen für die Beschäftigten am Bau, im öffentlichen Dienst der Länder und bei Volkswagen an.