Ein Tachometer mit Kilometerstandanzeige

Gebrauchtwagen-Handel Tachomanipulation bei jedem dritten Auto

Stand: 17.05.2022 08:09 Uhr

Noch immer können Betrüger Tachos manipulieren, um mehr Geld für gebrauchte Autos zu bekommen - obwohl Hersteller dies technisch unmöglich machen müssten. Worauf Autokäufer achten sollten.

Von Patrick Schneider, MDR

Manipulierte Kilometerstände an Gebrauchtwagen sorgen für überhöhte Verkaufspreise und steigende Reparaturkosten. Die Polizei schätzt, dass jeder dritte Gebrauchtwagen betroffen ist. Käufer können ihr Risiko aber eingrenzen.

Der Kilometerstand eines Autos wird nicht nur auf der Tachoanzeige gespeichert, sondern auf sämtlichen Steuergeräten - wie zum Beispiel der Motorsteuerung oder der Wegfahrsperre. Wird der Tachostand nicht auf allen Steuergeräten verändert, kann eine Tacho-Manipulation in einer Werkstatt entdeckt werden.

Tachobetrug bei Gebrauchtwagen

T. Pekrul/A. Winkler, WDR, plusminus

Datenschutz auch nach dem Verkauf

Laut aktueller Rechtslage handelt es sich bei Autodaten um personenbezogene Daten des Halters, die nur mit seiner Zustimmung weitergegeben werden dürfen. Da der Datenschutz auch nach einem Verkauf weiterbesteht, könnte sich ein Tachobetrüger weigern, alte Daten herauszugeben, selbst wenn in einer Werkstatt eine Tacho-Manipulation nachgewiesen wurde.

In Belgien wäre eine solche Situation nicht möglich. Kommt hier ein Auto in die Werkstatt, gibt der Mitarbeiter den aktuellen Kilometerstand an die Organisation "CarPass" weiter. Wer ein gebrauchtes Auto verkauft, muss den Pass vorlegen. Darin sind unter anderem alle Kilometerstände von Inspektionen, Reparaturen und Werkstattterminen hinterlegt. Belgische Autobesitzer können sich ganz einfach im Internet unter Nennung der Fahrgestellnummer registrieren. In Deutschland wird der CarPass mittlerweile zwar angeboten; Pflicht ist er jedoch nicht.

Technische Möglichkeiten werden nicht genutzt

Bei Autos, die weniger als vier Jahre alt sind, dürfte keine Tachomanipulation möglich sein. Das EU-Parlament erließ 2017 die Verordnung 1151. Darin ist geregelt: Seit 2018 müssen Neuwagen manipulationssicher sein. Der ADAC hat im vergangenen Jahr eine Stichprobe gemacht, wie Hersteller die EU-Verordnung umsetzen - und konnte bei sämtlichen Fahrzeugen den Tachostand manipulieren. Chips, die über einen Schreibschutz verfügen, könnten in die Steuergeräte verbaut werden und eine Manipulation verhindern. "Es gibt aus Sicht des ADAC ganz einfache technische Möglichkeiten, den Kilometerstand vor Manipulationen zu schützen. Das wird aber schlichtweg nicht umgesetzt“, kritisiert Katrin van Randenborgh vom ADAC.

Das zweite Problem sei, dass es derzeit keine Institution gebe, die nachprüft, ob der Sicherheitschip tatsächlich eingebaut wird. Zuständig für eine derartige Kontrolle wäre das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, das bei der Erstzulassung von Fahrzeugen prüfen müsste, ob der Manipulationsschutz eingebaut ist. Das Ministerium schiebt die Problematik auf die EU und erklärt auf Anfrage: "Der europäische Gesetzgeber hat bisher versäumt, konkrete Prüfvorschriften zu erlassen, die die harmonisierte Prüfung und Nachprüfung eines zeitgemäßen Schutzes vor Manipulation festlegen."

Fehlendes Inspektionsheft als Warnsignal

Der ADAC rät, beim Kauf eines Gebrauchtwagens auf Unstimmigkeiten bei mehreren Punkten zu achten. Genau prüfen sollten Autokäufer zunächst das Serviceheft und die TÜV-Berichte. Fehlt das Inspektionsheft ganz, sollte man vom Kauf Abstand nehmen. Sind alle Einträge mit dem gleichen Stift geschrieben oder alle Stempel gleich, sollte man misstrauisch werden.

Auch auf die Angaben zum Ölwechsel gilt es zu achten: Ein Ölwechsel erfolgt in der Regel alle 40.000 Kilometer. Im Motorraum hängt meist ein Kärtchen mit dem Kilometerstand vom letzten Wechsel oder mit Hinweis auf den nächsten Termin. Das sollte im Vergleich zum Tachostand plausibel sein. Insgesamt ist es wichtig, den Kilometerstand zu hinterfragen. Im Schnitt wird ein Auto rund 12.000 Kilometer pro Jahr gefahren. Liegt der Kilometerstand deutlich darunter, sollte der Verkäufer dies begründen können.

Der ADAC rät: Worauf man achten sollte

1. Serviceheft und TÜV-Berichte prüfen

2. Angaben zum Ölwechsel checken

3. Kilometerstand hinterfragen

4. Kontakt zum Vorbesitzer suchen

5. Pflegezustand unter die Lupe nehmen

6. Auf Kilometerzahl im Kaufvertrag achten

7. Eine Werkstatt einschalten

Formulierung im Kaufvertrag wichtig

Bei möglichen Ungereimtheiten empfiehlt sich ein Kontakt zum Vorbesitzer. Auf der Zulassungsbescheinigung Teil II sind die Vorbesitzer eingetragen. Ein Anruf kann offene Fragen bei fehlenden Unterlagen klären. Aufschluss über das Alter eines Autos gibt ein genauer Blick auf den Pflegezustand. Eine längere Nutzungsdauer hinterlässt Spuren. Durchgesessene Polster, abgenutzte Gummis an Gas- oder Bremspedal und ein klemmender Blinker können ein Zeichen sein, dass der Wagen mehr Kilometer runter hat, als auf dem Tacho steht.

Der Kilometerstand sollte zwingend im Kaufvertrag stehen. "Kilometerstand laut Tacho" oder "Kilometerstand abgelesen“ sind zu unverbindlich. Käufer eines Autos sollten auf der Angabe "tatsächliche Laufleistung" bestehen. Bei einem manipulierten Tacho kann man den Wagen zurückgeben oder eine Preisminderung verlangen.

Einen gerade gekauften Gebrauchtwagen in der Werkstatt durchchecken zu lassen, ist immer eine gute Idee. Im Verdachtsfall kann auch der Fehler- und Wartungsintervall-Speicher ausgelesen werden.

Über dieses Thema berichtete das ARD-Wirtschaftsmagazin plusminus am 11.5.2022 um 21.45 Uhr.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die ARD-Sendung "Plusminus" am 13. Mai 2022 um 21:45 Uhr.